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Cooler Typ in Traumumgebung
Vor Ort und im Gespräch
13.07.09 @ 21:12
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Folgt man den Zypressen, die in Bolgheri hoch und aufrecht in doppelter Reihe nach San Guido führen, so sieht man an einem bestimmten Punkt die Weinstraße der Etruskerküste, die ihren Anfang in den Hügeln um Bolgheri nimmt. Entlang der Via Bolgherese, die von dem mittelalterlichen Ort Bolgheri zu Castagneto Carducci führt oder sich mit zahlreichen Windungen nach Bibbona und Montescudaio schlängelt, haben die ungesunden Sümpfe und krummen Sträucher der livornesischen Hügel über die Jahre hinweg Platz gemacht für Reben und eine üppige Vegetation mit jahrhundertealten Olivenbäumen und mediterranen Wäldern.
Wer meint, dass er die Toskana kennt, sollte einmal diesen Winkel der Maremma beackern. Diese Landschaft hat aber sowas von einem Charme, dass ich bereits Änderungen der Urlaubsplanung 2010 im Kopf vorwegnehme.
Die nördliche Maremma südlich von Cecina ist für den Anbau von Reben wie berufen. Aus diesem Grund haben viele bekannte Weinbaufamilien hier ihre Basis geschaffen. Sie widersprachen damit denjenigen, die behaupteten, dass nur das Chianti die fruchtbare Zone der Toskana wäre. Unter ihnen ragen Persönlichkeiten, wie Marchese Lodovico Antinori, der Gründer der Tenuta dell’Ornellaia, und Marchese Piero Antinori, Produzent des Guado Al Tasso, hervor. Zu ihnen gehören auch der Marchese Incisa della Rocchetta, Vater des Sassicaia, und Angelo Gaja, die Weine ins Leben gerufen haben, die auf der ganzen Welt geschätzt und zu Preisen raren Gewürzes gehandelt werden.
Der Boden dieses Territoriums präsentiert sich geologisch sehr vielfältig und vielschichtig. Die Nähe des Meeres begünstigt die Präsenz von Mergel und sandigen Zonen, die den Boden locker machen. Dazu gesellt sich schiefer- und tonhaltiges Gestein mit feinen Eisenspuren, das sich insbesondere für den Anbau von roten Rebsorten eignet. Diese vielfältige und abwechslungsreiche Zusammensetzung des Bodens bestimmt die Zonen, die besonders dazu geeignet sind, spezifische Rebsorten zu kultivieren. Es sind die Sorten des Bordeaux: Cabernet Sauvignon, -Franc, Merlot und Petit Verdot. "Diese Sorten brauchen mediterranes Klima", nimmt Axel Heinz, Chef-Önologe vorweg, "und hier bekommen sie es". Im gesamten Gebiet herrscht ein mildes Klima. Die für die mediterrane Küste so typisch hohen Temperaturen werden durch die leichte Meeresbrise abgemildert, während die dahinterliegenden Hügel die Pflanzen vor den kalten Winden schützen, die manchmal aus dem Landesinneren kommen.
Die Tenuta dell’Ornellaia liegt an der toskanischen Küste des Tyrrhenischen Meeres, im Norden der Maremma zwischen Livorno und der Insel Elba. Die Weinberge sind in zwei Areale unterteilt, die von der Viale dei Cipressi getrennt werden. Insgesamt sind 97 Hektar kultiviert: 41 in dem Areal der Tenuta und die restlichen 56 in dem Areal, das Bellaria genannt wird und in der Nähe des Meeres liegt. Die Rebflächen liegen 50 bis 120 Meter über dem Meeresspiegel und zeigen eine Neigung, die zwischen 5 und 20 Grad variiert.
Die Pflanzdichte pro Hektar ist in beiden Zonen unterschiedlich und erreicht bis zu 5.000 Stöcken pro Hektar in den älteren Teilen und bis zu 7.000 Stöcken pro Hektar in der Zone Bellaria. (Im Vergleich dazu stehen die moderneren Anpflanzungen, die bis zu 8.700 Pflanzen pro Hektar vorsehen.) Die 97 Hektar der Tenuta dell’Ornellaia sind in 50 Parzellen unterteilt, in denen vier Rebsorten heranwachsen, die in diesem Teil der Toskana ein perfektes Umfeld vorfinden: Cabernet Sauvignon (37 ha), Cabernet Franc (12 ha), Merlot (38 ha) und Petit Verdot (10 ha).
Das Gut besteht jedoch nicht nur aus Weinbergen. Der architektonisch modern gestaltete Weinkeller ist der lebendigste Teil des Gutes, da sich in ihm sämtliche Produktionsprozesse abspielen und er zudem die Büros der Mitarbeiter beherbergt. Fast alles wurde seinerzeit beim Bau bedacht, fast: "Leider müssen wir unser Lesegut in die Gärtanks pumpen. Natürlich wäre mir ein sachter Transport per Schwerkraft lieber, aber auch die Tenuta dell`Ornellaia muss sich nach der Decke strecken".
Die Weinberge von Ornellaia sind mit einem großen Puzzle vergleichbar. Es gibt zwei Zonen, die sehr unterschiedlich sind: Ornellaia und Bellaria. Sie liegen zwar nicht weit voneinander entfernt, weisen jedoch eine unterschiedliche Geologie, Ausrichtung und Pflanzdichte auf. Auf ihnen wachsen vier Rebsorten heran, die zahlreiche Unterlagsreben aufweisen. Etwa 80 Personen arbeiten 365 Tage in den Zeilen. Der Rebschnitt, die Pflege der Blätterwand und die grüne Lese werden mit Präzision und Disziplin durchgeführt.
Leonardo Raspini, Agronom und Generaldirektor der Tenuta dell’Ornellaia erläutert:
“Dieser Arbeitseinsatz hat ein einziges Ziel. Er soll die Pflanze unterstützen, ihr Gleichgewicht zu finden. Durch das Zusammenwirken aller Aktionen, wachsen Trauben von bester Qualität”, so Raspini. “Das Ausdünnen der Trauben verstehen wir nicht als produktiven Einschnitt, sondern als Möglichkeit, mit der Pflanze zu reden”, beschreibt der Generaldirektor. “Gewöhnlich startet die Lese in den ersten Septembertagen. Während dieser Periode zählt man einen Mann pro Rebzeile. Dieser erntet nur das, was Agronom und Önologe vorgeben”, berichtet er. “Nicht immer stimmt das, was man schmeckt mit den analytischen Ergebnissen überein. Die Verkostung der Trauben ist jedoch wichtig, um den Reifegrad der Tannine und die Ausgewogenheit der Inhaltsstoffe in den Beeren festzustellen. Denn schließlich wird sich der Zustand der Beeren im Wein widerspiegeln“, unterstreicht Raspini. „Die Beerenverkostung bestimmt den Lesezeitpunkt und gibt Aufschluss, welche Parzelle wie vinifiziert werden muss“, erklärt er. „Die Trauben, deren Ertrag nicht mehr als 45 Hektoliter pro Hektar beträgt, werden ausschließlich von Hand gelesen und in kleinen belüfteten Bütten (15 kg) in den Weinkeller transportiert. Wenn wir die Lese beenden, was gewöhnlich in der zweiten Oktoberwoche geschieht, sind wir viele Male durch die Weinberge gelaufen - auf der Suche nach unserer allgegenwärtigen Idee: der perfekten Reifung."
Bevor die Trauben im Entrapper von den Stielen getrennt werden, erfolgt eine zweifache Selektion auf dem Sortierband. Am ersten Sortiertisch wird die Qualität jeder Traube überprüft, am zweiten nehmen zehn Mitarbeiterinnen jede einzelne Beere unter die Lupe. Nur so kann garantiert werden, dass weder das kleinste Rebblatt noch ein Stiel in den Gärtank gelangen. Sind die Trauben in den Bütten, folgt die Verarbeitung in der Cuverie, wo sich die Technik der Edelstahltanks mit der des traditionellen Holzes vereint.
In dieser Phase ist die richtige Vinifikation, die den individuellen Charakter des Weinberges berücksichtigt, von großer Bedeutung. Dafür wird während der Gärung jeder Behälter täglich einer methodischen Verkostung unterzogen, wodurch der Entwicklungsstand der einzelnen Partien überprüft und ein maßgeschneidertes Vinifizierungsprogramm festgelegt werden kann. Aus diesem Grund sind jedes Jahr die Gärungstemperatur, die Anzahl der Mostumwälzungen und die Dauer der Mazeration von Wein zu Wein anders. 60 bis 65 “Grundweine” werden getrennt voneinander im Holz ausgebaut und später zur endgültigen Cuvée miteinander verschnitten. Das Verschneiden vereint die einzelnen “Gesichter” zu einer unverwechselbaren Persönlichkeit.
“Das Verkosten der unterschiedlichen Grundweine ist wie die Erstellung eines Röntgenbildes. Man erkennt jedes einzelne Detail und jede Nuance, die sich durch die veränderlichen Größen im Weinberg in den Sorten widerspiegeln. So zeigt der Merlot sonnige Opulenz und der Cabernet Franc harmonische Komplexität. Der Cabernet Sauvignon präsentiert eine schlanke aber kräftige Struktur, während der tanninbetonte Petit Verdot bisweilen leicht rustikal wirkt, doch oft den Hauch von Stärke mitbringt, der in einem Verschnitt fehlen kann”, so Axel Heinz, Önologe der Tenuta dell’Ornellaia.
“Nicht weniger wichtig sind die anderen Faktoren, wie Lage und Böden, die tonhaltig, kalkhaltig oder steinig sind, das Alter der Reben oder die Pflanzanordnung. Auch sie bewirken, dass jeder einzelne Wein seinen eigenen unverkennbaren Charakter ausbildet”, erklärt Heinz. Die größte Herausforderung bei der Assemblage ist die Umsetzung von zwei maßgeblichen Kriterien: den Stil und die Seele von Ornellaia auszudrücken und gleichzeitig den Charakter des Jahrgangs beizubehalten. Um dies zu erreichen, können wir beispielsweise mit den Proportionen der unterschiedlichen Rebsorten spielen. So arbeiten wir mit etwas mehr Merlot, wenn in kühlen Jahren die Seidigkeit der Tannine fehlt, oder etwas mehr Cabernet Franc, wenn wir die Komplexität, die Finesse und Eleganz steigern möchten. Der Petit Verdot wird hingegen mit äußerster Vorsicht eingesetzt, so als wolle man ein Gewürz hinzufügen. Auch der Cabernet Sauvignon, der für uns das Rückgrat des Ornellaia-Blends bildet, wird mit Bedacht dosiert”, veranschaulicht der Önologe. “Alle Trauben wachsen wie die Trauben des Ornellaia heran. Allerdings haben sie nicht alle die Fähigkeit, ihr Potential voll auszudrücken, was oft am jungen Alter der Reben liegt. Sie werden für den Blend unseres Zweitweins, den Serre Nuove dell’Ornellaia, eingesetzt, der als jüngerer Bruder seine Heimat ebenso authentisch auszudrücken weiß wie der große Ornellaia”, informiert Heinz. “Nach dem Verschnitt kehren die Weine für weitere sechs Monate in die Barriques zurück. Dort werden sie nur für einige periodische Kontrollen gestört”, erzählt er. “Die letzte Entscheidung, die vor der Füllung getroffen wird, betrifft die Stärke der Klärung. Auch hier bestimmt der Wein, der erneut verkostet wird”, so Heinz. “Hin und wieder ist es notwendig, etwas an den Tanninen zu feilen, wobei jedoch darauf geachtet wird, dass das Gleichgewicht des Weines nicht leidet. Die letzte Phase beginnt mit der Füllung, die dank der Schnelligkeit der Anlage von der ersten bis zur letzten Flasche eine gleichbleibende Qualität sichert”.
Die Weine
Ornellaia Bolgheri Superiore
Das Symbol des Gutes wurde 1985 geboren und ist das Ergebnis einer sorgfältigen Selektion aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Der Rotwein reift 18 Monate lang in Barriques aus französischer Eiche. Nach seiner Füllung verbleibt er für weitere 12 Monate in der Flasche. Der 1998er Jahrgang wurde vom Wine Spectator zum “besten Wein der Welt” gekürt. Der 2001er Jahrgang erhielt von den wichtigsten nationalen und internationalen Weinführern die größten Anerkennungen. Den 2006er Jahrgang prämierte der amerikanische Führer Wine Advocate von Robert Parker mit 97 Punkten. Ich habe noch nicht zu oft einen Wein getrunken, dessen Aroma ich noch Stunden später zu empfinden meine - Wahnsinn. Beim Endverbraucher landen drei Vierterl zu Euro 105 aufwärts am Tisch.
Le Serre Nuove dell’Ornellaia
Der Serre Nuove ist der so genannte Zweitwein der Tenuta dell’Ornellaia. Sein erster Jahrgang, der mit fünf Sternen ausgezeichnet wurde, stammt aus dem Jahr 1997. Entstanden ist er bei der Assemblage zum Ornellaia, als dessen Basisweine einer letzten Selektion unterzogen wurden. Er wird vorwiegend aus den Trauben der jüngeren Weinberge hergestellt. Er genießt das gleiche Verfahren wie der Erstwein Ornellaia und zeigt die typischen Charakteristiken des großen Terroirs: Frische, Zugänglichkeit und Samtigkeit mit einer ausgewogenen und starken Struktur. Für Euro 35 bekommt man schon eine Idee, was der Ornellaia Superiore kann, sicher eine vernünftige Art, sich dem Weingut zu nähern.
Le Volte
Ein Wein von großer Gefälligkeit für die alltäglicheren Momente. Das Cuvée stammt aus dem besten Terroir und vereint die typische toskanische Rebsorte Sangiovese mit Cabernet und Merlot. Der Sangiovese schenkt edle Opulenz, während die Sorten Cabernet Sauvignon und Merlot für Struktur und Komplexität sorgen. So entsteht aus dieser mediterranen Vereinigung ein Wein von großer Eleganz mit rubinroter Farbe, die von violetten Reflexen durchbrochen wird. In seinem fruchtigen Duft finden sich viele unterschiedliche Noten. Der Wein reift für neun Monate in drei- bis vierfach belegten Barriques, denen eine kurze Reifung auf der Flasche folgt. Bei einem Aufwand von ca. 15 Euro ist man bei den Weinen der Tenuta dell´Ornellaia dabei und fährt sehr gut damit.
Axel Heinz
Nach seinem Abschluss am Gymnasium ging er 1993 nach Frankreich in die Region Bordeaux. Dort absolvierte er an der Berufsschule für Landwirtschaftstechnik, dem Lycée d’Enseignement Générale et Technologique Agricole, und machte seine ersten Vinifizierungserfahrungen bei Chateau La Tour Carnet in Saint Laurent im Médoc.
1999 erwarb er sein Diplom als Agronom sowie Önologe an der Ecole Nationale d’Ingénieurs des Travaux Agricoles. An der Fakultät für Önologie in Bordeaux schloss er seine Ausbildung mit einer Diplomarbeit über die frühzeitige Reifung der Chardonnay-Weine aus dem Gebiet von Limoux ab.
Danach zog es ihn nach Macau, wo er im Jahr 2000 bei der SARL Biovitis für viele renommierte Güter aus dem Bordeaux als Berater tätig war.
Im darauffolgenden Jahr kehrte er nach Frankreich zurück und arbeitete in Listrac als verantwortlicher Önologe bis 2004 in der Produktion des Château Fourcas Loubaney, des Château la Dominique Saint-Emilion, einem Grand Cru Classé, und des Chateau la Commanderie de Mazeyres Pomerol.
Seit 2005 ist er önologischer Direktor der Tenuta dell’Ornellaia.
Er besitzt die französische und die deutsche Staatsangehörigkeit. Neben Deutsch und Französisch spricht er auch perfekt Italienisch, Englisch und Spanisch.
"80.000 brutto, Weninger und Kerschbaum, ja natürlich, große Bordeaux" waren die Antworten auf die Fragen, wieviel er hier verdiene, welche österreichischen Winzer er kenne, ob man sich mit Ornellaia Superiore einen Fetzen umhängen könne und welche Rotweine er auf die Insel mitnehmen würde. Bei den Weißweinen wären es Rieslinge aus der Pfalz.
Er trinke, wenn er essen geht, gerne einfache Landweine, oder eben die großen Sachen. Die Mittelklasse wäre in der Regel enttäuschend.
Cooler Typ in traumhafter Umgebung, Trinkerträume in ständiger Verfügbarkeit - Axel Heinz. [zurück]
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