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Christoph Wagner's Weblog

22.06.05 @ 01:47

Der Duft der Frauen

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„Mi pare sentire odor di femmina...!” Don Giovanni kann man glauben. Wer, wenn nicht er, könnte mit schlafwandlerischer Sicherheit den Duft eines Weibes erkennen. Nun mag Don Giovanni ja als Don Juan in Spanien sein Unwesen getrieben haben. Doch in Wahrheit ist er ein ganz und gar mitteleuropäisches Geschöpf. Ersonnen hat ihn der in Vittorio Veneto geborene Dichter Lorenzo da Ponte. Und seine Überzeugungskraft verliehen hat ihm der Salzburger Wolfgang Amadeus Mozart. Das Talent, den Duft der Frauen schon von weitem zu erkennen, dürfte also ein durchaus mitteleuropäisches, vielleicht aber auch mediterranes sein.

Doch dies soll weder eine aromatische noch eine wissenschaftliche Abhandlung werden. Worauf ich hinaus will, ist, dass der Duft der Frauen nicht durch so sehr durch Duftwässerchen und Krinolinen als durch Mutters Rockschöße und Küchendunst gelernt wird.

Kurzum: Der Duft der Frauen ist ein kulinarischer, und er ist es nirgendwo so sehr wie in der Heimat Lorenzo da Pontes und Wolfgang Amadeus Mozarts. In Deutschland dominieren, wie auch in Skandinavien, Großbritannien und Spanien, die Männer den Herd in den Spitzenküchen, Und gäbe es nicht Lea Linster, die Lieblingsschülerin von Paul Bocuse und vielleicht noch Ghislaine Arabian, so würde auch der frankophone Bereich, zumindest was seine Topküchen betrifft, das Prädikat „tout masculin” verdienen.

Während es in den meisten Ländern der Welt also schwierig ist, auch nur eine Handvoll erster Köchinnen aus den diversen Guides herauszudestillieren, so wird man in Österreich und vor allem Norditalien auf geradezu wundersame Weise fündig. Es ist keineswegs Zufall, dass Johanna Maier aus Filzmoos mit ihren vier Gault-Millau-Hauben als „beste Köchin der Welt" gefeiert wird. Vor geraumer Zeit habe ich einmal erhoben, dass allein in Österreich weit über dreißig Köchinnen von den Gourmetguides zu den Spitzen des Landes gezählt werden, darunter so profilierte wie Lisl Wagner-Bacher aus Mautern, Sissy Sonnleitner aus Kötschach-Mauthen, Martina Willmann aus dem Wiener „Kameel”, Susi Böck aus Langenlebarn, Ulli Jell aus Tulln und viele mehr.

In Italien ist die Situation noch etwas anders: Dort gibt es zwar ebenfalls Köchinnen, die man - wie etwa Ami Scabar aus Triest oder Anna Tuti aus dem famosen Aquila d'Oro, persönich kennt. Doch viel häufiger noch als in Österreich hört man auf die Frage, wer denn hier koche, nicht einen Namen, sondern einfach die Antwort: „La Mamma.”

Was die mitteleuropäische Küche mehr als andere geprägt hat, ist also nicht so sehr die Perfektion der martialisch durchtrainierten Köchebrigaden mit ihrer männerbündischen Organisation, sondern die matriarchalisch-autochthone Tradition.

Vielleicht ist es auch genau das, was die Küchendüfte zwschen Wien und Treviso, Salzburg und Venedig so unverwechselbar macht: Nämlich dass sie, viel mehr als anderswo, vom „odor di femmina” geprägt sind.

Was nicht zuletzt auch der große Filmregisseur Joseph Losey erkannt hat, der seine Don-Giovanni-Verfilmung, für die ihm die ganze Welt offen gestanden wäre, sicherlich nicht ohne Grund in der Lagune von Venedig angesiedelt hat.

(P.S.: Alle, die diesen Artikel bereits in der von mir außerordentlich geschätzten Zeitschrift „Papageno" – www.papagenonline.it — gelesen haben, bitte ich, mir den kurzfristige Ennui zu verzehen. Danke.)

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