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bittermann Vinarium eröffnet
11.10.06 @ 10:18
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Zementsackjournalismus ist eine Form des Restauranttests, bei dem der Tester auf einer Baustelle sitzt und als Tafelmusik ein Duett für Schlagbohrer und Mischmaschine hört, während ihm auf einem notdürftig mit Damast überzogenen Stützbock ein improvisiertes Menü serviert wird, damit er als Erster über das Lokal berichten kann. Ich lehne diese Testform strikt ab, bin aber heute, Staub und Sägemehl auf mein Haupt, selbst unter die Zementsackjournalisten gegangen.
Mein Besuch bei Adi Bittermann, der soeben "Vikerls Lokal" in Wien-Fünfhaus verkauft hat und seit 10. Oktober das "bittermann" in Göttlesbrunn eröffnet, ist, das muss ich zu meiner Rechtfertigung anführen, allerdings kein Test, sondern eine Wallfahrt.
Sie führt zu einem Koch, dessen Künste ich nicht mehr testen muss, da ich sie im Laufe der letzten zehn Jahre als Stammgast schon voll "ausgetestet" habe. Ja, mehr als das: Ich habe von Adi Bittermann gelernt, wie man in drei (!) Tagen ein wirklich gutes Gulasch kocht, wie man einen 24-kg-Waller filetiert und wie man "weiße Nierndln" auf den Tisch bringt. Die Bittermann'sche DNA hat offenbar den idealen Gen-Mix aus einem Altwiener Beiselkoch und einem Grand Cuisinier abbekommen, und erfrischend zeitgeistresistent ist "der Adi" auch noch, wenn er etwa bekennt: "Ich brauch kein Krebsschwanzerl in der Kürbissuppe, damit sie sechs Euro kosten kann. Bei mir kostet sie drei Euro und ist einfach eine gute Kürbissuppe. Die Köche schreiben heute immer mehr auf die Speisekarten und kochen dafür immer weniger. Ich halte meine Speisekarten ziemlich knapp - und koche dafür mehr." Das meint Adi Bittermann vor allem in qualitativer Hinsicht, wenngleich ihm auch eine gewisse Quantität am Herzen liegt. "Bei manchen Kollegen habe ich das Gefühl, sie verrechnen eine ganze Portion und servieren nur einen Bissen. Meine Gäste haben aber auch das Recht auf einen zweiten und dritten Bissen."
Nun täte man Bittermann jedoch bitteres Unrecht, würde man diese gutmütige Beiselkomponente seines kulinarischen Ich überbewerten. Mindestens ebenbürtig ist sein Ehrgeiz, es den ganz Großen seiner Branche in Sachen Perfektion gleichzutun, wenn er sich etwa an Edelprodukte wie Jakobsmuscheln, Steinbutt, Fasan oder Schwarzfußschwein heranmacht oder sich vor allem in Sachen Innereien mit den großen Franzosen misst. Das alles und noch einiges mehr gibt es nunmehr im stilsicher renovierten k. u. k. Schulgebäude am Göttlesbrunner Kirchplatz zu erleben. Hier, erzählt die Tirolerin Bettina Bittermann, die für den Service und das 320 Etiketten umfassende "Vinarium" zuständig ist, wurde laut einem Dokument aus dem Jahr 1736 "alljährlich ein Schullehrer gedungen und anschließend ein Gemeindetrunk abgehalten". Letzterer beginnt nun täglich außer Dienstag um zehn Uhr Vormittag, am Sonntag erst um elf. Denn sonst, so Bürgermeister Walter Glatzer, "gehen die Leut womöglich nimma in die Kirch'n". Was tatsächlich zu befürchten stünde.
bittermann Vinarium
2464 Göttlesbrunn
Abt-Bruno-Heinrich-Platz 1
Tel.: 0 21 62.811 55
Dienstag Ruhetag, ganztägig Küche
www.bittermann-vinarium.at
Christoph Wagner
2 Kommentare | Kommentar abgeben
Spatzko, 22.10.06 @ 19:10
sind gestern zu viert mit meiner 4-monatigen tochter dort gewesen - das essen superb, allerdings hat alles ein bisschen lange gedauert: ankunft 19:15, um 19:30 hat uns fr. bittermann gefragt, ob wir schon bestellt hätten (um nach unserer verneinung für 15 minuten zu verschwinden), essensbestellung 19:50, gruß aus der küche 20:00 und so gings weiter; die hauptspeise kam um 22:30, die dessertkarte erst nach unserem nachfragen bekommen, die rechnung um 23:15 verlangt, die kam nach der 2. aufforderung, unmittelbar nach der bezahlung das lokal um 23:45 verlassen (auf die beschwerde, dass alles zu lange gedauert habe hat fr. bittermann nur gesagt - ich entschuldige mich, mehr kann ich nicht tun - ich hätte mir in diesem augenblick mehr erwartet)...
ich habe das 5-gängige überraschungsmenü gegessen, daher konnte ich es leicht aushalten, aber unsere freunde haben nur vorspeise (ca. um 20:45) und hauptspeise (22:30) gegessen, die waren dann schon ziemlich hungrig
vielleicht wäre es hilfreich, wenn immer nur ein kellner für einen tisch zuständig ist, dann fühlt er sich verantwortlich für das wohl "seiner" gäste
besonders seltsam empfand ich, dass das couvert (ei-basilikum-aufstrich in einer schüssel glaube ich war's) gegenüber von der garderobe gemeinsam mit dem brot aufbewahrt wird - umringt von tausenden obstfliegen - die gefüllten schüsseln hätten zumindestens abgedeckt sein können
fazit: essen top, service flop - da war's ja beim österreicher anfangs besser, ich warte ein jahr, dann probiere ich es nochmals, in der zwischenzeit fahre ich zum jungwirt...
frischpilz, 16.10.06 @ 10:10
Habe bereits zweimal dort gespeist und bin retlos begeistert. Sicher liegt er nicht so nahe wie im 15. Hieb, aber wenn man die Küchensituation in der Würffelgasse gekannt hat, war man immer voller Bewunderung wie aus dieser kleinen, heissen und überfüllten Küche so großartige Gerichte herauskamen. Jetzt in einer ordentliche modernen Küche mit Induktionsherd kann Adi Bittermann wirklich zeigen was er kann. Kürbisgulasch war erstklassig danach ein Beuschel wo man nur das Prädikat "super" findet. Entenleberplätzchen auf Vogerlsalat , Rindsfilet auf Morchelrahm und Erdäpfelpürree, Eierschwammerlsuppe , Limettenkuchen mit Sauerrahmeis, Essen in Qualität mindestens so wie im Vikerl wenn nicht besser. Schwierigkeiten beim Service bedingt durch die Umstellung auf ein wesenrlich größeres Lokal mit einer guten Sonntagsbelegung werden bald der Vergangenheit angehören. Der Hauptpunkt, der schon im Namen Vinarium hervorgehoben wird ist der Wein.
Weinpreise sind ab Hof Preise mit einem Stoppelgeld von € 8,--
So trinkt man einen G.Markowitsch Chardonnay Reserve 04 um € 20.-- !!!
Cuvee Rosenberg 04 vom selben Winzer um € 33,- !!!
Es gibt Weine wo man die Bouteille bereits um € 14,-- kredenzt bekommt,
inclusive fachmännischer Beratung, richtigen Gläsern, richtiger Temperatur und schöner Umgebung.
Auf nach Göttlesbrunn !
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