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01.09.18 @ 17:21

Über mangelnde Ehrlichkeit im Weinbau #biodyn

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Mit unglaublichem Aufwand versuchen manche Winzerin und Winzer, meist in Vereinigungen, ihren landwirtschaftlichen Tätigkeiten ein Öko-Manterl umzuhängen, das aber leider gar nicht erst passen kann. Weshalb, ist hier aufgelistet:

Es beginnt bei der Bezeichnung:
Wenn Wein angebaut wird, spricht man von Weingärten. Bei Weizen und Kukuruz käme niemand auf die Idee, von Weizen- oder Kukuruzgärten zu sprechen. Aber Weingarten klingt romantischer als Weinfeld oder Weinacker.

Was wächst da eigentlich? Und wächst es natürlich?

Die Gattung heißt Vitis, diese hat zwei Untergattungen namens Euvitis bzw. Muscadinia. Euvitis selbst hat rund 60 Arten, darunter Vitis vinifera mit zwei Unterarten: Vitis vinifera sylvestris und Vitis vinifera vinifera. Letztere hat viele Rebsorten, wie wir sie kennen.
Vitis vinifera vinifera wird im Weinbau eingesetzt. Sprichwörtlich eingesetzt, denn von alleine würde diese hier nicht mit ihren Eigenschaften (Pilz- und Reblausresistenz) wachsen, beziehungsweise ist es verboten, diese durch Vergruben oder via Stecklinge zu vermehren. Denn wegen der Reblaus dürfen nur veredelte Pflanzen im Weinbau verwendet werden.

Was heißt das genau: Auf die Wurzel einer amerikanischen Reben-Spezies wird der Trieb einer europäischen Reben-Spezies gepfropft und zum Weitertreiben gebracht. Diese Pflanze, unten amerikanisch, oben europäisch, käme so in der Natur nie vor, geschweige denn, dass sie ihre Eigenschaften weitergeben könnte. Widernatürlicher geht es kaum. Im Tierreich gälte das Aufeinanderpfropfen zweier Arten von zwei unterschiedlichen Kontinenten als moralisch verwerflich. Und doch ist auf einer biodyn-Seite zu lesen, dass man darauf verzichte, exotische Pflanzen zu setzen. Diese Weinbäuerinnen und -bauern lügen sich einfach selbst an.

Zusammengefasst sind die Weinstöcke, wie wir sie zwischen Atlantik und Schwarzem Meer in Reih´ und Glied stehen sehen, allesamt unnatürlich. Es sind künstliche Lebewesen. Klingt hart, ist aber so. Vom Einklang mit der Natur sollte man nicht sprechen, wenn man über Weinbau spricht.


Wein ist kein Lebensmittel.

Er ist für viele ein Genussmittel, für einige eine wohlschmeckende Form, Alkohol zu konsumieren. Über die Kosten und Folgen von Alkoholkonsum brauche ich mich hier erst gar nicht auszubreiten. Die Bilder dazu jedoch passen nicht wirklich zur Begriffswolke aus naturverbunden, Einklang und Respekt.

Monokultur-Landschaften
2017 wurden weltweit rund 7.6 Millionen Hektar Weinreben angebaut (Quelle de.statista.com), innerhalb der EU sind es 3.3 Millionen Hektar, in Österreich rund 45 Tausend Hektar. Weinbau ist per se immer eine Monokultur. Im Unterschied zu Getreiden und anderen stärkehaltigen Nutzpflanzen ist eine Wechselwirtschaft nicht möglich. Wo Wein gedeiht, steht eine Monokultur, und das in der Regel für Jahrzehnte bis Jahrhunderte. Großflächig werden Flussufer mit Wein verbaut, komplette Landstriche durch den Weinbau tiefgehend verändert. Wer hier mit ökologischer Verantwortung wirbt, oder mit Biodiversität oder Respekt gegenüber der Natur seinem Genussmittel ein hübsches Kleidchen verpassen will, hat betriebswirtschaftlich womöglich Recht, aber belügt sich und verkauft seine Kunden für blöd. Ich empfinde das als unerträglich.

Stichwort Biodiversität
Im Weinbau wird mit Klonen gearbeitet. Wer im Biologieunterricht ein wenig aufgepasst hat, weiß, dass Klone das Gegenteil von Biodiversität darstellen. Wohin man auch blickt – in den Weingärten sind sowohl die Unterlags- wie auch die Ertragsreben geklonte Pflanzenteile von zwei verschiedenen Kontinenten.

Ertrag durch Gift
Droht Spätfrost, wissen viele Weinbauern sich durch das nächtliche Anzünden von Strohballen im Weingarten zu helfen. Viel mehr karzinogene Stoffe kann man gar nicht in so kurzer Zeit freisetzen wie bei dieser Methode im Kampf gegen Spätfröste. Ertrag durch Gift - natürlich im Einklang mit der Natur, aus Respekt vor den Kreisläufen des Lebens. Biodynamischer Russ in den Lungen ist sicher etwas Gutes ... Kohlenmonoxide verdienen sich Respekt!

Respekt gegenüber dem Leben
Was für ein schönes Motto. Vitis vinifera vinifera würde ungeschnitten an die 20 Meter hoch wachsen und einen mannsdicken dicken Stamm entwickeln. Diese Pflanze wird aber künstlich klein gehalten, gebogen, gestutzt, ausgebrochen und ihrer frühen Samenanlagen beraubt. Zum Schluss noch eine Prise des hochtoxischen Umweltgifts Kupfer darüber und fertig ist die Gesamtschau zum Themenkomplex Respekt vor dem Leben – im Einklang mit der Natur.

Mein Fazit
Mich persönlich stört das alles nicht. Ich hatte 10 Jahre lang einen eigenen Weingarten, reise fast immer in Weinbauregionen, empfinde Weinlandschaften als etwas Wunderschönes, trinke reichlich und habe überhaupt kein Problem mit künstlichen Pflanzen, Klonen und mangelnder Biodiversität. Womit ich jedoch schon ein Problem habe, ist dieses oft auch noch esoterisch verbrämte Gewäsch bezüglich Naturverbundenheit, Einklang mit der Natur, Respekt vor der Natur und dergleichen. Das geht mit Weinbau schlicht und einfach nicht zusammen. So ehrlich kann man schon sein.

Gregor Fauma

1 Kommentar | Kommentar abgeben

PICCOLO, 04.09.18 @ 20:56

Aus einem alten "Spiegel" Artikel 30.10.1978
Deutsche Winzer ziehen der Biene wegen den Zorn des Waldgängers Wellenstein auf sich: "Diese Knallköppe, die sind wirklich die schlimmsten," Und wieso? Per Rucksackspritze oder Hubschrauber vernichteten sie immer noch und immer wieder mit Insektiziden, Fungiziden, Herbiziden in Massen auch Bienen. Und zwar deswegen, weil es einfach noch nicht begriffen werde, daß die ihre Nahrung neuerdings in Weinbergen suchen. Früher, vor der Herbizid-Zeit, wo sie noch überall in Wiesen und Forst eine uneingeschränkte Vielfalt von Blumen und Blüten fanden, taten die Bienen das nämlich nicht..

Der Rest ist auch recht unterhaltsam, wenn man bedenkt das ist einige Jahrzehnte her .....

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--- 04.09.18 @ 20:56
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