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Gemischter Doppler mit Hermann Nitsch
22.09.07 @ 09:51
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Schon wieder so ein „komplexer“ Jahrgang. Die Fruchtbomber des Jahres 2006 mit ihrem bis zu 15% reichenden Alkoholvolumen sind noch kaum ausgeliefert, da kündet der heiße 07er Jahrgang von womöglich noch bombastischeren Geschützen im nächsten Jahr. Weinweise versuchen die önologischen Folgen des Klimawandels als „verschwenderische Fruchtfülle“ schön zu schreiben. Und schon überlegt so mancher Topwinzer, ob er seine Weingärten nicht ins kühle Waldviertel hinein verlängern soll, um Petrus ein Schnippchen zu schlagen.
Inmitten dieser Weinwelt, auf einem Hügel, von dem man auch auf das legendenumwobene Orgien-Mysterien-Schloss Prinzendorf sehen kann, sitzt Hermann Nitsch, der Maler mit dem persönlichen Draht zum Weingott Dionysos, an einem langen Heurigentisch in seinem eigenen Weingarten. Ein schwarzer Hut schirmt ihn gegen den kalten Wind aus Mähren ab, während er sich an Bratlfett, Wildschweinschinken und Quargelaufstrich gütlich tut — und dazu einen „G´mischten Satz“ der mit trinkfreudigen 11,5 Vol.% Alk. in seinem eigenen Weingarten heranwuchs, aus dem Doppler trinkt, jenem Gebinde, das er einmal als „die schönste Plastik der Welt“ bezeichnet hat.
Den Wein, in dem sich Rebsorten wie Grüner Veltliner, Grauer Portugieser, Welschriesling und etliche Urreben in munterer Anarchie miteinander paaren, keltert und vermarktet Nitsch allerdings nicht selbst. Das überlässt er Michael P. Martin vom benachbarten „Martinshof“, einem jungen, zielstrebigen Winzer, der den Wein „so traditionell wie möglich, aber so blitzsauber wie heute einfach nötig“ vinifiziert. Das Missing Link zwischen Maler und Winzer ist Freya Martin, die Winzersgattin und Heurigenbuffetzauberin, die als studierte Germanistin soeben über „Nitsch und die griechische Tragödie“ promoviert hat.
Dass die Doppelliterflasche seit dem Weinskandal einen so unverdienten Imageverlust erlitten hat, ist für Nitsch allerdings auch eine Tragödie. Denn in Wahrheit „entwickelt sich der Wein darin mindestens genauso gut wie in den viel gerühmten Magnumfalschen aus Bordeaux, vorausgesetzt, er wird richtig verkorkt.“ Nitsch, nachdenklich: „Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass wir unseren Doppler naturverkorken, während die Spitzenwinzer ihre teuren Bouteillen mit Schraubverschlüssen zudrehen?“
Freilich: So richtig billig ist der Nitsch-Doppler mit 40 Euro pro Flasche auch nicht gerade. „Wenn man etwas für den Ruf des Dopplers tun will, so darf man ihn nicht wieder im Billig-Segment ansiedeln“, sind sich Nitsch und sein Weinmacher Martin einig. Und außerdem wird der Wein ja schon alleine durch das Nitsch-Etikett, das an einen Plan für ein unterirdisches Kellerlabyrinth erinnert, zum Kunstwerk. Oder zumindest zum Kultwein, der nach Nitschs bewährtem orgiastischen Prinzip funktioniert: „Die Leute werden gut gefüttert und getränkt. Mein Drama soll ein Fest sein!“
Christoph Wagner
Martinshof, 2183 St. Ulrich - Neusiedl/Zaya, Hauptstraße 28
Tel: 02533.897 77
nächste Heurigentermine: 28.09. – 30.09, 5.10. – 7.10. und 12.10. – 14.10. 2007
www.martinshof.at
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