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Christoph Wagner's Weblog
02.06.05 @ 02:47
Mein Essen bei Heinz Hanner
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Wie immer, wenn ich zu Heinz Hanner pilgere, setzte ich auch diesmal meinen spitzen Flanellhut und die dunkle Brille auf , klebte einen wolleweichen roten Rumpelstilzchen-Bart über meinen struppigen Naturbart und schlich mich in die heiligen Hallen von Mayerling, als Kasermandl verkleidet, ein. Und da sich die SpeisingerInnen, wie ich zuletzt den gereimten Ess-kapaden von jamiesolive entnahm, ausdrücklich für meine Geschmackseindrücke interessieren, erstellte ich anbei ein kleines Degustations-Protokoll:
Aperohappen:
Beef Tatar vom Atterochsen (g´schmackig), Schinkenbrötchen, Brandteigkrapferl mit Basilikumcreme (appetitanregend) , Charcuterie vom LandArt-Speck (perfekt wie sein Ruf, aber zuviel Melone); Dreierlei Suppen: geeiste Melonen-Krebsensuppe, lauwarme Spargelschaumsuppe, heißer Morchelcapuccino (vom Feinsten, allerdings schwer zu essen, da ohne Moccalöffelchen serviert; Schlürfzwang); Bockerlspieß mit Entenleber-Cromequis (was Cromesquis sind, weiß man ja hoffentlich, aber den Bockerspieß muss Luis Trenker erfunden haben). Gelierte Minestrone mit Imperial-Caviar. (Wie geliert man eine Minestrone? Ich hoffe nicht mit Gelatine und tippe auf Ochsenschlepp. Wurscht. Caviar auf kaltem Suppengelee gehört zum Besten, was es gibt.)
Gänseleber-Croustillantes mit Hollerblüten und Wildkräutern sowie Salzmandeln und Malaga-Gelee. - Für zart gebaute Esser wäre das Menü spätestens an dieser Stelle zu Ende. Glücklicherweise bin ich nicht zart gebaut und kann, durch den Holler angenehm erquickt und durch ein Hors d´oeuvre von wahrhaft Rudi Kellner´schem Zuschnitt auch wohlig gestärkt, weitermachen.
Atlantikhummer mit Ochsenmark-Tempura, Kalbskopf in Mie-de-Pain, Saubohnen, Kalbsjus und Beurre Blanc. - Schweigen, niederknien, danken.
Goderl vom Waldschwein mit Erdäpfelrisotto und Kümmel-Angelika-Jus - Die Vorstellung, im nächsten Leben als Waldschwein auf die Welt zu kommen, schreckt mich seit diesem Gericht etwas weniger. Erdäpfelrisotto klingt prätentiöser als er schmeckt. Die Frage, von welcher Angelika der Jus stammte, konnte mir der im übrigen äußerst kompetente Service nicht beantworten.
Steinpilz mit Steinpilzpolenta in Lardo mit Rosmarin. - Es lebe der Wienerwald, auch wenn er möglicherweise in Dalmatien oder Nordspanien liegt. Aber hübsch sah das Schwammerlpackerl aus unter der durchsichtigen Hülle, fast wie im Nylonsackerl , nur schmeckte es viel, viel besser.
Dover-Seezunge „Florentine” mit Langoustine und jungem Estragon-Spinat. - Es lebe die britisch-toskanische Freundschaft. Der Fisch siegte in der sechsten Runde dank optimalem Biss durch technisches K.O. über das tapfer parierende Schaltier.
Junge Taube von der Hohen Reith mit Kirschen in Haxlragout und Waldmeister. - Wiederkehr großer Klassik. Sollte die Kirschensaison tatsächlich schon begonnen haben? Es wäre zu wünschen. Im übrigen war die Taube zum Ausrasten gut ausgerastet.
Karree vom Rehbock vom Eisernen Tor mit Fichtenwipfelhonig und Wacholder glaciert, Eierschwammerln und Morcheln, Selleriepüree und Pommes Soufflées. - Reh perfekt gereift mit kühn-aufmüpfiger Gewürzsalz-Kräuterkruste. Und wer dazu solche Pommes Soufflées zusammenbringt, dem schenke ich... mein halbes Königreich.
Ach was, ich hab ja keines.
Käsespezialitäten von Maitre Bernard Antony. - Gibt´s in Österreich nur dreimal: beim Bachler in Althofen, beim Coburg in Wien und beim Hanner. Wer so einen Affineur hat, der braucht keinen... So, jetzt bin ich aber auch schon wieder still.
7 x Geschmack von Grand Cru Chocolats. - Zartbitterer Tribut an den Zeitgeist.
Granité „Le Gin Tonic”. - Das nostalgischste Dessert seit langem. Danke.
Petits Fours:
Schokololly mit Limette, Joghurt-Granatapfelgelee, Grappa-Praline, Rhabarberpraline, Mini-Schaumrolle, Schweineöhrchen. - Süßer Minimalismus in Weltformat.
Dazu tranken wir allerlei Weine von Château Halbturn, die ihren deutlich erkennbaren französischen und deutschen Vorbildern allesamt beträchtlich nahe kamen, ohne sie wirklich zu erreichen. Aber was noch nicht ist, kann, verehrter Herr Karl Heinz Wolf, ja noch werden. Sie sind ja schon knapp dran.
Am Schluss dieses segensreichen Nachmittags setzte ich dann wieder meinen spitzen Flanellhut und die dunkle Brille auf, klebte meinen roten Rumpelstilzchen-Bart noch einmal am Goderl fest und freute mich, dass mich dank meiner Verkleidung als Kasermandl hier draußen in Mayerling wirklich niemand erkannt hatte.
Ja, das Testerleben kann oft ganz schön hart sein.

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