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da Alfredo e Ada

Vino dei Castelli Romani di produzione propria

15.05.11 @ 20:41

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Ich schrieb [hier], dass das an dieser Stelle den Rahmen sprengte. Zeit, eine neue Leinwand aufzuziehen. Eine Leinwand, die das Bild von Ada und ihrer Osteria zeigt.

Es ist ewig her und erinnert sich so frisch. Wahrscheinlich '89 oder '90. Kaum volljährig, ließen wir keine Gelegenheit aus, mit dem Zug oder dem Auto nach Rom zu fahren. Auch eine gemeinsame Leidenschaft bindet. Rom im August. Rom ohne Römer, aber mit rinnendem Asphalt, glühenden Gebäuden und keiner Chance auf Kühlung. Trotzdem, hinüber zu Vatikan, volles Programm. Am Vormittag drückt die Hitze noch nicht so. Mittag, Menschen Touristen genannt schleppen sich durch die Stadt auf der Suche nach klimatisierten Restaurants. Wir nehmen die Banchi Nuovi und nach wenigen Metern sehen wir links in einen Raum hinein. Er wirkt kühl, einladend, ein paar Männer sitzen an den sechs Tischen, Ruhe und Gelassenheit scheinen hier auf die Welt gekommen zu sein.

"Da Alfredo e Ada" steht irgendwo am Eingang und wir treten ein, lassen uns nieder und von Alfredo erklären, dass es hier ein Menü zu einem Fixpreis gibt und wir ihn schon machen lassen sollen. Der Preis ist nicht hoch. Der Raum ist mit Plakaten dekoriert, Plakate, die Kunstmessen ankündigen. Plakate, die hier seit den 60er-Jahren hängen. Hinter dem Gastraum befindet sich, leicht erhöht, die Küche. Wir bekommen honigfarbenen Wein, der sich erstaunlich leicht trinkt, der Tisch wird mit einem Blatt Papier gedeckt, dasselbe Papier, aus dem die Servietten sind. Das war damals noch nicht hip. Erst 15 Jahre später deckte ich als Kellner im Palmenhaus Tische mit diesem Papier ein.

Und dann taucht Ada auf, die Frau vom kellnerierenden Alfredo, zwei Teller Pasta in der Hand. Pasta al Pomodoro, punto, nient´altro. Es waren Penne lisce, vielleicht auch Rigatoni, mit einem Paradeis-Sugo. Karg, geradlinig, zum Lokal, zum Papier als Tischtuch, zum fluchend-schimpfenden Service von Alfredo passend. Diese Pasta ist für mich bis heute die Messlatte. Wir machten una cosa che non si fa, la scarpeta, wischten also mit Brot den Teller spiegelnd sauber - und bekamen nachgereicht. Bei den Hauptspeisen standen ein Kalbs"gulasch" (Spezzatino di Vitello), Rindsrouladen (Involtini di Manzo) und Salsiccie mit Erbsen zur Auswahl. Alle drei werden mir einen Lebtag am Gaumen präsent bleiben. Selig lächelnd nickten wir die Frage nach einem Dolce ab und bekamen abgezählte Zuckerkringel auf den Tisch gelegt, um diese im Wein aufzuweiken und zu verzehren. Das Zeug fährt wie Hölle. Wir blieben picken.

Wir erlebten, wie Alfredo über die Gäste schimpfte, Rechnungen zusammenknüllte und durch das Lokal warf. Wir erlebten, wie uns Ada signalisierte, dass wir den alten Spinner nicht ernst nehmen sollten. Wir erlebten Künstler, Denker und Politiker auf einen Sprung vorbeischauen - und Ada eine Caffè bringen - sie selbst hatte keine Kaffeemaschine. Wir erlebten, wie gegenüber ein Tischler in aller Ruhe Sessel abbeizte und neu strich. Wir erlebten eine Ruhe und Gelassenheit, eine Freundlichkeit, eine Geborgenheit auf 25 Quadratmetern, die uns ab damals bei jedem Rom-Besuch zur Ada pilgern ließ. Nur, Ada sah schon damals schon alt aus. Zwanzig Jahre lang bangten wir bei jedem Rom-Besuch, ob es Sie, das Lokal noch gäbe. Wir erfuhren von Alfredos Ableben durch einen Zettel am Rollladen "Chiuso per lutto". Beim nächsten Mal wurden wir von ihr in den Weinkeller unterhalb des Lokals gebeten, wo ihr seit Jahrzehnten selbst gemachter Wein lagerte. Wir lernten Adas jüngere Schwester kennen, die Alfredo ersetzte, und bekamen über die Jahre nie etwas anderes zu essen als das genannte Menü.

Ada und Alfredo übernahmen das Lokal in den 40er-Jahren. Das Lokal gab es seit 1890, ungefähr, aber nur als Weinausschank. Die beiden erwirkten in den 50er-Jahren die Berechtigung, auch Speisen zu verkaufen. 40 Jahre lang verkauften sie vor Ort ihren eigenen Wein von den Castelli, den sie im Keller in einem riesigen Holzfass lagerten und über eine Pipe neben der Küche abzapften. 40 Jahre lang streckte Ada jeden Tag den Rest des Sugo al Pomodoro mit neuen Paradeisern, Wasser und Petersilie. Jeder Teller Pasta, der von ihr serviert wurde, hatte ein wenig Geschichte in sich. Wie gut kann Sugo al Pomodoro schmecken! Olivenöl? Gefehlt! Basilikum? Gefehlt! Knoblauch, Zwiebel, ... gefehlt!
Bei Ada stand die Zeit in jeder Hinsicht still. Radio Vatikan vom Transistor, Sägespäne am Boden, zwei Herdplatten zum Kochen und Gäste, denen sie liebevoll durch die Haare strich, denen sie barsch anordnete, zu warten, die sie erbost weiterschickte, denen sie sich lange nach dem Mittagsgeschäft, ermattet nach der eigenen Mahlzeit, öffnete und ein wenig erzählte. Dann schlummerte sie ein, um für das Abendgeschäft fit zu sein. Freunde von mir wollte sie fortjagen, weil sie einander nach dem Essen küssten ... das war für die gute Ada unmöglich - hui, konnte sie fuchsteufelswild werden ...

Mit jedem weiteren Rom-Besuch steigerte sich unsere Angst, sie nicht mehr vorzufinden. Sie war wirklich alt, aber am Herd war das wie weggeblasen. Ich studierte einige Monate in Rom, war oft bei ihr, genoss die seltenen Momente der Geborgenheit in einer fremden Stadt, und sie freute sich, den Austriaco mit Pasta, Salsiccie und Rezepten zu versorgen. Acht Jahre später kam ich wieder in die Stadt, wieder die bangen Schritte die Via Banchi Nuovi entlang - ist der Rollladen offen oder zu? Und er war wieder offen. Wieder und wieder. Ada schien nicht zu altern. Ich brachte ihr den eigenen, selbst gekelterten Wein aus Stammersdorf - für sie wahrscheinlich irgendwo zwischen Essig und Reinigungsmittel beheimatet, und genoss die Stunden, in denen einfach nichts passierte. Und jeder Abschied wurde so gefeiert, als sei er der letzte. Einmal war es auch der letzte. Beim Rom-Aufenthalt 2009 war der Rollladen unten und die benachbarte Geschäftsfrau bestätigte meine Befürchtung. Nicht nur ich, auch Adriano Celentano und andere Moralisten mit dem Herz auf der linken Seite suchen seither ein neues Wohnzimmer. Wahrscheinlich finden wir eines, aber Ada, Ada in ihrer resoluten Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit, die finden wir nur auf Fotos und in unseren Herzen.

Ada e Alfredo
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