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Christoph Wagner's Weblog

30.01.06 @ 12:17

Reservierungsprobleme

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Ein erbitterter Leser berichtete mir unlängst von tiefer Schmach, die ihm zuteil wurde. Er habe, erzählte er, in einem von mir besonders gut beurteilten Restaurant, per E-Mail einen Tisch bestellt, sei dann mit seinem Geschäftsfreund pünktlich erschienen - und sei aus dem bis auf den letzten Platz gefüllten Lokal dreist zurückgewiesen worden: „Ihre Reservierung ist nicht gültig. Auf unserer Homepage steht doch extra, dass nur telephonische Reservierungen angenommen werden. Können Sie denn nicht lesen?” beschied man ihn.

Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten und auch nicht. Völlig Recht hat er mit seiner Echauffage, wenn er sich über die Art des Umgangs mit seiner Reservierung beschwert. „Können Sie nicht lesen?” sagt man zu keinem Gast, auch nicht zu einem abgewiesenen. Außerdem schmeißt man so jemanden auch nicht einfach hinaus, sondern bittet ihn an die Bar, lädt ihn auf ein Glaserl Sekt ein und versucht ihn zu beschwichtigen oder auf einen anderen, späteren Termin zu vertrösten. Der Gastwirt hat also völlig ungastfreundlich gehandelt.

Auch der Gast hat jedoch seine Fehler gemacht, und zwar nicht nur, weil er die Homepage nicht genau las, sondern weil er die im Geschäftsleben übliche Usance, dass zu einer Bestellung zwei gehören, nämlich einer, der sie aufgibt und einer, der sie annimmt, vergessen hat. Das gilt für jeden Greißler, jedes Internet-Shop und für jeglichen Handel mit Waren aller Art. Wenn ich ein Mail an die Firma Hartlauer schicke, man möge mir doch den Fotoapparat XY senden, bekomme ich ihn selbstverständlich auch nicht, sondern man wird zunächst versuchen, durch eine Bestätigung meine Adresse und die Zahlungsmodalitäten zu klären.

Genau das ist das Problem an der Gastronomie, die ja bekanntlich vom gastrum (dem Magen) und nicht vom Gast kommt. Das Wesen eines Gastes ist es nämlich, dass er eingeladen wird. Das Wesen der Gastronomie besteht hingegen darin, dass er dafür zahlt. Der Gast ist freilich auch bereit, für eine Leistung, zu der er sich ja gewissermaßen selbst einlädt, zu bezahlen. Doch genau darin liegt die Unschärfe im bis heute nicht wirklich geklärten Verhältnis zwischen Gast und Wirt. „Wer zahlt schafft an”, lautet eine alte Weisheit der kapitalistischen Marktwirtschaft. Ein Gast kann aber nicht anschaffen, weil er ja „zu Gast” ist und sich daher auch wie ein Gast benehmen muss (und Gäste bitten, schaffen aber nicht an.)

Es ist also in Zukunft noch einiges zu tun, was die Sozial- und Psychohygiene zwischen Gast und Wirt betrifft. Denn ein gastrum stellt man letztlich doch wesentlich leichter zufrieden als einen Gast.

51 Kommentare | Kommentar abgeben

pilzkopf, 01.02.06 @ 11:26

Interessant!
Leeres Lokal. Zwei Tische mit je einem Herrn besetzt. 3 Kellner 1 Person hinter der Theke. Wir - zwei Leute nach einer langen Wanderung, keine schmutzigen Schuhe. Unsere Kinder (3 und 9, brave stille gute Esser die nicht Pommes bestellen). Nicht reserviert? Tut uns leid bei uns (betóntes UNS!!) müssen(!)´s - das s sehr klein gesprochen.. RESERVIEREN. Das steht sogar im ...!!!
"Wiederschaun"!!! Wir wieder draußen...
Eines der am vielleicht besten gelobtesten Landgasthäuser, Darsteller für heimelige österreichische Familienatmosphäre gastronomisiert versteht sich, bei Falstaff und Profil, Gusto usw... Im Eingangsbereich ein "Walk of Fame" mit goldenen Bierdeckeln und Zapfkaiserlichen Diplommen.. Pickerln von allen Faren,,,Auf Nimmerwiedersehen und es wertet auch die Macher ab....
Bitte an die Speisinger mehr Realismus statt Idealismus...!!

"WIEDERSCHAUN"

fritzthecat, 01.02.06 @ 08:53

piccolo - so ehe ich es auch...
gute, ja beste ansichten, ....aber leider zu wenig, ja keine "speisinger" objektivität für diese meinungen... Die Gastronomie ist wie ein vollbesetzter Zug einer sich verschworenen Gemeinschaft der auf Schienen gegen einen Prellbock - den man schon sieht - mit unverminderter Kraft zufährt... wenige ausnahmen, das sage ich als vielesser und steuerfuchser mit "intimwissen"..

pastinake, 31.01.06 @ 23:01

@profiler
So ist es, der Rest ist Schweigen :-(

profiler, 31.01.06 @ 20:23

@ piccolo
selbst auf die gefahr hin, dass wieder alles in einem unnötigen hin und her ausartet, wie üblich wieder nur die wiedergabe einer selektiven wahrnehmung.

gruss

PICCOLO, 31.01.06 @ 19:27

@pastinake -- Überheblichkeit in der Gastronomie?
Das Thema an diesem Ort zu behandeln ist gewagt. Weil CW schreibt ja über eines seiner Grundprobleme...

Liebe „Pastinake”: Die Überheblichkeit hat wenig mit der unbewussten Rache zu tun. Wie sich die Spitzengastronomie zum größten Teil darstellt ist purer Hochmut. Auf beiden Seiten. Da ist die geschäftstüchtige Lobhudelei aus oftmals ziemlich unberufenem Mund und dort die Dummheit die sich auf ein Fundament von unerfüllbaren Illusionen aufbaut.
Das Ansehen gastronomischer Berufe erleben im Tourismusland Österreich einen nie da gewesenen Tiefpunkt.Nur T- Funktionäre sehen das anders...

Der Grund dafür ist auch die sehr dumme Darstellung des Berufs in den Medien. Im Vorabendprogramm als Volksnaher Brutzel - Depp wo man als junger Mensch echt abgeekelt wird wenn man sieht wer das an den Sachern herumfingerlt.. Dann sieht man hin und wieder das andere Extrem, die so genannte absolute Perfektion, und man hört vom Stress der Köche die wie Spitzensportler werken sollen. "Ohne Kokain kann ich nicht kochen!"

Und wenn man dann noch ein paar Promis aus der Branche kennt, würde sogar ich jeden abraten in deren "Häsern" dem "Patron" und der "Patronne" zu Diensten zu sein. Standard.
Besonders gravierend wirken sich dann auch solche Typen auf das Lebensgefühl der Gastronomen aus, wie der aufgeregte Gast - Kasperl der am Anfang beschrieben wird und das zum anlass nimmt dem CW zu schreiben... Er trifft auf ein gestresstes Personal, das schlecht bezahlt und angefressen ist, weil der Chef die Bude vollrammelt und keine Überstunden zahlt, weil CW ihm im Profil eine Jahrhundert PR gemacht hat, und das will gemünzt werden.

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