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Manfred Buchinger ist Wirt des Jahres 2006
02.10.06 @ 09:31
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Der Gasthausführer "Wo isst Österreich?" kürte Manfred Buchinger zum Wirt des Jahres 2006.
"Uijeeh, jetzt kommen die lästigen Gäst!" — Das war, nach einer ersten Jubelsekunde ("Mah, des g'freit mi!") die zweite Reaktion Manfred Buchingers auf die frohe Botschaft, dass er zum "Wirt des Jahres 2006" gewählt wurde. Die "lästigen Gäst", die mit der Popularität dieser Auszeichnung verbunden sind, fürchtet Buchinger nicht wegen ihrer Geschmacksnerven, sondern "weil sie nicht einsehen wollen, dass ein gutes Gasthaus kein Geschirr von Rosenthal, keine Kristallgläser und keine Damast-Tischwäsche braucht".
Buchinger, der sich nach einer Lehre im legendären Wiener "Lugeck" an die Spitze des Wiener Interconti emporkochte, weiß, wovon er redet. In seinem Restaurant "Vier Jahreszeiten" stellte er viele"lästige Gäste" zufrieden und errreichte dabei knapp die Drei-Hauben-Grenze. Bevor es soweit war, sagte Buchinger der Nobel-Gourmandise jedoch ade und pachtete in seiner Weinviertler Heimat ein altes Schulhaus, in dem er sich seit sieben Jahren den Traum vom Leben als unabhängiger Land-Wirt erfüllt.
Buchingers Credo in der globalisierten Warenwelt lautet: "Lebensmittel sollten nicht reisen". Daher bringt ihm seine alte Nachbarin auch blaue Erdäpfel vom eigenen Acker. Das Lamm stammt aus Pellendorf bei Gaweinstal, der Eisbergsalat vom Hofer ("Den lassen die Leut' in der Wühlkiste interessanter Weise immer über, und dabei ist er das Beste") Und auch ein chinesischer Knoblauch kommt Buchinger nicht in die Küche.
Dabei ist Buchinger, der auch schon todesmutig den berüchtigten japanischen Kugelfisch runtergeschluckt hat, in Sachen exotischer Aromen durchaus tolerant: "Meine Frau ist Holländerin und eine Urgroßnichte des Bürgermeisters von Surabaya, und ihr verdanke ich etliche indonesische Gewürze und Kräuteln, mit denen sich genauso gut kochen lässt wie aus Omas alten Kochbüchern."
Das Wort "Großmutterküche" hört Buchinger allerdings nicht gern. "Ich will zwar eine Rückbesinnung auf alte Speisen, aber auf moderne Art. Also: Kein ganzer Schmalztopf, sondern ein geschmacksgebender Klacks. Alte Wirtshausrezepte, aber geliftet!"
Buchinger steht mit diesem rückbesinnlich-fortschrittlichen Wirtshauskonzept keineswegs allein da. Die Welle der "Edelwirtshäuser" rollt als Antwort auf gesichtsloses Fast-Food und eine hochpreisig-hochnäsige Luxusgastronomie schon seit etlichen Jahren durch Österreich. Zu den ersten, die aus ihrem "Haubenrestaurant" in ein gemütliches Stadtbistro flohen, zählten etwa "Kaufmann & Kaufmann" in Villach. Im Wiener "Andreas Hofer" verpflanzten couragierte junge Wirte eine zünftige Tiroler Stube nach Gumpendorf, um dort tirolerisch auf höchstem Niveau zu kochen. Im "Brod" in Wiener Neustadt etablierte sich eine gefeierte Landgasthausköchin erfolgreich in einem kleinen, feinen Stadtgasthaus. Und in Feldkirchen bei Mattighofen feiert seit Jahresfrist ein Musterwirtshaus in der renovierten Wallfahrerschenke "Maria vom guten Rat" Triumphe.
Guter Rat ist auch bei Buchinger nicht teuer. Er gibt ihn Kollegen frei Haus und läuft dabei oft zu kabarettistischer Form auf: "Ich rede lieber mit Züchtern über ihre Rinder- und Schafherden als mit Apothekern darüber, wie man aus Lux flüssig und Perlweiß ein Gericht kreiert", sagt er etwa. Oder: "Gegrillte Marshmallows auf Trockeneis oder Lachs mit Lakritze sind so unnötig wie die Atombombe." Und last not least: "Ein guter Wirt sollte auf unnötigen Firlefanz genauso verzichten wie der Maler Miró: Da ein roter Punkt. Dort ein schwarzer Strich, aber beides unverwechselbar. Dann ist das Zeug schnell eine Million wert!"
Christoph Wagner
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