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Die Etruskerküste der Toskana

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AUGE
Wenn man auf der Via Aurelia (SS 1) von Cecina im Norden nach Populonia im Süden fährt, sieht man zur Linken das Meer und zur Rechten den meiner Sicht nach schönsten Landschaftsstrich der Toskana, die Etruskerküste. Hier finden die Berge und Hügel der klassischen, zentralen Toskana ihre ruhigen, pittoresken Ausläufer hin zum Meer. Wie die ausgestreckten Finger einer Hand ziehen sich sanfte Hügelrücken, langsam verflachend, hinunter zu den Pinienhainen, welche das Meer vom Hinterland trennen. Jeweils am höchsten Punkt dieser Ausläufer kauert ein Ort: Montescudaio, Guardistallo, Casale Marittimo und Bibbona. Diese Ortschaften sind zum Teil ausgesprochen hübsch (Casale Marittimo), zum Teil vom Tourismus ziemlich unverändert (Montescudaio). An den Hängen dieser Ausläufer verdichten sich jene Eindrücke auf engstem Raum, welche tiefer im Hinterland viel Fläche einnehmen.

Kleinste Olivenbaumplantagen wechseln einander mit Miniaturweingärten ab, dazwischen liegt ein Fleckerl Brachland, begrenzt von einer Linie Zypressen und versprenkelt durchsetzt von hohen Lorbeerbäumen, Rosmarinhecken und dichten Eichenwäldchen. Weiße und rosa Oleanderstöcke zieren Feldwege und bilden den bunten Rahmen zu der strengen Linienführung der inszenierten Landschaft. Zwischen Casale Marittimo und Bibbona zeigen die Mähdrescher, dass das Mähen eine Kunstform ist und zirkeln fantastisch anmutende, an Hundertwasser erinnernde Spiralenmuster in die flachen Hügel der Weizenfelder. Die zu Rollen geformten Strohballen wirken wie zufällig hingestreut und geben dem Gesamtbild eine einzigartige Verspieltheit. Darüber hinaus sieht man von nahezu überall das Meer, untertags bläulich im Dunst vom Himmel kaum zu unterscheiden. Die Hauptrolle übernimmt es an den Tagesrandzeiten, wenn es am Morgen azurblau und ruhig einen langen, heißen Tag ankündigt und abends die Sonne gleißend widerspiegelt und gemächlich von goldfarben in unterschiedlichste Rottöne wechselnd seine Wirkung entfaltet. Gläubige sprächen von einem Gottesgeschenk.

OHR UND NASE
Die Geräuschkulisse, der Soundteppich, wird von Zikaden gewoben. Verstummen sie, setzen die Tiere der Nacht ein und die Käuzchen machen einsam „Huh“. Die Landschaft, eher ein Garten, lässt all das gedeihen, was Kräuterfreunde am Kutschkermarkt um viel Geld kaufen: Rosmarin“bäume“, Salbeibeete, Minze, Oregano, Lorbeerhaine, Oliven, Feigen, … Kräuterfreunde trifft der Schlag, wenn sie die grünsaturierte Dichte der Basilikumbeete einatmen. Herz, was brauchst Du noch?
Einen Wein!

GAUMEN
Wein gibt es hier in allen Facetten: Von einfachen, aus dem Kanister gezapften Vini sfusi bis hin zu den teuersten Gewächsen des Landes, aus den Gärten zwischen Bibbona und Bolgheri. Drei der fünfundreißig! DOCs der Toskana drängen sich an diese Küste: Montescudaio DOC, Bibbona DOC und Bolgheri DOC. Bei den Weißweinen werden in erster Linie Vermentino und Trebbiano vergoren und abgefüllt – allesamt keine Heuler, bei den Roten haben sich die Sorten Cabernet Sauvignon, Cabernet und Merlot gegenüber dem sonst allgegenwärtigen Sangiovese durchgesetzt. Diese vier Trauben werden in unterschiedlichsten Zusammensetzungen zu unterschiedlichsten Weinen gekeltert. Es gibt Geschmacks- und Aromabomben zu ebensolchen Preisen wie auch leichtere, jedoch oft zu stoffige Cuvees. Der Winzer, der beim Önologen spart, bekommt die Rechnung bitter präsentiert – die klassische Bordeaux-Mischung erfordert viel Erfahrung und Know-how.

Die Strada del Vino verläuft parallel zur Via Aurelia und gehört zu den Genussstrecken, wenn man ohne Helm auf einer Vespa unterwegs ist. Sie schlängelt sich der nur noch ganz leicht welligen Landschaft entlang und mündet bei Bolgheri in der längsten Zypressenallee der Toskana. Beinahe sechs Kilometer lang bauen sich riesige Zypressen zu zwei schattenspendenden Mauern links und rechts der Straße auf. Die Straße führt schnurgerade, stufig bergab zum Meer und ist dadurch eines der meist fotografierten Motive der Toskana.
Gegen Süden rücken die Berge des Hinterlands näher an das Meer, Suvereto, Sasseta, Campiglia Marittima und Castagneto Carducci überzeugen durch Höhe, Meeresblick, Schönheit, und einer fast verwilderten, touristischen Unberührtheit – oder einfach schlichter Ignoranz deren Einflüssen gegenüber.

Die Küche ist unkompliziert und unterscheidet zwei Linien: Tiere aus dem Meer und Tiere aus dem Unterholz. Die Meeresfrüchte tragen Bio-Siegel und kommen in einer Qualität auf den Teller, dass man fast beschämt an das Angebot österreichischer Märkte denkt – und dieses auch in Zukunft nicht mehr annehmen möchte. Wer einmal das Licht gesehen hat ….
Aus dem Unterholz kommen Wachteln, Hasen, Wildschweine, gelegentlich verirrt sich auch eine Taube dazu und alles was nicht auf drei am Baum oben ist, landet in einem Ragout, am Grill oder im Rohr.

Die klassische Toskana im Rücken, das funkelnde Meer vor sich, Duftendes am Teller, Aromatisches im Glas und unglaubliche Ruhe - das Schlaraffenland hat eine Adresse - die Etrusker wussten schon, warum sie dereinst dort geblieben sind.

Gregor Fauma

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Speising sagt

sehr gut

empfohlen am 12.08.10 @ 20:06

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