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SPEISING Open

31.03.11 @ 08:29

Vom Reinen und Unreinen

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Um es allgemein zu sagen: Wenn wir in unserer Zeit das Kochen erlernen, lernen wir physikalisch – chemische Vorgänge die Nahrungsmittel zu veredeln, kennen und ausführen. Kochen wird ein lebenslanges Üben, denn die Voraussetzungen verändern sich täglich. Man macht sich sehr oft „etwas vor“ und glaubt Irrtümer und folgt Irrlehren. Über den eigentlichen „Sinn“ der Arbeit erfahren die Wenigsten etwas mehr als das Nötigste. Man will viele „Knechte“ und wenige Herren. Materiell gedacht. Aber will man es wissen? Gedanklich jedoch könnten viele mehr „Herren“ ihrer Zunft sein als Knechte einer oft fadenscheinigen Weisheit mit schlechten Ergebnissen…. Doch wenn auch die Wissenschaft und Schulweisheit uns Geschichten von der einst total primitiven Menschheit erzählt, die rohes Fleisch und Blut fraß, von Jägern und Säbelzahntiger – Killern und uns so eine Vorstellung vermittelt dass wir Hollywoodfilme a la Conan der Barbar verstehen. – Es gibt Anderes. Noch nicht Gedachtes. Noch nicht Vollbrachtes. Und solches das vor uns liegt, eine Weisheit auf der Straße sozusagen:

Nehmen wir an: Die Kochkunst beginnt für uns irgendwo im Mittelalter Italiens und Frankreichs und wir haben je nach Zeitgeschmack gelernt, sie als luxuriös, feudal, oder arm und bieder zu verstehen. Zuletzt kommt noch etwas neue Welt und China dazu.

Man erlernt in der Berufsausbildung, die Lebensmitteldecke einer Nation oder der ganzen Welt zu benutzen und sie im Rahmen der Gesetze auszuführen. Wird Handwerker, Handwerksmeister, mehr will man nicht. Es werden Mittel bereitgestellt wie sie zeitgemäß sind, um der Wirtschaft zu genügen, und ausreichend vorhanden sind, samt Berechnungsgrundlagen für Energieaufwand und Verwaltungs-Erfordernissen. Essen zubereiten ist heiliger Dienst am Kunden, eine Arbeit gegen Lohn und fast nichts mehr. Und nur dafür stehen uns langatmige Kochbücher Lexika oder bunte Magazine mit Aufsätzen zur Verfügung, der Blick stets auf den „Goldesel“ eingerichtet, was der auswirft..

Es gibt Auswege, schmale Gassen zwar, Mühsal das sich zumindest auch denkerisch für Köche lohnt. So wird man Wolf in der Schlucht, wissenshungrig, wahrheitsdurstig. Man soll ihn immer gehen!
Ich halte die Beschäftigung mit der jüdischen Küche für ein Denkabenteuer in das sich sowohl jeder interessierte Feinschmecker, als auch die Grundweisheit der Kochkunst suchender Koch stürzen sollte. Das hier einfach zu beschreiben ist mir ein Seiltänzer Akt und soll nur ein Hinweis sein, diese interessante Welt selbst zu entdecken.

Das jüdische „Kaschrut“ Gesetz findet sich in den biblischen Altertümern, von Gott selbst dem Moses am Sinai verkündet, lange mündlich weitergegeben, dann von Talmud Gelehrten erklärt. Es ist ja für wie für uns auch für Juden das gesamte Leben ein „heiliges Bestreben“ damit auch das Essen, als essentielle Grundlage des Daseins. Essen als göttlicher Akt, als geheiligtes Bestreben.
Ich halte den Schutz vor der Assimilation mit schädlichen Ernährungsweisen, welche diese „koschere“ Ansicht über Nahrungsmittel bietet, zuerst als das Wichtigste. Hier werden Dinge ausgeschlossen, das ist bei der Vielheit der nahrhaften Dinge, schon mal gut.

Nachmanides, ein Gelehrter des 12. Jahrhunderts lehrt das generelle Verbot vieler Tierarten. Vögel, Säugetiere sowohl als auch Fische, welche durch ihr Verhalten als Raubtiere oder Schmutzverwerter „unrein“ sind uns ihre schlechten Eigenschaften über das Fleisch in den Menschen bringen können. Reine zum Verzehr geeignete Tiere sind keine Raubtiere oder ernähren sich von Schmutz. So wie es Speisen gibt die unseren Körper heilen oder schädigen können, so gibt es im jüdischen Glauben Speisen die unsere Seele ernähren oder vergiften.
Das geht soweit, dass man im Prinzip fast alle Nahrungsmittel die jetzt der wirtschaftlichen „Spekulation“ unterliegen, als unrein einstufen könnte, weil sie die Eigenschaften des „Raubens und Plünderns“ in sich tragen, und daher schädlich sein können.

Von den Säugetieren sind koscher, solche mit gespaltenem Huf, und solche die Wiederkäuer ist. Beide Merkmale sind erforderlich. Kühe, Schafe, Ziegen, Rehwild. Schweine, Hasen, Eichhörnchen, Bären, Hunde, Katzen, Kamele und Pferde sind nicht erlaubt
Beim Geflügel gibt es gut 30 nicht koschere Vogelarten. Alle Raubvögel und Aasfresser. Erlaubt sind alle natürlichen Hühnerrassen, Enten, Gänse, Puten, Tauben.
Wasserlebewesen sind rein und erlaubt, wenn sie Flossen und Schuppen haben, z.B.: Lachs, Hecht, Flunder, Karpfen, Hering. Nicht erlaubt sind Wels, Stör, Schwertfisch, Krebse, Schalentiere, Krabben, alle Meeressäugetiere.
Reptilien sind verboten, außer den Heuschrecken, auch alle Insektenarten.

Das Trennen von Fleisch und Milchprodukten ist eine weitere Vorschrift. Zwischen beiden Speisen muß eine Wartezeit eingehalten werden. Speisen die weder „milchig“ oder „fleischig“ sind werden als „Parve“ bezeichnet und dürfen miteinander verarbeitet werden. Desserts, Fruchtsalate, Getreidespeisen, Eier usw.

Ob ein Tier Koscher ist oder nicht wird durch viele weiter Vorschriften genau bestimmt. Koschere Tiere werden z.B. durch einen geprüften Schächter geschächtet. Mit extrem scharfem Messer, einem gottesfürchtigen Mann, wie es geschrieben steht, streng genau. Von noch lebenden Wesen darf kein Fleisch geschnitten sein, von verdorbenen Wesen ebenso nicht. Daß man von noch lebendem Tier ein Stück Fleisch abschneidet, ist nach jüdischer Ansicht der gesamten Menschheit verboten. Es gehört zu den sieben Gesetzen Noahs, welche für die gesamte Welt Geltung besitzen.

Die sechste Regel Noahs: >Ehre Gottes Geschöpfe!<

Der Legende nach wurde nach der Schöpfung der Mensch ein Bauer im Garten Eden. Mit dem Auftrag, ihn so zu verwalten, daß jedes Geschöpf seiner Bestimmung nach leben konnte. Es war dem Menschen verboten, ein Tier auch nur geringfügig zu verletzen. Erst nach der Sintflut wurde ihm gestattet, das Fleisch gewisser Tiere zu essen, jedoch mit einer ernsten Drohung: Füge niemals einem Geschöpf Gottes unnötige Leiden zu.

Blut ist ein weiteres Thema des „reinen“ Speisens. Es werden die Tiere völlig von Blut und gewissen Geäder gereinigt, ein Verfahren das bis 3 Tage dauern kann. Gewisse nicht zu reinigende Teile werden als nicht koscher verkauft oder zu Würsten verarbeitet.

Es sind viele dieser Vorschriften für den Tierschutz und die Tierhaltung sehr wichtig, sie würden die Massentierhaltung und die Jagd auf viele Tierarten einschränken, die jüdischen Speisevorschriften haben auch einen sehr großen Nachteil wenn es um die Zubereitung geht.
Es gibt wissenschaftliche Erkenntnisse über das Verhältnis von tierischen Eiweisarten zueinander, welche die Gefahren der Vermischung von Milch und Fleisch z.B. widerlegen und logisch sind.

Man kann es leicht fragwürdig finden daß diese Vorschriften beim Zubereitungspersonal sehr ausgrenzend wirken, sind sie doch speziell auf das Judentum bezogen, daher irgendwie unmenschlich, sie verneinen unsere Eßkultur fast gänzlich, denn die Handhabung der zu verarbeitenden Nahrung ist nur Glaubensgenossen vorbehalten. Jeder andere Mensch verunreinigt die Speisen. Dabei wäre gerade diese Lockerung, nicht jüdischen Personen das koschere Kochen zu erlauben, eine große Hilfe für die Verbesserung der Eßkultur hierzulande und in der Welt. Aber man kann es trotzdem machen und sich das was einem gut erscheint und machbar ist angewöhnen.

Aus dem babylonischen Talmud,Buch Kelim fünfter, sechster Abschnitt:

„Ein Ofen aus Stein oder Metall ist rein, jedoch ist (letzterer) unrein als Metallgerät. Wenn er ein Loch bekommen hat, beschädigt worden oder geplatzt ist und man ihn mit Putz oder einem Aufsatz aus Lehm versehen hat, ist er unrein. Wie groß muß das Loch sein? Daß das Feuer durchschlägt. Dasselbe gilt auch von einem Kochherde. Ein Kochherd aus Stein oder Metall ist rein, jedoch ist letzterer unrein als Metallgerät. Wenn er ein Loch bekommen hat,
Beschädigt worden oder geplatzt ist und ihn mit Haltefüßen versehen hat, so ist er unrein. Hat man ihn mit Lehm überschmiert, ob innen oder außen, so bleibt er rein. R. Jehuda sagt, wenn innen, sei er unrein, wenn außen, sei er rein. Hat man auf der Erde drei Haltefüße gemacht und sie mit Lehm verbunden, um darauf einen Kochtopf zu setzen, so ist es unrein. Hat man drei Nägel in die Erde geschlagen, um darauf einen Kochtopf zu setzen, so ist dies, obgleich man oben eine Vorrichtung zum Aufsetzen des Kochtopfs gemacht hat, rein. Hat man zwei Steine mit Lehm verbunden und daraus einen Kochherd gemacht, so ist es wie Rabbi Jehuda sagt, rein, bis man einen Dritten dazu nimmt, oder sie nahe an die Wand setzt. Wenn einen mit Lehm und einen ohne Lehm, so ist es rein.“

Wir wundern uns heute über diese detaillierten Vorschriften, für etwas, das jetzt ganz geringe Bedeutung zu haben scheint. Sie beginnen beim Bau der Küche übers Verunreinigungen durch Berührungen aller Art, richtige Waschungen der Köche und enden im Bezug auf Nahrungsaufnahme nie. Durch sie kann man die einst große Wichtigkeit der Nahrung für die Menschheit erahnen, sie geschichtlich verfolgen und begründen. Diese Vorschriften welche aus einer längst vergangenen Zeit stammen, haben mit geholfen das Leben auf der Welt lebenswerter zu machen. Ihre guten Gebote sind von vielen Kulturen angenommen worden. Es war der frühe Ansatz zu einer Lebensmittel – Wissenschaft der sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht und heute auch in vielen Sparten der Wirtschaft gipfelt …

Euer Burning Börni

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