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Christoph Wagner's Weblog
11.12.04 @ 19:25
Jeder Döner macht Wien schöner
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Anbei ein kleiner Beitrag, den ich zu einem Symposion verfasst habe, das den Titel „Wir essen nicht wirklich österreichisch" trug:
„Wir leben vielleicht nicht so richtig österreichisch, aber wir essen nach wie vor typisch wienerisch. Wir lieben unser Wiener Schnitzel aus Mailand, unser Gulasch aus Ungarn, unsere geliebten Powidltascherln aus Tschechien, wir freuen uns an der Vielfalt unserer typischen Strudel von Topfen bis Marille, deren Teig freilich dereinst aus arabischen Kreuzfahrerlanden über uns kam.
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, ebenso übrigens wie die Beschreibung jener kulinarischen Invasionen, deren kulturelle Hinterlassenschaften wir heutzutage nicht zögern, regelmäßig als wesentlichen Teil unserer österreichischen Identität abzufeiern.
Kaum etwas beispielsweise steht der unserer „heimischen Mentalität" näher als das echte Wiener Kaffeehaus? Kaum jemand erinnert sich mehr daran, dass der so genannte „Türkentrank" vor noch gar nicht so langer Zeit von Staat und Kirche geächtet war, bevor ihn die industrielle Revolution als unternehmerfreundlichen Muntermacher entdeckte, mit dessen Hilfe sich Arbeitszeiten verlängern und Nächte ohne Probleme durcharbeiten ließen.
Mit durchaus vergleichbarer Feindseligkeit wie den Ahnen des Meinlmohren stand man lange Zeit auch den italienischen Eisverkäufern gegenüber, die sich im vergangenen Jahrhundert unter dem geharnischten Protest der Wiener Zuckerbäckerinnung vor den Stadttoren als Subproletariat einnisteten, um im Prater ihre gesundheitsschädlichen Gelati-Kugeln unter die Wiener Leckermäuler zu bringen. Und wen interessiert es schon, dass der viel besungene Altwiener Mehlspeishimmel ohne böhmische Köchinnen ein leerer Tortenboden wäre? Vom enormen Einfluss, den jüdische Koch- und Backtraditionen Jahrhunderte lang auf die Wiener Küche ausgeübt haben, ganz zu schweigen.
Wie kaum eine andere Regionalküche (das Wort Nationalküche ist mir aus gutem Grund suspekt) wurde die Wiener Küche nämlich aus den Essgewohnheiten von so genannten Kameltreibern, Mandoletti- und Salamutschimännern, Spaghettifressern, Zigeunern und Binkeljuden gespeist, ja man könnte sogar sagen, sie sei von solchen Vorbildern schlicht plagiiert worden, bevor die Plagiate ein Eigenleben zu führen begannen.
Mittlerweile haben diese multikulturellen Vorbilder eindeutig an Facettenreichtum gewonnen, und es wimmelt in der Donaustadt von Curryschmurglern, Frühlingsrollenbratern, Zitronengrasaufspießern, Sushirollern, Tapasverkäufern und Kebabdrehern.
Es gehört also gar nicht soviel prophetische Gabe dazu, heute schon vorherzusagen, wie grantig unsere Enkerln - oder allerspätestens deren Enkerln - reagieren werden, wenn dereinst irgendjemand bestreiten würde, dass „ihr Döner" keine Wiener Erfindung sei. Über die genaue Beschaffenheit dieses Wiener Döners werden bis dahin wohl noch einige Kochbücher zu schreiben sein.
Denn wenn der Wiener eine Speise einmal lieb gewonnen hat, dann ist er besonders heikel."

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