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Taubenkobel (Schützen am Gebirge)
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7. Juli 2013
Keine dicken Tischtücher, keine Sektkübel beim Tisch, keine Weinhangerl, keine weißen Kellnerhandschuhe, kein Flüstern … sondern gemütliche Tische mit schweren Mosaiktischplatten darauf, entzückende Vintage-Lampen, leger uniformierte und fröhliche Kellner, die gerne einseitig eindecken dürfen und Köchinnen, die im Service mitarbeiten und viel lautes und herzhaftes Lachen im Gastgarten des Taubenkobels. „Wir haben uns überlegt, wohin wir eigentlich gerne essen gehen, wenn wir im Ausland sind. Und in der Regel ziehen wir stimmungsvolle Lokale den steifen Hütten der elitären Gastronomie vor. Und das wollten wir auch bei uns umsetzen.“ sagt Barbara Eselböck. Dieser U-Turn wurde vollendet. Vom ersten Moment des Betretens bis zum Baba beim Abschied wird man als Gast in Natürlichkeit, Wohlfühlen und Entspannung gehüllt. Hier hat nichts Gekünsteltes Platz, es sei denn auf dem Teller ;-)
Ein früher Check-in beschert uns angenehme Stunden am Schwimmbiotop, den wir uns mit Fröschen und Molchen teilen, der von Seerosen geschmückt und von Buchsbaumwolken umgeben ist. Leise Musik, etwas Französisches, passt perfekt, der Garten ist schön aber nicht herausgeputzt – eben leger. Die Wohnung ist gemütlich im luxuriösen Landhausstil eingerichtet, es fehlt an nichts und es warten bereits Portwein, Grappa und Whiskey vom Reisetbauer zur freien Entnahme; kurz nach dem Check-in werden auch Olivenbrote und Röslersaft zur Erfrischung serviert.
Nach dem Apero im Gut Oggau steht das Abendessen am Programm, es kocht Alain Weissgerber. Es gibt zwei Menüs: zwei Stunden oder zweieinhalb Stunden Genuss (108/128). Die Weinbegleitung dazu ist entweder klassisch (69) oder orange/natural/biodynamisch (99). Für Autofahrer gibt es eine alkoholfreie Begleitung (32), das Gedeck beläuft sich auf Euro 6.
Der Platzteller ist eine schön geschliffene Scheibe Akazienstamm, das Besteck im Laufe des Abends bunt gemischt.
Dinner
Der erste Wein ein 12er Bio-Muskat von Tinhof, 50% GM, 50% MO: faszinierend das blumige Bouquet vom Muskat-Ottonel, leichtgewichtig und elegant. Ein perfekter Start.
Dazu krachend knusprige Urkorn-Chips mit einem Bachkresse-Dip, Mangalitza-Lardo, Csarbai-Scheiben und sagenhaft schweindelnder Prsut, der drei Jahre reifen durfte. Dazu kein Besteck, sondern die Aufforderung, zuzugreifen.
Es folgte ein Gruß, wie er regionaler nicht sein kann: Auf der Triebspitze eines gut siebzig Zentimeter langen Schilfhalms war ein wenig geräucherter Aal mit Zitrone und Roggen aufgestrichen – auch hier die Aufforderung einfach abzubeißen, aber nur den obersten Zentimeter, darunter würde es strohig werden. Gelungener optischer wie geschmacklicher Gag, der die Gäste (bestens besucht, btw) allesamt zum Schmunzeln brachte.
Dann kamen Brot und Butter. Das Weizen-Roggen-Brot vom Gragger ist mit Rotwein angesetzt und noch ein paar Weinblätter eingearbeiet. Sehr saftig, sehr gut. Butter 1 ist eine Rohmilchbutter, Butter 2 ist braun wie Karamell, weil es karamellisierte, braune Butter ist. Und die ist sagenhaft gut. Und weil zu wenig Fett am Tisch steht, kommt noch ein Tiegerl Mangalitza-Schmalz von Richard Triebaumer hinzu. Hallstädter Steinsalz zum Selberwürzen ist auch noch dabei. Tja, nach der „Wurstplatte“ zuvor hätte das eigentlich schon reichen können, wenn es nicht ein Relais & Chateaux sondern ein Heurigen wäre.
Ganz entzückend der nächste Gruß: Ein vielleicht 12 Zentimeter kleiner Saibling-Setzling also, im Ganzen frittiert, dazu gesalzener Sauerrahm mit Saiblingskaviar darin als Dip. What a wonderful world! Das Fischli knusprig wie saftig, der Sauerrahm mit den explodierenden Aromabomberln des Saiblingskaviars darin … so sieht einfache wie perfekt an Umgebung und Jahreszeit angepasste Superlativenküche aus. Grossartig, meint das Notizbuch, doppelt unterstrichen.
Nicht minder superlativ „Gurke-Brombeertriebe-Klee“: vier verschiedene Kleearten am Teller, hauchzart gehobelte Gurkenscheiben und eine filigran-transparente Ahnung von mariniertem Saiblingsfilet. Die frische Säure des Klees, der mir bis dahin unbekannte Geschmack eines geschälten, marinierten Brombeerstängels und der Fisch erhoben sich zu einem erfrischenden, animierendem Gesamten. Eine Art Pannonia-Ceviche.
Dazu klassisch ein Riesling: Flora 2011 von Michael Gindl aus dem Weinviertel, mit hohem Suchtpotential. Und natural ein Le p‘ tit canon 2011 der Domaine Jacques Maillet aus Savoie. Die naturals werden stets ins selbe Glas geschenkt, Coppa Gravner, eine Spezialanfertigung von Josko Gravner, ohne Stil und mit zwei Einbuchtungen, die den Wein beim Schwänken brechen sollen. Bittesehr.
Haut – Hausgeflügel – Brühe: Optisch ein Knaller, auf einem dünnen Metallspieß befindet sich eine knusprige, filigrane Hühnerhaut dezenten Geschmacks, darauf ein confiertes und in Amaranth gewälztes Hühnerherz von fantastischem Geschmack, und wie eine Zwergenmütze darauf gesetzt ein Hahnenkamm, der 74 Stunden confiert wurde. Dazu wurde im Glas die heiße Hühnersuppe serviert, in der die Auster, jenes zarte Muskelpaket in der Hüftpfanne eines jeden Huhns, auf Grund lag. Die Brühe war die beste Hühnerbrühe ever, die Auster darin entsprechend gut.
Dazu klassisch ein Sauvignon blanc 2012 „Heimisch in Glanz“ von Andreas Tscheppe und natural ein 2007er Malvazija von Branko und Vasja Cotar.
Mohn – Kaiserlinge – Pilzkraut: Ein flauschiges Mohnsoufflé, umhüllt von eingelegten und rohen Kaiserlingen, den nobelsten aller Pilzlingen, auf einer Ziegenfrischkäsecreme, mit Artischokenspalten und Pilzkrautblättchen versehen. Neue Aromen aus bekannten Spektren, spannend in der Zusammensetzung, es wurde sehr still bei Tisch. Nahezu andächtig wurde dieses Kleinod verzehrt. Die Handschrift wurde deutlicher.
Dazu semi-klassisch ein 11er Timotheus vom Gut Oggau und natural ein 10er Chenin blanc Els Bassots Conca de Barberá.
Mispeln – Waller – Sommerkürbis: mit Verjus und Mandeln kommen noch saures Aroma und knackige Konsistenz zu den süßen Mispeln und dem marzipan-konsistentigem Fisch … könnte als Vietnamesisches Gericht durchgehen. Wieder perfekt zur Jahreszeit, ausschließlich aus umgebungsnahen Produkten. Respekt!
Klassisch der Weißwein Trelans 2008 von Alain Chabalon, Languedoc und natural der Pico 2011, ein reinsortiger Garganega von Angelino Maule aus dem Veneto.
Zur Erholung dann Walter Eselböcks Signature dish seit 1996, Gesulztes Kürbiskernöl: Auf engstem Raum treffen da einander salzig, süß und sauer, schön getragen vom fast fleischigen Aroma des Kürbiskernöls und mit knusprigen Momenten von den Kürbiskernen. Ein Kunstwerk en miniature.
Erbsen – Lamm – Labneh: Zuerst spaziert ein maximal entspannter Alain Weissgerber durch den Garten, zeigt uns im Kupfergeschirr das wunderbar gebratene Stück vom Lamm, um sich dann damit zum Tranchiertisch zurückzuziehen. Zurück kommt er mit einem Lamm so weich, dass ein Messer entbehrlich scheint. Dazu junge Erbsen samt ihren Schoten, auf Erbsencreme, mit Knoblauchdip und Labneh im Erbsenteigschüsserl am Stein serviert, samt Minzeblättchen. Ein wollüstiges Gericht in klassischer Kombination der Aromen.
Dazu klassisch von Christian Tschida ein Blaufränkisch „Felsenstein“ 2009 vom Neusiedler See, und natural ein Emilien 09 von Chateau le Puy aus Bordeaux mit 85% Merlot, 14% CS und 1% Carménère.
Geeistes Bier – Après Soleil – Blätterteig: Eine Granità aus belgischem Schwarzbier, mit einem schweizer Bergkäse aus Rohmilch … eine intensive, salzig-saure Kombination, die auch den Gaumen quasi von den Gängen davor „säubert“.
Dazu gab es ein Bier aus Belgien, das Rodenbach Grand Cru der Palm Breweries. Bier und Käse gehören zu den glücklich machenden Kombinationen, leider viel zu selten angeboten.
Es folgte ein Waldmeister- und ein restlos erfrischendes Champagnersorbet.
Baiser – Walderdbeeren – Eisbegonien: Ein hübsches Gericht, auch sehr auf der erfrischenden Seite.
Dazu einen natural Cremant de Loire der Domaine de Veilloux mit fabelhaft feinem Mousseux, breit und weich vom Mundgefühl her - und einen klassischen Winifred 2011, ein Rosé vom Gut Oggau.
Die gesamte Speisenfolge war ein entspannter Genuss auf höchstem Niveau, ideenreich in der Zusammenstellung und präzise in der Ausführung. Bei jedem Gang murmelten wir etwas wie „schon auffällig besser …“ oder „ja, das hebt sich ab …“.
Das setzte sich auch beim Frühstück im Hof vor der Wohnung fort, als der Tisch für all die gebrachten Köstlichkeiten schlicht zu klein wurde. Die Eselböcks lassen bis zuletzt nicht locker, servieren Fantastisches mit Herzlichkeit und das alles in einem angenehm legeren Rahmen.
Das Mittagessen im Haus im See fügt sich perfekt in das Konzept von Barbara und Alain: Es gibt Gegrilltes, einfach, aber durch die Qualität der Zutaten und deren peniblen Verarbeitung schlicht perfekt, perfekt passend zur Location.
Zusammenfassend:
Ein Ort zum Entspannen, für locker-legeren, sehr intensiven Genuss. Barbara und Alain Eselböck-Weissgerber zeigen vor, wie sehr unkomplizierte Atmosphäre Haute cuisine vollendet.
Gregor Fauma
38 Kritiken | Kritik verfassen
ilvino, 16.11.06 @ 19:09
Bald schon 3 Michelin-Sterne - und trotzdem "nur 2 bei Speising?
cmling, 14.11.06 @ 01:02
http://diepresse.at/Artikel.aspx?channel=r&ressort=rt&id=598542
"Bevor ich wundere, glaube ich's lieber nicht." - RodaRoda
Hirn_mit_Ei, 25.10.06 @ 09:34
Alles in allem ist das Lokal hoffnungslos überbewertet. Die WirtInnen stellen zwar einen hohen Anspruch, aber erfüllen können sie ihn in keiner Weise. Weder im Service (ruppig) noch in der Küche. Vorwiegend billige Effekthascherei für Menschen die von gutem Essen keine Ahnung haben und ein hoher "Promifaktor" zeichnen dieses überteuerte Lokal aus.
Ich war nur einmal im Taubenkobel. Dabei habe ich, wie auch meine Mutter, leider irgendwas verdorbenes erwischt und die ganze Nacht und den nächsten Tag nur noch erbrochen. Das hat mir gereicht. sowas darf in einem Resturant dieser Kategorie einfach nicht passieren. Ich habe überlegt ob ich anrufen soll und reklamieren, habe es aber dann gelassen, da sie mir nichts als eine Wiederholung des Essens anbieten hätten können und darauf hatte ich wirklich keine Lust.
falscherhase, 24.10.06 @ 09:44
Ich reihe mich ein in die Riege jener, mit weniger erfreulichen Erlebnissen im Hause Taubenkobel. Obgleich die Kücher hervorragend, der Service lässt mehr als zu wünschen übrig! Obwohl im Vorfeld darum gebeten, schaffte es die Crew nicht, etwas Langsamkeit und Muse in die Speisenabfolge zu bringen - man hatte Mühe, dem vorgegebenen Tempo zu entsprechen. Vor allem aber die Art der "Chefin" veranlasste uns zu dem Entschluss, dieses Haus kein weiteres Mal zu besuchen, denn auch bei uns regte sich das Gefühl von Nepp: Aufgrund eines vollen Magens bestellte ich meinen zuvor georderten Nachtisch ab und bat anstelle dessen um einen Schnaps. Dieser wurde mir auch prompt serviert und anschließend mit 10 Euro zusätzlich zum 4-Gänge-Menü verrechnet. Eine Anstatt-Verrechnung mit dem nicht konsumierten Nachtisch (Preis: 12 Euro) war aus "logistischen" Gründen nicht möglich, erklärte mir Fr. Eselböck auf meine Frage, weshalb ich für den Nachtisch bezahlen müsste.
Selbst wenn es die Geldbörse wenig schmerzen sollte - ich glaube, verar... lässt sich niemand gerne!
kubse, 23.10.06 @ 12:41
Zu thomthoms Eintrag möcht auch ich etwas anmerken: Nach unseren letzten Erlebnissen im Taubenkobel vor etwa einem Jahr haben auch wir für lange Zeit genug von Frau Eselböcks Art, ihre Gäste zu behandeln. Auch wenn das gesamte Anwesen ein Traum, die Greißlerei entzückend, das eine oder andere Gericht des Meisters tiptop ist, so denke ich doch, dass jemand arg den Beruf verfehlt hat, wenn er (sie) seine Launen so ungefiltert am Nächsten, dem man angeblich dienen will, auslässt. Keine Frage, jeder hat Stimmungsschwankungen, Zyklen, psychische wie physische, aber (beileibe nicht nur!) in diesem Gewerbe sollte man sich ein wenig in der Hand haben, oder?
Die Details unseres letzten Besuches erspare ich der P.T. Leserschaft, nur soviel: wer hier einen friedlichen Abend erleben möchte, sollte besser nicht nach anständigen Weißweinen oberhalb des Haus-Welschrieslings und unterhalb der 60-Euro-Plus-Liga der Top-Wachauer fragen, also keine Steirische Klassik, Weinviertel DAC o.ä. wünschen. Die mag die Frau Sommeliere nämlich nicht sehr, sonst hätte sie ja welche auf der Karte - oder hat sich das seither geändert?
+
ø 3.27 Punkte (26x bewertet)
empfohlen am 16.10.03 @ 15:28
Hauptstraße 33
7081 Schützen am Gebirge
Telefon: 02684.2297
Email: restaurant@taubenkobel.at
Ruhetag(e): Mo, Di
Küchenzeiten: Mi+Do ab 17, (in der Festspielsaison ab 16:30), Frei 12-14:30 und 17-22:30, Sa+So 12-22 Uhr
Menüpreis:
Inhaber: Familie Eselböck
Küchenchef: Walter Eselböck und Alain Weissgerber
Kreditkarten: Visa, Mastercard, American Express, Diners Club
Besonderheiten: Greisslerei und Weinhandlung: Mi-Sa 10-22, So 9-22 Uhr; Bar: Mi-So 18-2 Uhr
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