Home | Blogs | Christoph Wagner's Weblog | 24.03.04
Christoph Wagner's Weblog
24.03.04 @ 17:51
Schatz, Herz, Karst, Frosch – und eine Bitte
Kommentar abgeben
Sie müssen eingeloggt sein um diese Option zu nutzen. Falls Sie noch nicht Mitglied von SPEISING.NET sind, können Sie sich hier registrieren.
Wer am Postamt von San Dorligo bei Triest nach Olivenöl fragt, dem kann es leicht passieren, dass er in ein langes Gespräch verwickelt wird. Eine der Postbeamtinnen ist nämlich selbst Olivenölerzeugerin, auch wenn sie es, wie sie einschränkt, nur für den Privatgebrauch macht. Aber wo Dein Schatz ist, dort ist auch Dein Herz, heißt es schon bei Matthäus 6,21, oder populärer: wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.
Und die Beamtin hat ein ganzes Maulvoll Olivenöl am Herzen.
Begonnen hat es eigentlich mit dem Olio Celo der Azienda Agricola Sancin in San Dorligo Dolina 360, das längst zu den italienischen Spitzenprodukten seiner Art zählt. Doch mittlerweile ist Karstöl trendy geworden, und man bekommt es in Orten mit seltsamen Namen, die man niemals in Italien ansiedeln würde, wie etwa , in Mackovje, Boljunec oder Kroglje. Ja sogar Hochwürden Boris Pangerc, seines Zeichens Pfarrer von Dolina, presst bereits sein eigenes Öl.
Wer die Olivenöle der Region kennenlernen will, der tut dies am besten in der Locanda Mario (Basovizza, Tel.: 040-22 81 73), einer ziemlich abgeschiedenen Lokalität im einsamen Karstweiler Draga S. Elia, der früher, als noch eine Dampflok hier herauf führte, allerdings auch schon bessere Zeiten gesehen hat.
Doch das ist lange her, und davon kündet nur noch die alte Postkarte, die am Buffet der Locanda verkauft wird, und die einen „feurigen Elias” vor der gleichnamigen Station zeigt.
Als es mit der Eisenbahnherrlichkeit vorbei war, musste Mario, der Gründer der Locanda, sich allerdings mehr überlegen, um Gäste hier herauf, knapp an die slowenische Grenze zu locken, als nur heißen Dampf zu blasen. Seine Wahl fiel auf Frösche und Schnecken, die er früher, ebenso wie die berühmten Wildspezialitäten des Hauses, aus eigenen Beständen rekrutierte, aber mittlerweile aus Brescia bezieht. Dazu gesellt haben sich noch Pferdesteaks und andere Köstlichkeiten, und so hat sich die Locanda Mario allmählich als ein kleines Paradies für Gourmands und Gourmets entpuppt, die mehr als das Übliche und vor allem das Besondere wollen.
Adriana, die schwarz gelockte Bacchantin, die diese Genüsse kredenzt, gebietet auch über einen ansehnlichen Weinvorrat von dem der neugierige Karstwanderer aber keineswegs die Preziosen bestellt, sondern, wie wir, vielleicht einen Dolina Bianco oder Dolina rosso von Kocjancic Rado aus Kogelje, der auch eines der kraftvollsten Olivenöle der Region zustande bringt.
Der Dolina Bianco ist einfach, erdig, schmeckt fast ein bisschen geräuchert und ist, wenn ich das richtig verstanden habe, ein gemischter Satz aus Vitovkska und Malvasia, der – wie auch sein einfaches Etikett unterstreicht - – nicht mehr zu sein vorgibt, als er ist. Er widersetzt sich dem neugierigen Gaumen des Karst-Genießers auch nicht und braucht andererseits auch nicht mit viel önologischem Brimborium gebissen zu werden.
Der Dolina rosso ist ein ebenfalls recht schlichter Rotwein, im Verhältnis zum karstigen Terrán vergleichsweise säurearm und süffig; ein Wein, der einem auch nicht mehr über sich erzählen will, als tatsächlich in ihm steckt.
Beide Weine begleiten ein keineswegs raffiniertes, aber gerade in seiner Schlichtheit denkwürdiges Menü aus einer sehr dottrigen und ziemlich heftig gewürzten Schnecken-Frittata, Spaghetti mit Froschsugo, Schnecken aus dem Ofen, Schneckenragout mit Polenta und einem saftigen Filetto di Cavallo, das wir mit ein wenig geschrotetem Pfeffer und etwas mehr Celo-Olivenöl genießen.
Zum guten Schluss gibt´s einen ziemlich perfekten Espresso Doppio, einen der ortsüblich-scharfen Ginepri und ein Gedicht mit auf dem Weg, das gleich neben dem Eingang prangt:
LOGHI
Stradele Carsoline
Curiose, torzolione
Lasseme scarpinar sui vostri sassi
Fé in modo che no passi
Che ho me passi mai
La voia de vardarme sto mio Carso
Con oci inamorai. (S. Pirnetti)
P.S.: Wer mir eine brauchbare Übersetzung von diesem Poem liefert, bekommt als kleines Dankeschön mein Karstbuch, das im Herbst erscheinen wird.

--- 04.09.18 @ 20:56
Über eine Monokultur aus Klonen künstlich geschaffener Lebewesen – über den Weinbau / PICCOLO: Aus einem alten "Spiegel" Artikel 30.10.1978 - Deutsche Winzer ziehen der Biene wegen den Zorn des Waldgängers Wellenstein auf... [mehr]
--- 04.11.17 @ 09:30
Über würdige, reife Weine / schischi: Mein persönliches Highlight - Uns hatte einmal ein Winzer, das muss so um 2010 gewesen sein, einen Weißwein... [mehr]
--- 09.10.17 @ 20:27
Was Chemtrail-Glaube und Biodynamischer Weinbau eint / OberkllnerPatzig: Feuer - Was man womöglich noch hinzufügen kann ist, dass manche Winzer, die sich rühmen,... [mehr]
--- 18.04.17 @ 12:49
Rauf die Preise! / PICCOLO: Schnell kommt man ans Bildermalen... - Doch schwer an Leute die es bezahlen. So salopp sagen, die Preise sollen rauf,... [mehr]
--- 13.10.16 @ 13:42
Rauf die Preise! / Meidlinger12: Beisl - z.b. das Quell kann noch immer das große Gulasch um 6,90 anbieten. Muß aber... [mehr]

Peter Gnaiger's Sternen-Logbuch --- 04.08.07 @ 20:16
Tischgespräche --- 11.05.07 @ 11:48
Das Gastlog --- 04.09.06 @ 16:45
Das Weinlog --- 25.04. @ 13:29
Christoph Wagner's Weblog --- 04.02.06 @ 13:33
