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Christoph Wagner's Weblog

15.02.04 @ 02:41

Aida oder Helena?

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Heute habe ich ein unglaublich saftiges Schulterscherzl mit Cremespinat gekocht. Meine geliebte Frau Gemahlin aß zum Cremespinat lieber Bio-Leberkäse, aber soviel Freiheit muss in einer Ehe möglich sein. Auf den Wein dazu, eine Cuvée Elisabeth von Karl Lagler, konnten wir uns immerhin problemlos einigen.

Schwieriger wird die Sache schon mit der Begleitmusik. Am Samstag gibt es immer zwei Opern, eine auf Ö1, und eine auf Radio Stephansdom, was eine Beziehung zwischen zwei Opernfreunden auf die Dauer schon einigermaßen belasten kann (zumal dann, wenn sie auf Bayern Klasisik, was mitunter der Fall ist, noch eine dritte Oper spielen).

Diesmal trat eine Aida aus Covent Garden gegen eine Ägyptische Helena von Richard Strauss an. Meine Frau liebt Strauss, und ich tue das im Grunde auch. Nur finde ich, dass gerade zum Schulterscherzel Aida einfach die bessere Wahl ist. Das ist eine ausgesprochen opulente, um nicht zu sagen, saftige Oper mit vielen bissfesten Triumphmärschen, deren Protagonisten am Schluss eingemauert werden und den Hungertod erst dann erleiden, wenn man mit dem Schulterscherzl schon fertig ist.

Ich habe da noch eine Aufführung in Erinnerung, mit Luciano Pavarotti und Montserrat Caballé. Hinreißend. Aber mein Mitleid mit den beiden aus Liebe im Grabe Darbenden hielt sich angesichts der rund 300 Kilo, die sie gemeinsam auf die Waage brachten, einigermaßen in Grenzen, dafür konnte ich mit beiden recht gut identifizieren.

Meine Frau votierte dennoch für die Ägyptische Helena, die — das muss ich ihr zubilligen — auch ganz einfach besser zum Bio-Leberkäse passt als Aida. (Noch besser hätte sie zu Cozze alla marinara gepasst, weil in dieser Oper eine singende und obendrein allwissende Muschel eine bedeutende Rolle spielt).

Es begann in unserer trauten samstäglichen Idylle allmählich ein Konflikt zu schwelen, der sich durch die zunehmend kreischender klingende Stimme der Aida jedoch auf wundersame Weise löste. Ich sagte nur: Na ja, Caballé ist sie keine — und schon war meine Frau nach Ägypten zu Deborah Voigt geswitched, einer Primadonna, die wunderschön singt, aber auch keine Leichte ist.

Soviel für heute zum Thema Tafelmusik. (Man hätte die selbe Geschichte auch am Thema Jan Garbarek contra Lenny Kravitz oder Nirvana gegen Hubert von Goisern aufrollen können. Fest steht: Es ist wirklich nicht gleichgültig, was man zum Essen hört, und zwar gleichgültig, ob man gerade ein Schulterscherzl oder einen Bio-Leberkäse verzehrt.)

Abschließende Anmerkung: In den meisten Restaurants hört man leider weder Aida noch die Ägyptische Helena, weder Garbarek noch Kravitz, weder Nirvana noch den famosen Hubert von — sondern immer den gleichen Hitparaden-Schrott mit abgesofteten Bässen.

Doch das ist eine andere Geschichte. Die heutige möchte ich mit einem Aperçu meines verstorbenen Freundes Dr. Peter Breitschopf beschließen: "Klassische Musik zum Essen? — Niemals. Und wenn, dann allenfalls Lanner. Johann Strauß ist bereits zu komplex."

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