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Nibelungenhof (Traismauer)
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„Es begann vor etlichen Jahren in der SCS. Ich hatte Durst und ließ mir einen Karottensaft auspressen. Ein Wahnsinn, dachte ich. Um wieviel mehr Geschmacksstoffe man aus einem Stück Gemüse herausholen kann, wenn man nicht reinbeißt, sondern es auspresst.“
Für Rainer Melichar, einen der Lieblingsschüler der zwei österreichischen Küchen-Säulenheiligen Jörg Wörther und Karl E. Eschlböck, war diese an sich recht lapidare Erkenntnis der Beginn seiner Arbeit an der Succowell-Methode. Mittlerweile haben sich selbst Molekularküchen-Apostel Ferran Adrià oder der US-Veggie-Kultkoch Charlie Trotter darüber kundig gemacht. Und ein anderer großer Kollege meinte: „Der Melichar soll eine Wundermaschin´erfunden haben, mit der man die besten Saucenfonds statt in zwölf Stunden in fünf Minuten machen kann.“
Melichar dazu bescheiden: „Die angebliche Wundermaschine ist ein ganz normaler Entsafter, wie man ihn in jedem Küchengeschäft kaufen kann. Was ich erfunden habe, ist eine völlig neue Kochmethode, die geschwinder als alle bisherigen Methoden funktioniert und gleichzeitig gesünder und g´schmackiger ist. Außerdem kann man auch unansehnliche Gemüseabfälle auspressen, wodurch es in der Küche so gut wie keinen Schwund mehr gibt.“ Und der Onkel Doktor freut sich, weil Melichars Gemüse- und Kräuteressenzen so hocharomatisch und würzig munden, dass sie so gut wie kein Salz mehr brauchen.
Der Clou der Succowell-Methode: Durch das Auspressen von Gemüsen, Früchten und Kräutern stellen sich Aromen in Sekundenschnelle ein, die sonst oft stundenlangen Auskochens bedürfen. Voraussetzung dafür ist die Trennung des Saftes vom Trester, der für Brotteig oder Knödel weiterverwendet werden kann. Die Methode ist simpel: Der Saft wird entweder pur ausgepresst oder, bei faserigen Gemüsen oder Kräutern, vor dem Auspressen mit Wasser im Verhältnis 1:5 verdünnt.
Der so von den Feststoffen getrennte Natursucco kann nun bereits als Basis für geeiste Suppen, Marinaden und Sorbets verwendet oder, je nach Bedarf, weiterverarbeitet werden:
- Wird der Natursucco unfiltriert eingekocht, so entsteht eine Aromaessenz, die es mit jeder Kraftsuppe oder Consommé aufnehmen kann. Melichar bezeichnet sie als Naturkraftsucco und verwendet sie vor allem auch zum Vollenden von Aufstrichen und Buttermischungen, oder einfach als „Natursaftl“.
- Wird der Natursucco kochendheiß durch ein Küchentuch oder eine wasserfeste Küchenrolle filtriert, so entsteht Melichars „Feinsucco“, der sich als Universal-Grundfond oder etwa als perfekte Basis für Sulzen und Sabayons eignet.
- Wird dieser Feinsucco noch weiter eingekocht, so entwickelt sich jener vor allem in der feinen Saucenküche beliebte Feinkraftsucco, ein Jus, der Saucen von hoher Aromatik und sämiger Dichte ohne jede Zugabe von Stärke oder Mehl ermöglicht.
Das alles klingt komplizierter als es ist und lässt sich auf Hausmannskost genauso wie auf elaborierte Gourmetküche anwenden. Ob Gulaschsaft oder Sauce Hollandaise auf Selleriebasis, alles entsteht binnen weniger Minuten, bringt die ganze Küche zum Duften und beim Nachkosten den Gaumen zum Singen. Selbstverständlich wird auch in Melichars gutbürgerlichem Landgasthaus nach diesen Prinzipien gekocht. Wer allerdings mehr über die Succowell-Tricks erfahren und vor allem auch wissen möchte, was der frühere Dreihaubenkoch Melichar stilistisch alles drauf hat, der bucht am besten einen Succowell-Kurs, dessen Höhepunkt ein mehrgängiges Succowell-Menü im chic-eleganten, aber nur bei Vorbestellung geöffneten Gourmetstüberl das Hauses ist.
Christoph Wagner
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Es gibt verwunschene Plätze, die in ihrer Verwunschenheit so versteckt sind, dass es einer Fügung bedarf, sie zu entdecken.
Ein solch verwunschener Platz kann sich zum Beispiel hinter den behäbigen Mauern eines Landgasthofes verstecken, wo allerlei Krimskrams und bescheidener Nippes auf dem Tresen häuft, wo über dem Stammtisch ordentlich der Rauch aufgeht und die Familien sonntäglich bei Cordon bleu und gefüllter Schweinsbrust fröhlich sind, und über allem liegen die Augen und das Lächeln der Wirtsleute.
Das Zauberwort aber heißt Menü, mehrgängig, vorangekündigt natürlich, und dann tut sich eine Welt auf, die bei eingehenderm Studium der Speisenkarte schon hätte erahnt werden können, weil nämlich die Linsen zu den Knödeln jene aus Puy sind und auch Sommer- oder Wintertörtchen keine üblichen Standardgerichte sind.
Aber eigentlich öffnet sich erst ein Saal, später erfährt man, dass hier einmal um Hauben gekocht wurde, und die Tische sind fein gedeckt und der Flügel mittendrin ist auch ein feines Stück.
Ja und dann kocht er, der Schwiegersohn, Rainer Melichar heißt er, und es beginnt mit einem Dinkelbrot im kleinen Blumentöpfchen, dazu Paprikapüree von nie gesehener Farbintensität und einem Paprikageschmack, der einen wieder an das Gute in der Landwirtschaft glauben macht, und hauchdünne Radieschenscheiben mit minutiösen Radieschengeleewürfeln.
Secundo: Knuspriger Waller auf Fenchel mit Tomatensauce. Irgendwo war unlängst der Wörthersche Waller gepriesen worden, hier hatten wir einen vor uns, der ebensolch lobende Worte verdient in seiner Dualität aus Knusprigkeit und Saftigkeit und Marzipankonsistenz (danke, F.H.!), aber hatte sich Rainer Melichar nicht mit dem freiwilligen Austritt aus dem Bewertungsspiel auch des ewigen Wörther-Schüler-Daseins entziehen wollen?
Also terzo: Maronisuppe. Ein Fall für Nachschlag. Tolerierbare Verspieltheit - die Suppe im Milchkaffeehäferl, viel Schaum, aber nicht zu viel Rahm, die totale Maronifülle, und erst das Kletzenbrot als Einlage: hauchdünn wie Trüffel hineingehobelt (aber die schwarzen Trüffel sollte man ja gar nicht hobeln und drüberstreuen, wurde mir unlängst kundgetan), ein Zusammenspiel am Gaumen, das nach mehr und mehr und mehr verlangt.
Und so ging es weiter: Hummercrèpe mit Petersilien- und Trüffelsauce, erstere extrem petersilig (zum Geheimnis der Pürees und Saucen kommen wir am Schluss); Kaninchen- und ungestopfte Gansleber mit Romanescosauce, Beispiel für die durchgängige Ehrlichkeit und Grandiosität hier; Lamm mit grazilen Ricottaknöderln auf Sauce von weißen Bohnen (zarte Süße, perfekt passend) und Kohlsprossenblättern; Joghurteis auf Blutorangensorbet - wie es blutorangiger nicht sein könnte.
Die Verblüffung, die einen bei der Erfahrung der Melicharschen Suppen und Saucen und Beigaben und Verfeinerungen überkommt, dieses intensive konzentrierte Puritätserlebnis, verdankt sich einer hauseigenen Entwicklung zur Entsaftung von Obst und Gemüsen, einer Methode also, die den individuellen Einsatz gemäß der eigenen Könnerschaft ermöglicht. www.succowell.at
Vielleicht, könnte man sagen, ist hier ein Können verschwendet, vielleicht aber, und das halte ich für so viel freudiger, ist da ein Können konserviert, das nicht im Lärm von Hauben und Sternen verglüht, sondern sich dem Suchenden und Fragenden öffnet.
Angelika Deutsch
69 Kritiken | Kritik verfassen
kubse, 12.04.12 @ 22:51
Jetzt weißt du, wie es uns normalerweise bei euch geht - da sind WIR sprachlos ;)
succo, 12.04.12 @ 15:19
:)
...uns fehlen die worte... danke!!!
kubse, 11.04.12 @ 23:29
Aus.
Hiermit beende ich meine Kritiken über den Nibelungenhof. Seit Dezember '11 war ich so oft dort, dass sich eine Freundschaft mit dem Ehepaar Melichar-Haimeder entwickelt hat, die es mir unmöglich macht, hier weiter darüber zu schreiben. Ich fahre von nun an nur noch hin und genieße, und das hoffentlich in ungefährem Monatsrhythmus. Was länger dauert, halte ich nicht gut aus. Ich überlege oft, wen ich dorthin bringen kann, nur damit ich einen Vorwand habe hinzufahren.
Das mag alles recht persönlich klingen, aber das ist es schließlich auch. Über das Persönliche, über dieses allumfassende Willkommensein definiert sich hier so vieles, das mit Worten kaum zu beschreiben ist. Wenn der Rainer sich freut, dass jemand da ist, der sich für seinen Wahnsinn erwärmt, dann zaubert er diese Freude eins zu eins auf den Teller. So oft erlebt!
Das Technische ist Part of the Art. Ich hatte das Vergnügen, einer Einführung in die Succowell-Philosophie teilhaftig zu werden, und es IST genial! Anders wäre diese Kunst am Teller nicht machbar, die Rainer Melichar mutterseelenallein auf seinen Metro Camping-Kochplatten (ups, hab ich da was verraten???) zaubert. Mittlerweile hab ich ein bisschen ein Sensorium dafür entwickelt, und nach einem Besuch am Pogusch ist es klar (und vom Stadtpark kommend, auch logisch, weil dort steht es auf den Karten geschrieben), dass auch andernorts Succos gemacht und genützt werden. (Rainer sagt, es sei wunderbar, dass die das so machen, ohne seinen Namen zu nennen, es gehe ihm echt um die Sache. Im ersten Moment schüttelt man den Kopf, aber er meint es wirklich so!
Abgesehn von der Succowell-Technik möchte ich betonen, dass die klassische Koch-Technik des R.M. unantastbar ist. Bei so vielen Besuchen im letzten halben Jahr, bei so vielen verschiedenen Gängen - es war kein einziger dabei, wo kochtechnisch, würztechnisch, gartechnisch nicht alles perfekt gewesen wäre. Die Präzision, abseites aller Ideen, ist einfach unglaublich. Auf den Punkt. Und das betrifft alles, Suppen, kalte Kleinigkeiten, Fisch wie Fleisch, und dann aber erst die Desserts! Achtung, hier werkt ein leidenschaftlicher Patissier!
Es ist eine leise Küche. Das ist mir wichtig zu betonen. Wer a la Carte isst, muss vorsichtig sein, weil das Schnitzel auf dem eigenen Teller (ohh, mmmmhmmm, beste Panier ever!) leicht den ultrafeinen Geschmack der Erbsenknöderlsuppe im Nachbarteller erschlagen kann und man dann denkt, das schmeckt ja nach nix. Aber wie auch bei Gössnitzer: das fast gänzliche Fehlen von Salz bei gleichzeitiger Geschmacksexplosion von Gemüse/Fleisch/Fisch am Gaumen überzeugt, wenn auch die eigene Stille dazu findet... Wenn R.M. ein eigenes Menü gestaltet, bedenkt er das selbstverständlich, wie auch die Aufnahmefähigkeit seiner Gäste. Nie habe ich ein Restaurant so satt und gleichzeitig erholt verlassen!
Jedes Mal Wehmut, weil es schon wieder vorbei ist. Jedes Mal der Gedanke daran, wann ich wiederkommen kann/darf/muss.
Über Elisabeth ist viel geschrieben worden, ich kann es bloß bestätigen. Liebevoller wird man nicht empfangen und betreut werden. Denken die beiden eigentlich jemals ans Geld? 6 Gänge vom jeweiligen Zwergerlschluck (mehr schafft man eh nur mit Gewalt) begleiten zu lassen, kostet pro Kopf 6 Euro für den Wein - das gibt es nirgends! und schon gar nicht in dieser Vielfalt und Qualität. Dennoch sei an dieser Stelle kurz an die ebenso tiefgründigen wie philosophischen Weine des Ludwig Neumayer erinnert, der ein Freund der Melichars ist, ebenso leise und bescheiden, voller Freude und Tiefgang. "Vom Stein" sagt so viel und passt so gut!
Es ist etwas ganz besonderes um all das. Danke dafür!
Killerqueen, 05.04.12 @ 12:53
:-))))
Sollte natürlich "zartes" heißen....
cmling, 05.04.12 @ 00:41
Ein zahres Stück Schweinchen
Ist das ein Kompliment?
+
ø 2.93 Punkte (45x bewertet)
empfohlen am 03.03.05 @ 11:31
Wienerstrasse 23
3133 Traismauer
Telefon: 02783.63 49
Email: office@nibelungenhof.at
Küchenzeiten: tägl. 11-21 Uhr, So 11-14 Uhr
Menüpreis:
Inhaber: Elisabeth Melichar-Haimeder
Küchenchef: Rainer Melichar
Kreditkarten: Visa, Mastercard
Besonderheiten: Gastgarten, Gourmetmenü vorher reservieren
Im Slow Food Führer 2012
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