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Cooking mit TomCool: Über die kulinarische Bedeutung von Vogelschiss (Teil 2)
08.06.07 @ 18:33
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Vorsichtig habe ich mich mit den Schwalbennestern an das Thema herangetastet und durfte feststellen, dass die Hemmschwelle der Speisinger erfreulich niedrig zu sein scheint, wenn es darum geht, lukullische Genüsse aus fremden Ländern oder alten Zeiten kennen zu lernen. Wie richtig festgestellt wurde, ist so ein Vogelnest letztlich eine saubere Sache. Deshalb muss ich wohl einen Schritt weiter gehen, um den Titel „Über die kulinarische Bedeutung des Vogelschiss“ zu rechtfertigen. Ein kleiner Vogel mit langem Schnabel liefert dazu die Ingredienzien. Die Schnepfe, gejagt im Herbst von Mitte Oktober bis Ende November, bzw. vor allem ihre Eingeweide gelten als besondere Delikatesse und fanden als „Schnepfendreck“ den Weg in die besten Küchen und wichtigsten Kochbücher. Außerhalb der Saison sollte man von Schnepfen die Finger lassen, nur die fetten Vögel des Herbsts bieten ein herausragendes Geschmackserlebnis, im Frühling sind die mageren Vögel zäh und geschmacklos. Die Vögel werden auch heute noch im Federkleid ein paar Tage abgehangen. Der aus der Mode gekommene Haut-Gout macht den Vogel erst zur wahren Delikatesse.
Die Schnepfe wird nicht ausgeweidet, einzig Magen und Galle werden entfernt, da diese bitter und sandig sind. Die Gedärme dieses Vogels werden mitgebraten. Beim Braten legt man unter das Hinterteil der Schnepfe geröstete Brotscheiben. Während des Bratvorgangs tropft der Kot heraus. Die solchermaßen enstandenen „beschissenen“ Brötchen werden zur Schnepfe gereicht.
Weil dieser besondere Leckerbissen unter Feinschmeckern so gefragt war, erfanden die Köche ein eigenes Gericht, den Schnepfendreck. Hierzu wird die Schnepfe ausgenommen und die Eingeweide gesondert verarbeitet. Leber, Herz und Gedärm der Schnepfe werden mit etwas geräuchertem Speck, Schalotten und Petersilie fein gehackt. Die dadurch entstandene Masse wird in der Pfanne geröstet, mit wenig Bröseln gebunden, gesalzen und gepfeffert. Auf geröstete Weißbrotscheiben streichen, mit Parmesan bestreuen und im Ofen überbacken.
Der köstliche Geschmack des Schnepfendreck kommt von den halbverdauten Regenwürmern, welche die Hauptnahrung der Schnepfen darstellen. Wer also nicht gut leben kann damit, anderer Tiere Exkremente zu verspeisen, frage mich einfach nach meinem Rezept für Regenwurmpastete, welche ein durchaus vergleichbares Geschmackserlebnis darstellt.
Thomas Strini aka TomCool [zurück]
11 Kommentare | Kommentar abgeben
mazi, 14.06.07 @ 22:10
Huaaaa...
... und zum Schnepfendreck: auf Ideen kommen die Leut!
mazi, 14.06.07 @ 22:09
Ist dieser Strini...
...nicht entzückend?? Gratuliere nochmals auch hier! Bin gespannt, wann er Dir/Euch die ersten ausgeraubten Vogelnester bringt. "PapiCool, die hab ich extra für Dich gepflückt, vom Nachbarsbaum!" ;-))))))))
katiza, 13.06.07 @ 20:08
http://tomcool.mywoman.at/stories/71888/#75573
5622, 13.06.07 @ 19:52
baby?
ja isses denn schon so weit? wenn ja, wo sind die infos? wie groß? wie schwer? will er (sie) köchin werden? wie sieht sein (ihr) speiseplan aus? wie heißt das baby? hat tom schon das babynest gebaut? und auf eines, lieber tom, freu ich mich ganz besonders: über deine ersten erfahrungen mit babygagga ;-))
auf jeden fall: alles gute den drei strini-strizzis!!!
katiza, 13.06.07 @ 19:26
congratulations & celebrations
Papi - bin schon neugierig auf die Pastetenrezepte ;-)
alma, 09.06.07 @ 18:41
Toms Cooking = best blog ever!
Ich erinnere mich an einen der legendären Peter-Kubelka-Vorträge zu "Kochen als Kunst" im Wiener Filmmuseum Anfang der 80er, da erwähnte er mal eine Fasan-Zu (bzw. Vor)bereitungsart der Renaissance: der Fasan wurde in eine Batisttuch geschlagen, vergraben und für eine bestimmte Zeit seinem Schicksal überlassen. Würmer machten sich im Erdreich an dem Tier zu schaffen, die fielen beim Entfernen des Tuches dann ab, aber hatten offenbar einen Veränderungsprozess ausgelöst, der den Wildvogel zu einer begehrten Delikatesse machte. Meine Erinnerung reicht leider nicht mehr ausreichend exakt so weit zurück ...
Und war nicht bei Karl May mal von vergrabenen Bärentatzen die Rede?
PICCOLO, 09.06.07 @ 14:54
Verbesserung:
Donnervogel daher weil man vermutete dass diese Vögel mit ihrem Schnabel die Blitze ausgraben..... Jetzt kann man sich vorstellen was so ein altgermanischer theologe daraus gemacht hat.. Ich stelle es mir so vor, der hat nach ausgiebigem Metgenuss gejubelt: Das weisse vom Dreck das ist der Blitz! So sind die Germanen einst so blitzgescheit geworden. Nur so wurde Lufthansa und Porsche möglich...
PICCOLO, 09.06.07 @ 14:51
Sagenhaft!
ein Handwerker aus Salzburg fragte mich einmal ob ich etwas mit Krähen kochen würde. Da erinnerte ich mich an Holzknechte in meiner Heimat, die brieten sich die jungen Krähen, so wie sie im Nest waren mit Hühnereiern und viel Most zum hinunterspülen.
Nein, sagte der Elektriker, er war im Pinzgau in einem Schloß, dort reparierte er den Herd des Gutes. Als er die Bratröhre auftat, sah er eine völlig verrottete Krähe darin. Er erkannte das Tier an den Schwanzfedern und am Kopf, der Rest war gerupft und völlig verdorben. Voller Ekel entfernte er den Vogel und stellte ihn samt Topf auf dem das Objekt des Brechreizes klebte, außerhalb der Küche ab.
Etwas später bekam er es mit dem darüber ebosten Hausbesitzer zu tun, der den Vogel dort vorfand.
Völlig entsetzt brachte er das bestialisch stinkende Tier zurück und stellte es wieder in den Herd. Das sei eine Delikatesse!
Und es gibt sicherlich überlieferte Essrituale, die das Verzehren von Kot und total verdorbenem Essen durchaus als moralisch einwandfrei befinden. Es ist ja interessant dass wenig verdorbenes Essen schlimmer wirkt als total verdorbenes. Bier = filtrierte Hefescheisse.... ;-))
Aber ob das gut ist und nachahmenswert, das zweifle ich an. Man darf "stercoa" das lateinisch - griechische Wort bezeichnet damit das von der Natur ausgeschiedene dem Körper nicht zuträgliche auch giftige Teil des verzehrten Naturstoffs - nicht gegessen werden.
Solche Zutaten haben Spätfolgen.
Siehe die Geschichte mit den Krankheiten der Kanibalen.... Oder die Verkürzung des Lebensalters bei Kulturen ohne Hochküche...
Man muß dazu die Mythologie der Schnepfe kennen.
In der Germanischen Sage gehört sie zum Donnergott Thor und war die Donnerziege... So wie es einen Donnerkäfer gibt, den mußte man nur seinem Fein ins Haus tragen dann hat der die Blitze angezogen.
Daher wird scheibar auch dieses Ritual kommen - beim Schnepfendreck... vermute ich.
Anmerkung: Die Hauswurze oder auch die Fetthenne, waren als Blitzabweisende Fachkräfte im Garten... Weil der thor hatte diese Kräuter auf seinem Hausdach angesetzt, damit er nicht in seinem Rausch seine eigene Hütte erschlägt....
Steht irgendwo bei den Gebrüdern Grimm...
TomCool, 09.06.07 @ 08:07
Fachleute
Ich zitiere aus dem Johann Friedrich Baumanns Kochbuch von 1830 "Der Dresdner Koch - oder Die vereinigte teutsche, franzoesische und englische Koch- und Backkunst":
"Während des Bratens werden ... gelb geröstete Semmelschnitten unter die Schnepfen gelegt, um sie mit dem aus dem Leib fließenden Koth betropfen zu lassen."
In "Beruf der Jungfrau" einer der ersten Kochbuchschriftstellerinnen Henriette Davidis "Beruf der Jungfrau" umschreibt diese noch etwas höflicher, sprich schamhafter: "...damit das Inwendige während des Bratens darauf falle."
In keiner der zahlreichen Publikationen, welche ich mein Eigen nennen darf und in der die Verarbeitung von Schnepfen oder ihres Drecks behandelt wird, findet sich eine Notwendigkeit, mehr als Magen und Galle und manchmal auch den Kopf zu entfernen.
Da nun der Darm nicht eigens gereinigt wird und es unwahrscheinlich ist, dass jede Schnepfe ausschließlich sofort nach der Verrichtung ihres "Geschäfts" geschossen wird, ist anzunehmen, dass ein Rest des Verdauten als Kot bzw. als Mischung aus Kot und Urin, wie du schon ausführtest, den Enddarm beim Garvorgang noch befüllt und somit dem Gericht die rechte Würze gibt.
Wenn Dein Fachleut das nicht glauben mag, gibst ihm halt Recht und konterst dafür mit Wilhelm Busch:
Der Gourmand hat im Traum
An Schnepfendreck gedacht.
Er träumt: Es hätte ihm ein Engel
Was auf die Zunge gemacht.
PICCOLO, 08.06.07 @ 22:51
Fein!
Offenbar frisch eingestellt. Ich habe in der Tat schon daran gedacht, was kann Tom schon über Vogelschiss noch hervorbringen?? In der Tat der Schnepfendreck ist es! Nur darf ich einwenden, obwohl ich es noch niemals dazu gebracht habe so etwas zu kochen, da gibts schwere Differenzen. Mein Schnepfendreckexperte, ein bekannter Salzburger Kaufmann mit großem Schnepfenrevier im hiesingen Moorland hats mir genau erzählt und in Umrissen weiß ich, dass es nicht das ganze Gedärm ist. Der Teil mit den fein gehackten Innereinen - Nierchen und Eierstöcken und Herzerl, Lunge , das stimmt zu meinem Wissen dazu, der "Enddarm" mit dem Teil wo sich der Vogelschiss trennt. Vögel können nicht PIPI, daher ist Vogelkot weiß und grau/grün/schwarz, Ab einem gewissen Darmsegment - ich bin kein Tierdoktor - ist der Kot also schon daher ungeniessbar. Ammoniak, Salmiak hältig oder so in etwa. Daher ist Schnepfendreck auch kein echter Kot. Der heisst nur so in der Jägerfachsprache. Die Brunftkugeln, Brunftblume und die Brunftrute sind ja auch etwas anderes in unserer Sprache.... :-))
Der Salzburger Kaufmann Herr Steindl sagte mir, es sei nur ein etwa 30cm langes Stück gefüllt mit fermentierten Körnern, welche sich diese Rallenvögel aus den frisch besäten Äcker ausheben....
Ich werde in den nächsten Tagen aber genau nachforschen. Der Mann ist ein wahrer Experte. Und es hier genau berichten was er gesagt hat.
Danke für den Beitrag, ganz exzellent und hochinteressant!!
Schönes Wochenende!
TomCool, 08.06.07 @ 19:36
Exkrement
Ich hoffe, lieber Piccolo, dieses Rezept ist Dir exkrement genug. ;-)
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