SPEISING Open

18.12.09 @ 11:15

Das Weltgemüt, ein Patentrezept und der Elisen Lebkuchen

Die Luft ist zwar noch recht lau, doch sanfte Klänge, die sonst des Winters Kälte mildern sollten, wenn der Schnee unter den Stiefelsohlen knirscht, begleiten jetzt die Menschen durch die Konsumkathedralen. Das Christkind wird kommen. Das Weltgemüt ist eigentlich schon seit unvorstellbarer Zeit irgendwie auf Schmalhans Küchenmeister eingestellt, nur der erfinderische Mensch stellt sich ihm mit seiner bis in die Virtualität ausformten Stoßkraft entgegen. Und baut und baut, und das Weltgemüt bekämpft und stürzt die Luftschlösser in die Abgründe. Im Großen wie im Kleinen. Die Menschen sind voll Gram und es scheint, ihre einzigen noch erstrebenswerten Ziele seien friedliche Weihnachten und ein gutes neues Jahr. Man tut so als wäre das neue Jahr ein wirklich unbeschriebenes Blatt, die Altlasten der Vor–Jahre wären mit der Generalinventur gelöscht und alle Schuldigkeit getan, jungfräulich weiß, und bitte ohne Finanzblasen, Konsumblasen die jeglicher Hoffnung dann schlussendlich das Kerzerl ausblasen …

Wenn das Weltgemüt unsere von ihm abgezweigten Gemüter in die kalte Wirklichkeit der Zeit entlässt, dann würfelt wieder so was wie ein Gott. Es wird weiter hoch gepokert, wenig gewonnen zu viel verloren und dann entgleitet es den zupackenden Händen für immer. Das bringt gewisse Leute auf sonderbare Pläne: Es gibt jetzt kleine Metall-Plaketten, die man aufs Handy klebt, damit man gesünder telefonieren kann.

Ein Kochgötze meldet „sein“ Schnitzel, „seinen Sterz“ beim Patentamt. Der Husarensalat einer Großhandelskette, der Jägerrostbraten einer Suppenwürfelfirma und tausende andere Segnungen der industriellen Gourmetküchen sind ja längst gesetzlich vor der brutzelnden Raubkopierer Mafia geschützt und man könnte in Zukunft durchaus wegen der Verwendung einer geschützten Essensbezeichnung eine kostenpflichtige Abmahnung erhalten. Man erinnere sich an den zum „Celebrity–Status“ aufgerückten Verbrecher, dem ein Wirt ein „Fritzl Schnitzl“ widmen wollte, der dann auch postwendend dagegen klagte. Vorsicht auch bei Palatschinken die man „Wraps“ nennt und nachmachen will.

Kreativ zu sein ist eine vergoldbare Ehrensache geworden, die Starköche leben es vor und die Koch „Hillbillies“ im Hinterwald äffen es ihnen nach.

Zu den „geschützten“ Begriffen gehört jetzt auch laut Gastwirte-Zeitung das „Apfelschnitzerl“ eines begnadeten jungen Kochs aus der Oststeiermark.
Wer das „Apfelschnitzerl“ nachmacht oder nachgemachte Apfelschnitzerln in Umlauf bringt …

Ich sehe bereits in meinem Kaffeesatz wie man in großen Städten zur Mittagszeit alle unerlaubt hergestellten Speisen aus den Gastwirtschaften auf einen Platz bringt und mit der Straßenwalze öffentlich plattwalzt.

Es gibt Hoffnung: Um nicht strafwürdig zu werden, schreibt man einfach Schweinsschnitzel mit Apfelkompott und Käse überbacken in die Karte. Dieser Zwitter aus Steak Hawaii und Grafensteiner Äpfeln, markengeschützt, ist mir wie ein Vorbote für Übleres das noch kommt. Kochbücher gibt es ja schon lange keine mehr mit richtig handfesten Speisenbezeichnungen. Die Rezeptur ist Bezeichnung geworden, wie schlau, da gehen sich gut noch 500 Trillionen Bezeichnungen aus.

Das Elisen-Lebkuchenrezept ist ein frühes Beispiel dafür, dass die Dinge des Genusses nicht so sind wie sie eigentlich sein sollten. Denn das ist mit Sicherheit kein echter Lebkuchen, sondern ein Fantasie-Gebäck, das im Zuge der Lebkuchenbäckerei für die Verwertung des anfallenden Eiweiß gebastelt wurde. So wie die Elise eine Fantasie war …
Das Rezept ist kinderleicht und energieschonend.

• 150g Eiweiß und 350g Staubzucker mit 2g Backpulver schaumig schlagen.
• In diese schaumige Masse kommen:
• 40g Orangeat und 40g Zitronat fein gehackt
• 130g geriebene Mandeln und 130g geriebene Haselnüsse

Diese Masse streicht man passend auf runde Oblaten. Die Menge reicht bei kleinen Oblaten für mehrere kleine Backbleche. Man schneidet sich Backpapier in der Größe eines Blechs und kann dieses Gebäck dann nacheinander backen, da die Lebkuchen vor dem Backen ca 1 Stunde rasten sollten. Backen bei niederer Temperatur, ca 100 bis 120 Grad, Ober und Unterhitze.

Wer es noch süßer oder es bunter möchte: Nach dem Backen mit einfacher Wasserglasur bestreichen und nachtrocknen. Diese Glasur ist einfach hergestellt:

Etwa ein Achtel Liter Wasser mit so viel Staubzucker nur ganz kurz verkochen, dass es ein dicker Sirup ist. Warm auf das Gebäck streichen und trocknen lassen. Streusel aller Art können darüber gestreut werden. Fertig.

Ein frohes Fest – und nichts anbrennen lassen!

Burning Börnie

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