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Christoph Wagner's Weblog
23.01.04 @ 16:46
Bukaniere
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Bukaniere, leidenschaftliche Piratologen wie ich wissen das, sind karibische Freibeuter, wörtlich Fleischräucherer (fr. boucanier), die ihren ihren Lebensunterhalt durch Jagd auf wilde Schweine verdienten , die sie in Streifen schnitten, räucherten und zu Schiffsproviant verarbeiteten.
Bei meinen Recherchen über die Kulinargeschichte des Burgenlandes ist mir nunmehr ein Gedicht untergekommen, das nachzuweisen scheint, dass es solche Bukaniere keineswegs nur in der Karibik, sonder auch rund um den Neusiedlersee gibt. Ich möchte den Wortlaut dieses Poems der Speising-Gemeinde daher auch nicht vorenthalten. Es heißt:
Bukaniere im Seewinkel
Die Schilfschweine von Zitzendorf stehen unter Gourmets im Rufe vollendeter Zartheit. Schwarzfüßig suhlen sie sich im Morast am Grunde des Sees und massieren ihre zartrosa Haut mit Borstenpinseln aus mannshohen Gräsern,
an denen die schweinischen Hoden sich reiben, bis die Säue grell grunzen.
Zwischen gespaltenen Klauen spannen sich fleischklar die Häute, und daß Schilfschweine schwimmen, macht ihr Fleisch würzig und fest und begehrt
auf den Märkten der Städte, wo sie die höchsten Preise allein deshalb erzielen,
weil es als schwer gilt sie einzufangen, was nur den Besten der Treiber gelingt.
Die Schweinefänger von den Zitzendorfer Wiesen und Weiden rüsten zum Sturm
auf das Schilf des Spätherbsts alljeden Jahres, und voll behangen mit Zangen und Körben und Käfigen, spitzen Lanzetten und Dolchen, Hellebarden, Seilen und Netzen
pirschen sich nah an den Schilfwall die Fänger mit feuchten Lippen vom Furmint,
den sie brauchen, um sich Mut anzutrinken angesichts der Gefahr, die in den scharfen Zähnen des schneidigen Schweins im Schilfgürtel auf sie lauert. So manchem durchtrennte die trenzende Sau schon die zum Fange gespannte Sehne, und abgebissene Fingerkuppen verschluckte der See sonder Zahl in blutrotem Eifer.
Draußen am Rande des Schilfes schürten die Weiber dieweilen mit schnarrenden Tamburizza-Klängen die Kampflust der Männer im Zeichen des Schilfschweins, dessen wollüstiges Grunzen sie mit hektischem Hächeln nachzuahmen versuchten, bis das erste der Tiere sich quiekend in seinen wagemutigen Fänger verbiß.
Dann herrschte Ruhe im Schilfe, bis Treiber johlten und Jäger die Beute sich holten,
die wohlverdiente, im Dickicht. Auf Spießen trugen sie die sie erschlugen, die Schweine des Schilfs, bis zum Rande der Dünung und legten zum Trocknen sie in die pralle Sonne des Heidebodens, wo feist sie zu schmoren begannen im eigenen Safte.
Es ward des Feierns kein Ende und des Trinkens von würzigem Weine und des
Lärms der Tambours und Tschinellen. Senkte sich dumpf nicht Tumbheit über die Stirne mancherlei Jägers? Verquoll nicht in trautem Zweisein im Schilfe die Kraft des dreisten Erlegers wild gewachsener Schweine? Was blieb von der Nacht, waren
Kummer und Zorn, da im Schutze des dunkelnden Walles der Wolken die Bukaniere des Sees sich der unbewacht trocknenden Aase bemächtigten und dabei
saftige Beute einbrachten. Was die anderen erkämpft, blieb nun ihnen, den schmausenden Seepiraten, die in unserer Sprache auch Räucherer heißen.
Mit schnellen Schnitten zerteilten die Räuber das erbeutete Fleisch indes zu saftigen Streifen, die sie erst salzten und dann ein paar Tage in den hölzernen Qualm von Weideruten und anderem Strauchwerk hingen, bis sie die Schweine unter der Totenkopf-Marke zu Markte trugen, als hätten sie selbst sie im Schilfe erlegt.
?????
Wer sich noch intensiver mit der Materie befassen möchte, dem empfehle ich die Lektüre des absolut lesenswerten Piratenkochbuchs von Wolfram zu Mondfeld (Komet-Verlag; ich habe es bei Babette´s erstanden).
Zu Mondfeld vernachlässigt zwar leider den Neusiedlersee, gibt aber dafür tiefe Einblicke in die Ernährungsgewohnheiten der Piraten aller Sieben Meere. Darunter findet man auch das Rezept für ein Boucannier-Schwein, für welches der Autor pro (mittlerer) Schiffsbesatzing 3-4 ganze Schweine vorsieht, die am Spieß über offenem Feuer gebraten werden. Danach schneidet sich jeder mit dem Entermesser ein Stück ab und taucht es in eine Schale mit Pfeffersauce, die aus 5 EL heißem Öl, 5 EL heißem Schweineschmalz und 2 EL Chilipfeffer zubereitet wird. Danach spült man die Sau mit einem großen Schluck Rum hinunter.
Das Schwein und den Rum habe ich schon. Aber kann mir jemand sagen, wo ich ein geeignetes Entermesser erwerben kann?
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23.01.04 @ 01:20
Blaufränkisch
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Blaufränkisch ist ein hündischer Wein. Er bellt, er ist im allgemeinen treu und verlässlich, in Einzelfällen aber auch unzurechnungsfähig. Da überrascht er dann, indem er sich entweder besser aufführt als man es ihm je zugetraut hätte, oder indem er alles zerfleischt, was sich ihm in den Weg stellt. Ein süßer Pinscher kann er sein, und ein Bluthund auch.
Eines ist Blaufränkisch nie: elegant. Selbst wenn er nach Schokolade schmeckt (und das tut er häufig), erinnert er an Mon Chérie und nicht an Valrhona. Sobald man ihm eine gewisse Süße zu entlocken glaubt, meldet sich die Säure zu Wort. Kaum konzediert man ihm Charme, beginnen seine Tannine, kleine Wunden in Mundhöhle und Speiseröhre zu beißen, wie Vampyrfledermäuse, die sich trotz ihres bewundernswerten Navigationssystems in einen finsteren Schacht verirrt haben.
Und trotzdem liebe ich ihn, obwohl ich eigentlich kein Hundenarr bin.

--- 04.09.18 @ 20:56
Über eine Monokultur aus Klonen künstlich geschaffener Lebewesen – über den Weinbau / PICCOLO: Aus einem alten "Spiegel" Artikel 30.10.1978 - Deutsche Winzer ziehen der Biene wegen den Zorn des Waldgängers Wellenstein auf... [mehr]
--- 04.11.17 @ 09:30
Über würdige, reife Weine / schischi: Mein persönliches Highlight - Uns hatte einmal ein Winzer, das muss so um 2010 gewesen sein, einen Weißwein... [mehr]
--- 09.10.17 @ 20:27
Was Chemtrail-Glaube und Biodynamischer Weinbau eint / OberkllnerPatzig: Feuer - Was man womöglich noch hinzufügen kann ist, dass manche Winzer, die sich rühmen,... [mehr]
--- 18.04.17 @ 12:49
Rauf die Preise! / PICCOLO: Schnell kommt man ans Bildermalen... - Doch schwer an Leute die es bezahlen. So salopp sagen, die Preise sollen rauf,... [mehr]
--- 13.10.16 @ 13:42
Rauf die Preise! / Meidlinger12: Beisl - z.b. das Quell kann noch immer das große Gulasch um 6,90 anbieten. Muß aber... [mehr]

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