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Tischgespräche

19.04.07 @ 08:58

Der Weg allen Fleisches

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Auf welche Art auch immer wir uns nähren, uns all die Köstlichkeiten des Lebens und der Küchen einverleiben: ein guter Teil hiervon muss den Körper wieder verlassen, in verdichteter Form – Essenz des Bösen, dessen wir nicht bedürfen, während wir das Gute speichern und zu Besserem transzendieren? Wie auch immer, für dieses Verlassen gibt es so gut wie nur einen Weg, welcher bedingt, dass wir die vollen Tische verlassen und den Weg zu jenem Ort suchen, wo dem eigentlichen Verlassen Platz gegeben wird.

Diese Orte, gern auch Örtchen genannt, (das „still” hab ich nie verstanden), haben ihren jeweiligen Lokalkolorit; der aber muss nicht immer zum sonstigen Ambiente von Gasthaus oder Restaurant passen und wird zunehmend auch als eigene designwürdige Stätte in den Blickpunkt geschoben. Ich für mein Teil benötige keine Wohnzimmeratmosphäre auf der Toilette, mit Rüschenvorhangerl, Polsterstühlchen, ganzer Frisörausstattung und Kosmetiksalonbedarf (vor allem in Landhäusern zu finden) – von schlichtem Weiß bis dunklem, edlen Stein, möglichst geradlinig, vor allem aber funktionell bin ich schon völlig zufrieden gestellt. Wesentlicher als die ambientale Selbstverwirklichungslust von Gastronomen oder Innenausstattern sind mir die essentiellen Details wie Papier- und Seifenqualität! Vor allem letztere: immer öfter fällt mir auf, dass extreme Duftbomben in den Spendern deponiert sind, die erst bei Tisch so richtig explodieren und die weitere Verfolgung des Mahles mit abstrusen Exotikdüften unterlegen, ganz zu schweigen von der Unmöglichkeit, dem Wein noch seine eigentlichen Aromen zu entlocken, weil die Hand am Glas sich so in den Vordergrund drängt.

Mit Rücksichtnahme auf allgemeine Sitte und Anstand, wie sie diesen Weblog ja auszuzeichnen pflegen, geht es diesmal n i c h t um Ihr persönliches Wie, sondern um die wie auch immer gearteten Vergnüglich- bis Unzuglänglichkeiten der den Essensaufnahmestätten angeschlossenen Toiletten – ein mit Sicherheit ergiebiges Thema!

55 Kommentare | Kommentar abgeben

karlheinz, 19.04.07 @ 14:21

das „still” hab ich nie verstanden
ich wohl, wenn ich bemüht war und bin, jegliche politisch nicht korrekte geräuschentwicklung zu vermeiden, und tun wir das nicht alle an dem ort an dem uns schon die seife stinkt?
liebe mazi: schnurrig wäre einmal ein persönlicher wettstreit zwischen uns aromensprintern: wer von uns beiden entflieht dem duftspritzerl schneller? ist es nicht schon eine kishon'sche satyre ob eines der natürlichsten vorgänge soziophobien zu entwickeln? wenigstens ein punkt, an dem ich an solchem orte herzlich über mich lachen kann.
@ Russel: "Hauch von Dekadenz": den hatte ich mit 16, als mir in einem londoner lokal ebensolches - und ich hatte bis dato nichts von einer derartigen devot-servilen einrichtung mitbekommen - geschah; veschämt verließ ich den bathroom, da ich mir das tip in der höhe von mindestens 5 pounds, dass so im körberl lag (wiewohl durch ein silberdeckerl verschämt hervorspitzend verborgen) als solches nicht einmal vorstellen konnte.
aber scheinbar ist das ja nicht umsonst der ort, der auch vom könig frequentiert werden muss.
mahlzeit.

Russell, 19.04.07 @ 12:37

Häusel
ist schon ein wichtiges Thema. Selbst unabhängig vom Essen marschiere ich in fremden Stätten in die teuersten Hotels, um eine angenehme Atmosphäre vorzufinden.
Meine langen Russlandaufenthalte haben unmittelbaren Einfluss auf den Loslassgedanken gehabt, denn anders als im eigenen Hotelzimmer oder in privaten Wohnungen konnte einem nur anders werden.
Doch wenn sich der Mann in einem Restaurant die Nase pudern muss, sollte er nach Hongkong sehen.
Dort gab es im riesigen Speisesaal eines Luxushotels zentral angeordnet die Portale für die privaten Gemächer - mit riesigem Vorraum.
Als ich mir die Hände waschen wollte, ging mir der dort anwesende Chinese ziemlich auf den Wecker, weil er näher und näher kam und sich eingehend für meine Händewaschung interessierte.
In Wirklichkeit wollte er nur den Zeitpunkt nicht verpassen, mir zum richtigen Zeitpunkt formvollendet ein Handtuch zu überreichen.
Ich glaube, dass ich damals glaubte, den Begriff Dekadenz verstanden zu haben.

PICCOLO, 19.04.07 @ 11:09

@kubse und alle - letztes thema..
..es war in OÖ. Es war teuer, aber ich habe mich nicht geärgert. Ich lerne niemals aus. Ich freue mich, wenn ich verwegene Theorien über die Antriebskräfte von Gastronomen bestätigt finde. Es spottete jeder gedruckten Gourmetkritik. Gault Millau, Wirtshausführer usw bitte zu den Eismännern einheizen!! Ich liebe "Slapstick" Satire und treffend, beissenden Spott, ich bin selbst ein Spiegel der Welt...

Über den Abort: Ein Ort höchster Genusskultur!-- melde ich mich später.

mazi, 19.04.07 @ 11:00

Wedeln
Jetzt hab ich sehr lachen müssen - was für ein Thema!!! Ich freu mich auf ein deftiges piccolo posting;-)

Die Seifensache ist eines, die automatischen Duftsprüher ein anderes - einerseits schrecklich, wenn man unerwartet vollgesprüht wird, sobald man die Häusltür öffnet (und fast unmöglich, dem Schwall an Duftnebeltröpfchen durch rasches Aus-der-Toilette-springen zu entkommen - man sagt, es habe sogar schon Bandscheibenvorfälle gegeben...), andererseits so wunderbar, wenn man das eigene Deo vergessen hat: Tür auf, Tür zu, Tür auf, Tür zu.

Ein weiteres Problem: das Abtrocknen. Ist man gewillt, die Hände zu waschen (mit erträglichem Ergebnis der Seifenduftüberprüfung) und nicht das "Didn't wash hands!" Blinklicht draußen auszulösen, wenn man das Örtchen verlässt, muss man sie ja auch irgendwie wieder trocken bekommen. Tropfend zum Tisch? Never ever.

Also: Papierhandtücher. Nicht schlecht, wenn man es schaffen könnte, nur eines oder zwei auf einmal und nicht entweder ein kleines Fetzerl oder aber 127 Tücher rauszubekommen.

Weiters: ein Rollentextilhandtuch. Auch gut. Wenn die automatische Einholung funktioniert und nicht das halbe Handtuch am von wartenden Tropfhänden verschmutzten Boden schleift. Die Variante eines frei hängenden Textilhandtuches ist manchmal durch die Tatsache, dass es bereits steht - vor Dreck - auch nicht anheimelnd genug.

Und: ein Luftgebläse.
Wunderbar, wenn man sich grad einen Fleck von der Bluse gewaschen hat und unter allen möglichen Verrenkungen, aber dennoch durch Trockenpusten das Schlimmste verhindern kann. Schrecklich, wenn es erst nach mehrmaligem Gut-Zureden und voodoozaubermäßigem Wedeln anspringt, dieses xxxx Ding.
Gefährlich, wenn man trockene Haut hat und die Hände dann eine Staubwolke beim Prosten produzieren.

No-No: am eigenen Gewand. Außer man ist mit Kindern unterwegs, am Spielplatz oder so. Da wird Kleidung ohnehin sekundär...

piccolina, 19.04.07 @ 10:17

Ja, ja, die Seife...
Frau Angelika Deutsch hat es so hinreißend beschrieben - die Seife ist das größte Übel.
Im Sommer zieht es uns oft an einen See, ganz in unserer Nähe. Der Kirchturm ist exakt so hoch, wie der See tief ist. In einer Bucht liegt ein großes Haus, das der Besitzer gerne "Schloss" nennt, das es aber nicht sein kann, denn das richtige Schloss liegt darüber... - man darf da Einbildung orten.
Die Preise sind so künsterisch gestaltet, dass die Protestantwort nur lauten kann: "Ich wollte Ihr Hotel mit Gastgarten eingentlich nicht kaufen, ich hatte nur ein einziges Menü!" -
Das wirklich nicht "Stille Örtchen", das man als Neuling erst suchen muss,spät findet, dafür aber das Erdgeschoss gut kennen lernt, ist eine Offenbarung der anderen Art. Den Waschtisch sieht man nicht, man ahnt ihn nur, weil so viel Krimskrams drauf steht. Getrocknete Blumenblätter, die halb verwest undefinierbaren Ungeruch verbreiten, Seifenspender, die wie Senfspender am Würstelstandl aussehen, nur in Weiß, Figuren der "kitchen-art", Waschlappen (???), etwa für den Popowitsch, coram publico? Handtücher aus Stoff, ach, fein. Die Messingklinke an der linken Tür - hübsch - passt nur nicht zum Rest, dennoch zieht man daran... - und hat sie gleich ganz in der Hand. Diagnose? Der Splint war weg - suchen - nicht gefunden. Die nächste Tür. Ganz vorsichtig, damit das Ding nicht auch noch herunterfällt, nimmt man beide Hände - gut gegangen! Der Klodeckel erinnert mich an meine "Rüschchentante", überall Röschen, rosa Rosen, rote Röschen! Wieso ist der Deckel oben? Bin ich versehentlich..., die falsche Tür mit dem "Herren" darauf erwischt? Zurück - nachschauen - Nein! Endlich "Tür zu"... -
Druckspülung?! Ich hasse sie! Denke dann immer an das Malheur im Wiener Westbahnhof, da spülte die Anlage nicht hinunter sonder hinaus - Gott sei Dank, nur "Petite Mal". Protest erfolglos, das Problem sei bekannt, doch nicht lösbar. Ich verlange Warnschilder, damit die weiße Kledage sich nicht in Kniehöhe dunkel färbt!
Zurück zum "Schloss"... - Händewaschen: "Odeur fleur catastophale"! Totblume mischt sich mit Blume, drei Parfumes und ein alter schlechter Duft schummeln sich dazwischen, Hilfe, das ist keine Seife, das ist Nasenmord! Fatal ist, dass ich schon gegessen hatte, ein leises Würgen - nichts wie raus!!!
Bis zum späten Abend konnte ich den Seifen-Geruch nicht loswerden, troz X-maliger Waschungen.
Seit der Zeit habe ich immer eine kleine geruchsarme Seife bei mir, ob auf Reisen oder beim Ausgehen... - und in das Seelokal gehn wir schon lange nicht mehr... -

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