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Christoph Wagner's Weblog

06.04.04 @ 17:48

Tussitropfen

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Kollege Wolfgang Greber hat in der „Presse" im Rahmen einer TV-Kritik ein paar recht amüsante Aperçus fallen lassen, die ihn zwar nicht unbedingt als Weinkenner, aber immerhin als Weininteressierten ausweisen. Er stellte u.a. folgende Frage:

„Da bringt Ihnen ein Freund, den Sie in Ihre Wohnung eingeladen haben, eine Flasche Chardonnay mit. Was tun Sie nun damit? Legen Sie die Flasche beiseite und leeren Sie sie allein, nachdem der Freund wieder weg ist? Machen Sie si am selben Abend auf und schenken Sie tüchtig ein? Oder heben Sie sie für eine spätere Gelegenheit auf?”

Das alles hatte irgendwas mit Gottschalks Benimm-Show zu tun. Interessant ist jedoch nicht Gottschalks Show, sondern Grebers Conclusio:

„Wer Chardonnay mitbringt, ist ein wahrer Prolo. Diesen Tussitropfen trinkt man sowieso nicht.”

Dieser Satz ist zunächst einmal frauenfeindlich. Nein, nicht die Bezeichnung Tussi stört mich (die soll´s ja wirklich geben, es ist allerdings immer diese heikle Ein- oder Ausgrenzungsfrage, wer genau darunter zu verstehen ist).

Störend ist vielmehr das völlige Übersehen der Tatsache, dass das weibliche Geschlecht in Sachen Weinkultur seit den 60er und 70er Jahren wesentliche Fortschritte gemacht hat. Mittlerweile ist das alte Vorurteil, dass Frauen nur Liebfrauenmilch und andere picksüße Tropfen mögen, nämlich längst überzeugend widerlegt. Und wenn Frauen, ob Tussis oder nicht, nunmehr beherzt zu Chardonnay (aber auch Riesling, Sauvignon etc.) greifen, so sollte man sie dafür loben und nicht tadeln.

Vor allem aber ist Grebers Satz jedoch weinfeindlich. Denn indem er den Chardonnay zum Zeitgeistschlürf herabwürdigt (was er zugegebenermaßen zuweilen auch ist, oder eher schon: war) unterstellt Kollege Greber nicht mehr und nicht weniger, als dass die edelsten Gewächse dieser Welt wie etwa Le Montrachet, Meursault, Corton Charlemagne (oder, bleiben wir im Lande, z.B. auch Tiglat) Tussitropfen seien.

Andererseits: Was ist gegen eine Tussi, die ein paar Kisterl „Le” im Keller hat, schon wirklich zu sagen?

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06.04.04 @ 13:04

Das Schwein der Woche

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Ich weiß nicht, was los ist, aber in meinem Büro gehen die Schweine um, als wenn nicht Ostern, sondern Neujahr vor der Tür stünde. Sie kommen in Form von Speck, Salami, Blutwürsten, Sulzen u.v.m. Sie gehören seltenen Rassen wie Mangalitza, Turopolje oder Schwäbisch-Hällisches an. Sie kommen aus der Steiermark, dem Seewinkel, dem Unterinntal, aus dem Wienerwald, aus Gänserndorf oder gar von der Iberischen Halbinsel Und sie haben allesamt zweierlei gemeinsam: Sie schmecken durchwegs fein — und wollen daher auch aufgegessen sein.

Ihre Züchter wollen selbstverständlich auch noch was anderes: nämlich, dass ich den Geschmack ihrer Schweine öffentlich rühme und besinge. Zu diesem Zweck schicken sie auch hübsche Mappen, CD-Roms mit niedlichen Bildern und kleine Beschreibungen aus dem Schweinealltag („Unser Schwein möchte die Lebenswünsche seiner Schweinekollegen und die Anforderungen des Konsumenten erfüllen") mit.

Ich habe, nicht zuletzt aufgrund der vielen Schweinderl-Fotos, die sich jetzt schon auf meinem Schreibtisch stapeln, schon erwogen, im profil eine Rubrik „Das Schwein der Woche" einzurichten, bin aber wieder davon abgekommen, weil sich davon womöglich auch Nicht--Schweine betroffen gefühlt hätten.

So sitze ich also hier, mitten in der Karwoche, und verkoste Schweinespeck, Schweinefilz, Schweinswürste, Schweinsköpfe, Schweinsklacheln, Schweinsgrammeln und Schweinspasteten. Und daneben beschäftige ich mich mit der erbaulichen Lektüre, die mir die Züchter mitgeschickt haben.

„Die Tiere werden bereits einen Tag vor der Schlachtung vom Gehege abgeholt", lese ich da beispielsweise, „und möglichst schonend transportiert." Da fallen mir die wunderhübschen Schweinefotos ein, die mir meine Fotografen-Freundin Luzia Ellert immer zu Neujahr schickt, auf denen sich süße Ferkel auf bequemen Chaiselongues und in tiefen Fauteuils räkeln.

„Im Schlachthof", so lese ich weiter, während ich ein besonders zartes Stückchen Speck auf ein herrliches Bauernbrot drapiere, „werden alle Tiere gemeinsam in einem Stall untergebracht." Das finde ich ein wenig unzart, denn glückliche Schweine sollten, finde ich, schon Anspruch auf Einzel- oder wenigstens Doppelzimmer haben.

Völlig übereinstimmen kann ich indessen mit dem weiteren Procedere: „Erst nach einer Ruhepause erfolgt die Schlachtung" heißt es da.

Ich jedenfalls, wäre ich ein Schwein, würde mir eine solche Pause in diesem speziellen Fall auch noch gerne gönnen.

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