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Christoph Wagner's Weblog
08.11.04 @ 14:49
The Twilight of the Guides* (1)
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*Für Nicht-Wagnerianer: „The Twilight of the Gods” lautet der englische Titel der „Götterdämmerung."
Jetzt liegen sie also alle drei vor, die „großen Guides”, sprich: jene, die von sich behaupten, jedes besprochene Restaurant auf Kosterherz und Testerniere genau unter die Lupe zu nehmen. Genau das möchte ich, was die Guides betrifft, in meinen nächsten Eintragungen auch tun.
Beginnen wir für heute mit dem Gault Millau, der über einige ziemlich treffsichere TesterInnen zu verfügen scheint, aber, weil deren Mägen eben auch nur beschränkt aufnahmefähig sind, offenbar auch auf HobbytesterInnen zurückgreifen muss, die man (was bei den altgedienten Testern noch der Fall war) vielleicht einmal auf einen Grundkurs zu Christian Millau schicken sollte, bevor man sie weiter auf die Gastronomie loslässt.
Vieles am neuen Gault Millau ist freilich längst fällig und wirklich nachvollziehbar: Dazu gehört vor allem die Wiedererhebung des großen Heinz Hanner in den 18-Punkte-Adelsstand und die (auch wenn SpeisingerInnen wegen inkonsistenter Serviceleistungen nicht ohne Grund anderer Meinung sind) einfach aufgrund historischer Verdienste um eine intelligente und aufgeklärte österreichische Küche fällige vierte Haube für Walter Eselböck.
Mutige, weil unkonventionelle Dreihauben-Entscheidungen wie jene für Mörwald im Kloster Und sowie den Hirschenwirt in Irdning sollen ausdrücklich gewürdigt werden. (Andererseits: Nichts gegen drei Hauben für den Vogelkäfig, auf die ich als Linzer natürlich stolz bin, aber dann hätte man Erich Lukas vom „Verdi” schon auf 18 Punkte aufwerten müssen.) Drei Hauben für Coburg und Meinl am Graben sind zwar nicht besonders mutig, aber so diplomatisch wie weise. Auch den 16 Punkten für das Innsbrucker „Schöneck” kann ich aus vollem Herzen akklamieren.
Manch Kluges findet sich auch in den „Unteren Regionen”, etwa die ernsthafte Mahnung an das neue Küchenteam des „Novelli” , das mir als Co-Autor des „Mittelmeerkochbuchs” naturgemäß besonders am Herzen liegt, doch endlich wieder mehr „Italianitá” (oder meinenthalben: Mediterrané”) zu wagen. Gleich zwei Punkte hinter dem auch nicht wirklich aufregenden „Fabio´s” müsste das Novelli deshalb allerdings nicht liegen.
Von absoluter Sachkenntnis der Tester zeugen die Haube für den „Kaiserlichen Stuhl” sowie die beiden Hauben für das „Unkai”; und auch die 14 Punkte für den „Huth” finde ich sehr sympathisch. Klug und richtig auch, „Vikerls Lokal” zwar „nur” mir 16 Punkten, aber dafür mit einem veritabllen „Drei-Hauben-Text” auszustatten und ihm dadurch zu ermöglichen, weiterhin ein „Wirtshaus” bleiben zu dürfen und kein „Tempel” werden zu müssen. Apropos: Auch Otto Bayers verdienstvoller „Tiroler Hof” in Niederndorf hätte den Sprung über die 15-Punkte-Marke allmählich verdient.
Doch nun zu den weniger schlüssigen Bewertungen: Die hochnoblen 16-18 Punkte für das Salzburger „Ikarus” erklären sich wohl in erster Linie durch den beigelegten Carpe-Diem-Wellbeing-Guide, der von Ikarus-Besitzer Matteschitz gesponsert wird. Das ist allerdings eine lässliche Sünde gegen die - abermalige - öffentliche Heruntermachung einer der besten und verdienstvollsten Köchinnen des Landes: Die Kellerwand, nur weil Sissy Sonnleitner in letzter Zeit zunehmend allem Zeitgeist-Schnick-Schnack adieu gesagt hat und sich wieder auf ihre karantanisch-friulanischen Wurzeln konzentriert, von zwei auf null Hauben zurückzustufen, ist auch dann keine weise Entscheidung, wenn der Zander tatsächlich schlecht entgrätet und der Kaffee lauwarm gewesen sein sollte. Auch auf das immer wieder kehrende Wechselspiel von „Jagdhof”-Belobigung und Jagdhof-Bashing zu Guntramsdorf hat man heuer nicht verzichtet. Das scheint mir jedoch eher eine Testermarotte zu sein als wirklich auf einer nachvollziehbaren Grundlage zu basieren. (Immerhin wurde das „Korso” heuer zur Abwechslung einmal nicht auf vier Hauben aufgewertet, um es nächstes Jahr wieder spektakulär abwerten zu können.)
Während man auf der einen Seite eine „Grande Dame” der österreichischen Küche (immerhin GM-Köchin des Jahres 1990) wiederholter Maßen desavouiert und demotiviert, scheint es andererseits am nötigen pfadfinderischen G´spür für Newcomer zu fehlen: Den „Steirawirt” in Trautmannsdorf, wo mit Johann Rauch ein blutjunger, aber hoch motivierter und sagenhaft talentierter Koch am Werk ist, mit einem gönnerhaft-beliebigen Text und zwölf Punkten abzuschasseln, ist das absolute Gegenteil verantwortungsbewusster Nachwuchspflege. Dasselbe gilt auch für das verhalten-herbe Häubchen für die „Taverne am Sachengang”, bei der ich eher der Meinung unserer User (speising.jpeto.net/restaurants/rund_um_wien/?detail=20336#25901) als der GM-Wertung vertrauen würde. Und wenn man sich so überlegt, was da alles im (inseratenträchtigen) Wellness-Bereich kaum bis unverdienter Maßen mit ein, zwei Hauben durch den Guide segelt, so kommt das magere Häubchen für das „Gasthaus Zur alten Schule” des Großmeisters Manfred Buchinger fast schon einer (bewussten?) Majestätsbeleidigung gleich.
Ansonsten: Viel Gleiches und wenig Neues im Gault Millau 2005, auf den als kulinarischer Reisebegleiter, wenn man ihn richtig zu lesen und nutzen versteht, alles in allem immer noch immer Verlass ist.

--- 04.09.18 @ 20:56
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