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SPEISING Open
16.09.20 @ 14:16
Von wegen im Gleichgewicht
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Ich freue mich über jeden neuen Landwirt und Weinbauern, der auf ökologische Arbeitsweisen umsteigt. Das erfordert Mut, Einsicht und Können. Darauf kann man auch stolz sein und es kommunizieren. Wer den Mehraufwand in der Produktion von Lebens- und Genussmitteln auf sich nimmt, soll darauf hinweisen und damit Marketing machen. Und doch soll die Wortwahl passen.
Es gibt da einen Begriff, der sich in sehr vielen Texten zu biologisch-ökologischen Anbauweisen wiederfindet: Gleichgewicht.
Die Natur wäre im Gleichgewicht. Man müsse die Komponenten im Weingarten wieder ins Gleichgewicht bringen. Das Gleichgewicht als Ziel einer naturnahen Landwirtschaft. Das Gleichgewicht als wesentliche Eigenschaft des Natürlichen. Auch bei uns Menschen wäre ja alles, von Natur aus, im Gleichgewicht.
Das ist falsch und genau das Gegenteil ist richtig: Nirgends sind Gleichgewichte zu finden. Wo ein Gleichgewicht herrscht, verschwindet Leben. Das Gegenteil vom Gleichgewicht ist der Gradient. Und Gradienten, also Ungleichgewichte, sind Grundvoraussetzung für alles Lebende.
Auf zelluläre Ebene gäbe es keine Austausch zwischen den Zellen und ihrer Umgebung, wäre dort ein Gleichgewicht. Keine Reizleitung wäre auf Nervenbahnen möglich, gäbe es dort ein Gleichgewicht. Die Spitzen von Wurzelhaaren können nur deshalb Wasser "ziehen", weil sie für ein stetes Ungleichgewicht zwischen Innen und Außen sorgen. Wärmeströmungen, Wind, Regen ... alles Ergebnisse von Ungleichgewichten.
In ökologischen Systemen "fließt" alles, bedingt durch Gradienten unterschiedlichster Natur. Ein Gleichgewicht bedeutet in der Regel Stillstand - und damit ein absehbares Ende der lebenden Struktur. (Zell-)Atmung: eine Redox-Reaktion, bedingt durch ungleich verteilte Ladungen. Ernährung: Energie wird von einem gebenden System in das andere, nehmende System übertragen. Mehr Nützlinge als Schädlinge im Garten - ein oft gewünschtes Ungleichgewicht, bis der Nützling verhungert, weil er keinen Schädling mehr zum Fressen findet.
In der Natur wird in der Regel ausgebeutet. Nachhaltigkeit ist eine Idee der Menschen - und eine sehr gute noch dazu. Sie könnte unser Überleben sichern. Aber Nachhaltigkeit ist, sorry, nichts Natürliches, denn die Natur plant nicht. Religiöse Menschen sehen das wahrscheinlich anders.
Ich wünsche mir, dass in Zukunft in klugen Büchern über ökologische Landwirtschaft und biologischen Weinbau nicht mehr von natürlichen Gleichgewichten geschrieben wird. Das wäre nur ein Beweis für fehlende Kompetenz in Sachen Ökologie - und damit hätten die Damen und Herren vom Marketing dann bestimmt ein Problem.
Gregor Fauma
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