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Sitzwohl (Innsbruck)
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Wer von uns sucht sie nicht gerne, die Menschen mit den verräterischen Namen? – Die Augenärztin Dr. Schiel, den Orthopäden Dr. Strecker, den Masseur Drescher, den Turnlehrer Schinder oder den Winzer Weinwurm. Es ist nicht gleichgültig, mit welchem Namen man geboren wird. Und viele Menschen fühlen sich, wie man weiß, zu den aus ihren Namen hervorgehenden Tätigkeiten geradezu magisch hingezogen. Wenn man also Sitzwohl heißt und nicht gerade die Tochter eines Polstermöbelfabrikanten ist, so liegt es auf der Hand, irgendwann einmal ein Restaurant dieses Namens aufzumachen.
Dass Frau Sitzwohls Restaurant ausgerechnet in einem Alt-Innsbrucker Schulgebäude (der von Lehrern wie Schülern gründlich bereinigten Gilm-Schule) situiert ist, erinnert zudem an erfolgreiche Vorbilder: In Krumbach im Bregenzerwald lädt Gabi Strahammers "s'Schulhus" zu Ländle-Kost. In Riedental kocht "Wirt des Jahres" Manfred Buchinger in seiner "Alten Schule" ganz und gar nicht schulmeisterlich. Und in Göttlesbrunn hat Starkoch Adi Bittermann seit etwa einem halben Jahr sein "Bittermann" im k.u.k. Schulhaus zu einem neuen Wahrzeichen der alten Weingemeinde hochgekocht.
Allen vier Schulen ist gemeinsam, dass Musterschülerinnen bzw. –schüler am Herd stehen. Irmgard Sitzwohl, eine gebürtige Steirerin hat zwischen München, Cape Cod, Lanersbach, Wien und Kitzbühel schon eine veritable kleine Weltkarriere hinter sich, die sie, was den Kochstil betrifft, immer wieder an den Gestaden des Mittelmeers ihre Anker lichten ließ.
Schon im Wiener Novelli bezauberte sie Tout Vienne mit ihren toskanischen Aromen, Nudelteigen und Risotti (ihre aktuelle Variante bereitet sie mit Spargel zu Saibling mit Morchel-Bärlauchsauce zu). Irmgard Sitzwohl hegt eine offensive Liebe zu Geflügel wie Wachtel oder Zitronenhendl, aber auch zu feinen Innereien (Kalbsleber- und Nieren auf Erdäpfelpüree) sowie zu Schmorfleisch in starken Säften. Mittlerweile neigt sie sich — unterstützt von ihrer kongenialen Partnerin Elisabeth Geisler — auch gelegentlich in die spanische, wenngleich nicht in die extremistisch-molekulare Richtung oder bringt eine Prise Asia ein, wenn sie Jakobsmuscheln in scharfer Currysuppe serviert aus dem klassischen venezianischen Sgroppino ein weltläufiges Zitronengrassorbet mit Wodka und Prosecco macht. Kurzum: Irmgard Sitzwohl, die ihre Lehrzeit in der Jennersdorfer Schlemmerburg beim "Raffel" verbrachte, hat sich auf eine sehr heutige, legere und hocharomatische Küche eingependelt, die niemals so blutleer wirkt, wie es die Ambiance auf den ersten Blick tut.
Doch beim zweiten Hinschauen entwickeln auch die von Architektin Irmgard Frank gestalteten Räume ironischen Esprit und bunte Schwingungen in einer etwas kühnen, aber keinesfalls atmosphärelosen Lichtregie. Der Service, an sich nett, leidet noch ein wenig unter Rhythmusstörungen und mangelnder logistischer Verlinkung der (erfreulich rauchresistenten) Restaurantabteilung im ersten Stock mit der (erfreulich zigarrenfreundlichen) Cocktailbar im Parterre. Und apropos Bar: Ich kann mich nicht erinnern, auf einem Barhocker jemals so wohl gesessen zu haben.
Irmgard Sitzwohls Kochkunst verleugnet die Liebe zum Mediterranen nicht und lugt auch schon einmal ins Asiatische hinüber.
Christoph Wagner
ø 2.29 Punkte (7x bewertet)
empfohlen am 04.04.07 @ 21:15
Stadtforum (ehem. Gilm-Schule)
6020 Innsbruck
Telefon: 0512.56 28 88
Fax: 0512.56 33 87
Email: info@restaurantsitzwohl.at
Ruhetag(e): So
Küchenzeiten: 11.30–14, 18.00–24 Uhr; Bar: 9-24 Uhr
Menüpreis:
Küchenchef: Irmgard Sitzwohl
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