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Jutta Ambrositsch

Weinbau und Buschenschank

17.04.08 @ 12:58

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Diese Woche sperrt Jutta Ambrositsch wieder den Kamaldulenserhof in Sievering auf, um ihre weingewordene Arbeit der letzten Monate an Mann und Frau zu bringen - und auch, um wieder ein wenig unter die Leute zu kommen.

Wer ist sie, wie arbeitet sie, wie steht sie wozu und wie sollen ihre Weine eingeordnet werden?

Jutta Ambrositsch hat schon als Kind im elterlichen Weinbau im Südburgenland mitgearbeitet. In Wien wurde sie, nach einer vierjährigen Ausbildung auf der Kunstschule zur Grafikdesignerin, zur Quereinsteigerin im Weinbau schlechthin - und zur medial abgefeierten persona grata.

Ermutigt und unterstützt von Peter Friese (Schwarzes Kameel) pachtete sie, noch keine Dreißig, ihren ersten Viertelhektar am Reisenberg und kelterte 2004 einen Riesling für das Schwarze Kameel. Als noch mutigeren Schritt bezeichnet sie jedoch das Eingeständnis, dass die Fläche zu klein sei und erweiterte ihre Weingärten sukzessive auf die heutige Größe von knapp zwei Hektar. Ihr Stöcke stehen überall dort, wo die Sonne besonders gern hinscheint: Reisenberg, Sommeregg, Preussen am Nußberg und seit diesem Jahr auch Rosengartel am Nußberg. Wer eine Ahnung davon hat, wie schwer es in Wien ist, Rebflächen in noch dazu diesen Lagen zu ergattern, zollt Hochachtung.

Weinbau ist das eine, Buschenschank das andere: Um hier keine Fehler zu machen und ihre Leidenschaft auf ein stabiles Bildungsfundament zu stellen, absolvierte sie einen 180 Stunden dauernden Lehrgang und ergatterte das Buschenschankzertifikat. Gut für die Gäste, denn das Marktamt sah sich bis dato außer Stande, den Buschenschank im Kamaldulenserhof mit auch nur einer einzigen Anzeige zu belangen. Das will in einem alten, brüchigen Gemäuer mit Inventar aus den 50ern etwas heißen.

Im Weingarten ist Jutta Ambrositsch gerne alleine und daher ständig vor Ort. Jeder Stock wird individuell behandelt und mit Schneiden und Binden ist sie von Jänner bis diese Woche täglich beschäftigt gewesen. Dazu kommen noch das Abfüllen der 07er und das persönliche Beliefern potentieller Kunden mit Kostflaschen und bestehender mit Nachschub.
Ihr Winzercredo: Sie wirtschaftet, so weit es geht, biologisch dynamisch und versucht, bei jedem Stock individuell die beste Traubenqualität zu erzielen. Da das nur bei kleinen Rebflächen möglich ist, bleibt sie vorerst auch bei ihren zwei Hektar Weingärten, um sich persönlich kümmern zu können. Speziell in der Sommeregg summe und brumme es nur so, es dufte nach Fenchel, dann wieder nach Brennnesseln - diese ganze Diversität und Buntheit der Natur ermögliche eben nur biologisch dynamischer Weinbau, zeigt sie sich überzeugt. Sie sieht sich als Gärtnerin, jedoch ohne jede Spur von waldmüller´scher Romantik, dazu sei die Arbeit zu hart. Sie möchte die Natur so weit wie möglich sich selbst überlassen und nur dort korrigierend eingreifen, wo ein Ertrag gefährdet sein könnte. Den Schnitt richtet sie nach dem Alter der Stöcke, sie reduziert auf die Hälfte der für Qualitätswein notwendigen Traubenmenge und achtet auf luftig gestaltete Stöcke, damit der Wind chemische Spritzmittel obsolet mache. Sie pflegt die Nützlingswiese zwischen den Reben (Sommeregg) und setzt Rosen und Gemüse im Weingarten an - das ginge eben nur in biologisch dynamischen Gärten.

Die gelesenen Trauben werden dann nach Stammersdorf zu Fritz Wieninger gebracht, der sie presst und vinifiziert. Auch im Keller greift Jutta Ambrositsch nur dann ein, wenn es tatsächlich notwendig ist: Die Weine entstehen durch die eigenen Wildhefen, Zucker wird keiner zugefügt, Rieslinge brauchen nicht durchzugären - nur der Veltliner, dem würde man bei einem Gärungsstopp schon noch auf die Sprünge helfen. Die Weine liegen lange auf ihren Hefen und werden eventuell entsäuert. Der Gemischte Satz Reserve 2006 füllte ein Barriquefass und damit hat es sich auch schon in Sachen Holz. Holzchipseinsatz lehnt sie ab, da diese nur Aroma, aber keinen Körper und keine Kraft liefern würden. Das Kellermotto: Wie es ist, so bleibt es.

Zu den Problemen in Italien befragt und ob nationale Grenzen auch Grenzen des Panschen wären, meinte sie, dass es immer solche und solche gebe. Ihre Naturverbundheit sei jedoch ein Einzelfall, Bauern und Winzer seien einfach die ärgsten. Die Leute glauben da an einen Naturbezug, in Wahrheit erschlage jeder Winzer im Weingarten das kleine Häschen und freue sich nicht im geringsten darüber, dass es da ist.
Auf Einsatz von Fremdwein angesprochen, meint sie, dass das Weingesetz mittlerweile zu viel erlaube. Nur eine selbst auferlegte Ethik könne verhindern, dass bald alle Weine 0815 sind und gleich schmecken, weil sie alle dieselben Deckweine aus Apulien verwenden. Die Zukunft sieht sie in Differenzierung und Spezialisierung.
Den Trend sieht sie im biologisch dynamischen Weinbau. Hier gebe es eine gewaltige Nachfrage des Marktes, hier werde viel Marketing betrieben. Selbst große und renommierte Winzer wie Fritz Wieninger stiegen gerade zur Gänze auf diese umweltschonende, integrierte Form des Weinbaus um. Ihre Weine sollen individuell, autentisch und eigenständig sein - nur so könne man am Markt bestehen. Was ihr schmeckt? Deutsche Rieslinge, zum Beispiel von Van Volxem aus dem Saarland. Super Wein, aber kein Vorbild.

Auf Frauen im Weingarten angesprochen, kann sie keine Unterschiede im Weinbau ausmachen, nur, dass ihr Winzerinnenvereinigungen, die blossfüssig Treffen bei Vollmond abhalten und ins Esoterische abdriften, zu wider sind: "Da krieg i Angst, des is net meins!". Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sei sicher auch geschlechtsbedingt, aber damit habe es sich auch schon.
Sie begrüßt die Initiativen der vier WienWein-Winzer und meint, diese hätten unglaublich viel bewegt. Sie selber ist Mitglied der sich in Gründung befindenden "Orchideen-Winzer", eine Vereinigung von vier Quereinsteigern mit gewissen Qualitätskriterien. Noch mit dabei sind Peter Uhler, Franz-Michael Mayer und Klaus Windischbauer. Mehr dazu im Rahmen einer Pressekonferenz am 15. Mai. Nicht unerwähnt lässt sie auch den Einsatz von Hans Schmid, den sie als wichtigen Impulsgeber und Retter wiener Rebflächen sieht. Grinzing ist für sie "so was von tot" und ein Disneyland, das leider unter der Schutzglocke der Unesco stünde und immer mehr zu einer reinen Wohngegend verkomme, wo wunderschöne Rieden einfach gerodet würden und neue Häuser errichtet (so zB. die Riede am Ring).
Und überhaupt: Die Winzer müssten sich mehr trauen, sich mehr und strengere Maßstäbe anlegen. Man müsse gemeinsam gegen den Wahnsinn des Jungweintrinkens vorgehen, die Heurigenorte mit einem Kraftakt attraktivieren und die Qualität weit nach oben heben. "Buschenschank ist ein städtekultureller Auftrag!" und diesem kommt sie nach:

Buschenschank in Residence:
Im Kamaldulenserhof, Sieveringer Straße 170, 1190 Wien, Endstation Bus 39A
11. -13. September 09
18. -20 September 09

Freitag und Samstag von 18 - 22 Uhr
Sonntag von 14 - 22 Uhr
Bei Schönwetter mit Gartenbetrieb

Weinbau Jutta Ambrositsch
www.jutta-ambrositsch.at
Reservierungen unter: +43 664 500 60 95


Gregor Fauma

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