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SPEISING Open

13.09.09 @ 22:41

Strebersdorf, Eisenberg und der Aromen-Baukasten

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Eingangs möchte ich mich nur kurz vorstellen:

Mein Name ist Mario Raaber, 42 Jahr alt, gelernter SCO-Unix Programmierer, und nun seit fast genau 10 Jahren in der Gastronomie tätig.
Ich hatte das Glück, immer auf sehr gute Kellner zu treffen, immer in guten Restaurants in Deutschland (3 Jahr auf Helgoland hab echt versucht Österreich wieder zur
Seemacht werden zu lassen!), Schweiz, Dänemark, und der liebe Gott hat mir noch dazu einen guten Gaumen geschenkt.

Die letzten 4 Jahre im Restaurant RieGi-Wien, wo ich als Chef (nicht nur Küchenchef) auf Herrn Harald Riedl traf, und des wars dann: Er hat mir die Disziplin und Konsequenz beigebracht, die mir gefehlt hatten, dafür aber auch gesorgt, dass ich vorzeitig ergraute
(auf "deutsch" er war der GASGEBER, der mich zu einem guten GASTGEBER gemacht hat.

Im letzten Jahr hat er dort nicht nur für sich, sondern auch für das Lokal seinen ersten Michelinstern erkocht, und ich habe die Chance bekommen und genützt, und war auf einmal Oberkellner - Sommelier in so einem Top- Lokal und dabei hatte & habe ich echt Spaß .
Es sei hier nochmals gesagt: Vielen Dank für alles, und das meine wirklich ich ehrlich.

Und eines versprech ich euch, liebe Leser, das war sicher nicht sein letzter Stern!
Jetzt seit knapp einem Jahr alles live zu erleben im RESTAURANT VINCENT, wo seit 1973 der Patron Frank Gruber herrscht, noch ein Gastgeber und Chef der alten Schule (wartet nur bis ich ausgelernt bin, falls das überhaupt möglich ist ...)
Ich bin Wiener (Austrianer!) mit Leib und Seele, d.h. beim Essen und Trinken gibt´s keinen Spaß, sonst ist nichts heilig..
Deswegen und weil ich mit Wein auskenn, darf ich hier auch so schreiben, danke fürs Vertrauen, liebes SPEISING.NET.

Zu Beginn fang ich mal etwas ruhiger an, ergo mit etwas Erfreulichem, sehr gutem Wein und einen guten Tipp für alle, denn, wie gesagt, bei Wein kenn ich keine Freunde und keinen Spaß.

Aber das ist meiner Meinung nach schon das erste Zeichen für einen guten Winzer, denn die wissen eh selbst am besten, ob Ihr Wein gut ist oder nicht. Meiner Meinung nach kann man über Geschmack streiten, aber wenn man sich mit Wein auskennt, kann man schon unterscheiden, ob ein Wein ordentlich gemacht ist und ob Talent dahintersteckt. Ob er dann einem schmeckt, bleibt rein subjektiv.

Wenn Sie nach Strebersdorf kommen, sollten Sie unbedingt zum Heurigen Strauch und den 2005 P.X. Blaufränkisch und den aktuellen Chardonnay des Hausherren probieren. Den ich kenne zwar (noch) nicht, denn die Weine habe ich von einem lieben Stammgast vorgestellt bekommen [by the way Herr M., wann kommens denn wieder mal, hab auch schon wieder einige Gustostückerl, so ist es ja nicht].
Also beim Roten merkst schon an der homogenen Farbe (fast keine Aufhellungen, schönes sattes dunkles Rot) wenn Du Ihn in das Glas füllst, daß er perfekt vinifiziert ist; am Alkoholgehalt von 13 % vol., dass es alte Rebstöcke sind.

Übrigens in Österreich, bei den Rotweinen (da gibt´s ja Einiges zu diskutieren), gibts meiner Meinung nicht viele, die perfekt im Keller arbeiten, was ja keine Schande ist, wenn man bedenkt, dass Barriques, Cabernet (wenns sein muß), gerade mal seit 1986 erlaubt sind. Jetzt weiß man auch, warum die Sache mit dem Konzentrator usw. so oft in die Hose geht, weil die überhaupt erst ein paar Jahre im Einsatz sind. 300 Jahre Erfahrung von den Franzosen, Italiener usw. holst so schnell nicht auf! Aber jetzt zurück zum Thema.

Wunderbarer typischer Blaufränker, riecht nicht nur nach dunklen Beeren - schmeckt auch so, man merkt sofort die alte, kleinbeerige Sorte, nicht die leider dann viel zu oft ausgepflanzte, großbeerige Züchtung mit dünner Schale (eh klar, wegen mehr Ertrag, resistenter, mehr Geld). Typisches Aroma von Heidelbeere, etwas Brombeere und dunkle Kirschfrucht, schmeckt man wunderbar hinten auf der Zunge, ganz genauso wie die mürben Tannine, wie man Sie von guten Sangiovese-Weinen oder vom Eisenberg kennt (falls gut gemacht, aber da kommst mehr vom Boden). Übrigens, kaum zu glauben, probiert´s mal den ganz stinknormalen Zweigelt vom Krutzler 2005! Der liegt meistens irgendwo herum).

Toller Holzeinsatz, weil nicht merkbar, d.h. maximal gebrauchtes Holz, kein Toasting erkennbar, was die Präsenz der dunklen Frucht wunderbar zur Geltung bringt und die ebenso wunderbare Fruchtsüße im Abgang nicht zupickt (nix Vanille, oder gar Röstaromen wie im Scharzbrot wenn zu lange im Ofen ...) einfach reinbeerig frisch, Wienerisch Strebersdorfer Klassik wäre eine gute Bezeichnung.

Wie es halt so ist, setzt sich die Handschrift des Kellermeisters beim Chardonnay fort.
Wie es dieser Rebsorte eigentlich zusteht, entweder Zitrustöne (ala Mersault) oder wie hier schöne engmaschig Haselnusstöne, fast schon Walnuss (wenn er etwas älter wird und die Säure bleibt, kanns noch interessanter werden), durch die nussigen Töne ist die Säure schön eingepackt, der Wein trägt eine nussige Robe über der Mineralik - klingt doch toll, das alles bei gerade mal 12 % vol.- zeigt wieder mal von alten Rebstöcken, meiner Meinung nach.
Tut gut, so einen Chardonnay (Feinburgunder find ich persönlich als guten Ausdruck) in Wien zu finden, vergleichbar mit dem Classic von Wieninger, der aber gerade in schlanken Jahren mit etwas Botryitis aufpimpt um mehr % vol. und Volumen zu bekommen - aber gekonnt und nicht so überertrieben, wie soviele andere.
Also ein geradliniger Chardonnay, der den Ruf dieser Sorte nicht bestätigt, wäre doch eine lustige Aufgabe. Er ist ja sicher die meist vergewaltigste Rebsorte, erinnern Sie sich: Litschi, Orangen, Banane - mit der Sorte schafft man locker den Weißwein Aromakasten, wenn man will ...

Also, liebe Weinfreunde, ich hoffe wir haben in Zukunft viel Spaß, bei uns im Restaurant gibt es alle Weine, über die ich schreibe auch glasweise, wie eh fast alles (denken Sie nicht, ich schreib das nächste Mal über DRC-Burgunder ...)

Euer Oberkellner Mario

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