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Peter Gnaiger's Sternen-Logbuch

30.05.07 @ 20:05

Kavaliersdelikte

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Ich bin gerührt, liebe Speisinger. Die 80er-Marke habt ihr natürlich locker geschafft (Seit meinem Radrennen zum "ad-Tausender" wisst ihr ja: Ich rechne immer die Gesamtzahl der Einträge ;-)) Paris war wie immer eine Wohltat. An jeder Straßenecke ein Bistro, ein Cafe, eine Brasserie, ein Restaurant (jenes von Gerard Depardieu fand ich übrigens Weltklasse, aber dazu später mehr).

Womit wir auch schon beim neuen Thread wären: Es geht - kurz gesagt - um Diebstahl. Und zwar um jene Sorte Diebstahl, die von Gästen immer wieder als Kavaliersdelikt bezeichnet werden. Und ich gebe zu: Auch ich habe schon einmal in einer Pariser Brasserie vor Jahren einen dieser typischen gelben "Ricard-Plastik-Aschenbecher" mitgehen lassen. Weiß der Teufel warum: Aber damals dachte ich, dieser Aschenbecher wäre ein Souvenir, das mir zusteht. So in der Art: Wir haben ja genug Geld da gelassen, da wird der Aschenbecher wohl auch noch drin sein.

Die phasenweise heftig geführte "Kinderdiskussion" (Danke Kubse und Katiza: Ihr seid ein phänomenales Team) führte zu guter Letzt ja auch wieder zu der Einsicht, dass sich Wirt schlecht zu helfen wissen. Beim Diebstahl sind sie in der Praxis nicht selten sogar zum "Zuschauen" verurteilt. So wie der Chef des m32 auf dem Mönchsberg. Er kaufte 300 Espressolöffel zum Stückpreis von 8 Euro. Nach vier Monaten war bereits mehr als die Hälfte weg. Einen der Gäste beobachtete der Wirt sogar, wie er den Löffel eingesteckt hat. Er stellt ihn zur Rede: Der Gast drohte lautstark, die Polizei zu rufen. Seitdem weiß der Wirt: Es ist besser die Leute "fladern" zu lassen, bevor sie so einen Wirbel veranstalten. Vielleicht werden sie ja mal Stammgäste und stecken später nichts mehr ein.

Ein paar weitere Beispiele, was Gäste in Salzburger Wirtshäusern so mitgehen lassen: Kunstbände aus der Bar des "Arthotels Blaue Gans", ganze Gastgarten-Garnituren und Dachziegel (!!!) vom Müllner-Bräu. Ein Salzburger Hotelier hat mitten in der Nacht einen Gast erwischt, wie der mit einem zusammengerolltem Teppich das Haus Richtung Parkplatz verlassen wollte. Einer der schrägsten Diebstähle: Im Klo des Ausflugsgasthofs Daxlueg hat ein Gast an einem Samstag die Spülung ausgebaut und mitgenommen.

Haben Lokalgäste in Österreich bereits eine Art "All Inclusive-Mentalität" entwickelt? Wie sollen sich Wirte eurer Meinung nach verhalten, wenn Sie das "Einstecken" von Besteck, Salzstreuern etc. beobachten? Und liebe Köche und Wirte: Was ist euch schon alles so abhanden gekommen? Bin schon gespannt auf eure Erfahrungen.

45 Kommentare | Kommentar abgeben

kubse, 07.06.07 @ 00:41

Nachkriegsgeneration
Als ich vor mehr als zwanzig Jahren in meine Firma eintrat und gleich mit Reisetätigkeit begann, waren die Mitglieder durchschnittlich wesentlich älter als heute, ich hatte noch mit einigen zu tun, die unmittelbar nach dem Krieg angefangen haben. Und die ein wenig jüngeren dürften es von den Vätern gelernt haben: Wo es was zu holen gibt, stopf die Taschen, so gut du kannst!
Dises extreme "Sparsamkeit" hatte mildere Auswirkungen, etwa dass die Leut mit Inzersdorferdosen im Koffer nach Japan gefahren sind (was den zusätzlichen Vorteil barg, nicht von der dortigen Küche abhängig zu sein), oder dass sie sich bei den Botschafts- und sonstigen Buffetempfängen die "teuren" Sachen wie Shrimps (die ihnen eh nicht wirklich geschmeckt haben) so hoch auf die Teller geladen haben, dass diese auch mal in der Mitte auseinander brechen konnten, bevor der eigene Platz erreicht war.
Es kam aber auch zu Selbstverständlichkeiten, die man durch eine strenge moralische Brille durchaus als Diebstahl bezeichnen konnte: Nicht nur dass die Koffer halbleer die Heimat verließen, um dann prallvoll mit Yukatas, Schlapfen und sonstigen Hotelutensilien wieder nach Hause gebracht zu werden, auch dass beim Frühstücksbuffet die Nutella-, Marmelade- und Honigpackerln sowie Würfelzucker in Halbkilomengen den Speisesaal mitgenommen wurden, war an der Tagesordnung. da ging es nicht um Souvenirs, sondern einfach um Vorräte sammeln. Dabei mussten diese Kollegen sicher nicht mehr Hunger leiden, auch nicht ihre Lieben daheim. Es war ein Zwangsverhalten, das langsam in Pension ging während der letzten Jahre, nur noch vereinzelt ist diese Raffgier zu beobachten. Und das bitte nicht nur in meiner Firma. Es scheint das absolut eine Generationssache zu sein.
Ich kenne Leute, Berufsreisende!, die prinzipiell keine anderen Hausschuhe als die der Intercont- und Hilton (oh, kurze Gedenkminute für die urarme Paris :-(((() -ketten verwenden. Die keine eigenen Handtücher daheim haben, keine gekauften Bademäntel. Die strikt der Meinung sind, das alles wäre dazu da, um mitgenommen zu werden. Sicher, ausgepackte und benützte Hotelschlapfen werden (hoffentlich) entsorgt, also kann man sie genausogut mitnehmen. (Oder kann man die reinigen?) Aber sie nur deshalb jeden Tag frisch aufzureißen, damit man dann das Recht beansprucht, den Koffer damit zu füllen, scheint mir ziemlich "gestrig".

Ich glaube, dass man vieles in diesem Bereich moralisch so oder so auslegen kann. Letztlich muss eh jeder Gast selber seine Entscheidung treffen. Und ich hab auch schon gefladert: Im Sommerdomizil war einmal am Tag der Anreise das Häuslpapier aus, Samstag Abend, noch Dienst, und um am nächsten Tag sch... zu können, hab ich mir aus dem Wirtshauskeller eine Rolle "organisiert". Hätte ich eine Kellnerin fragen sollen, ob ich ihr das Häuslpapier abkaufen kann? Was hätte die gemacht, wenn der Chef nicht in der Nähe gewesen wäre, bzw was wenn schon?

Moral 1 von der Geschicht: Alle Blogs enden irgendwann beim Häusl.
Moral 2: Mit was für Leut' der kubse zsamm kummt, bist deppert!

wineaustria, 07.06.07 @ 00:14

Motorradfahrer = Willkommene Gäste
Lieber motorradlberger,

es gibt nicht wenige Gastronomen, die sich über Motorrad-Klientel freuen und diese als freundliche und genussfreudige Kunden sehen - ich bin einer davon.
Wenn ich allerdings Ihr Kommentar über dumme Wirte, dumme Gäste und Baumarktgeschirr lese, dann fürchte ich, dass meine positive Einstellung gegenüber allen Motorradfahrern etwas überdacht werden muss.
Sie sollten im Gegenzug dazu Ihre, offensichtlich etwas negative Einstellung gegenüber Wirten, auch überdenken.

Grüße - Wineaustria

motorradlberger, 06.06.07 @ 22:46

Als Motorradlfreak
hat man so seinen Ruf. Pauschal gesagt denken viele Wirte wir sind notorische Diebe. Ich kann mir nicht vorstellen all den Plunder zu schätzen den ich so in Gaststätten herumliegen sehe. Blechbestecke? Billige Teller die es in jedem Baumarkt gibt? Einlagiges Klopapier?
Leute die ihn Gasthäusern fladern, sind Deppen haben keinen Geschmack und sind obendrein faul und dumm. Wären sie gescheit würden sie in einem Rolex Laden stibizen. So einfach ist das. Je dümmer der wirt desto dümmer der Gast... Suppenspucker wos sogst aft dazua?

PICCOLO, 05.06.07 @ 14:40

Das gehört alles mir!
Bei kleinen Beisln passiert es , dass die Stammkundschaft behauptet der neue Wagen des Wirts gehöre eigentlich ihnen. Wirte sind die reichsten Leute die man kennt. Also wer dem Wirt was stiehlt hat nichts gestohlen, sondern bestenfalls nur umverteilt. Also holt sich glatt jemand viel seines Bedarfs beim Wirt. Glühbirnen, Handtücher, Hangerln und Klopapier, Spiegel, Blumen, tolle Biergläser usw.. Man gibt das Geschirr nicht zurück und weil man Stammgast ist getraut sich der nicht dannach zu fragen , oder er hat es vergessen... Auch ein all inclusive Ferienhotel hats da besonders schwer, weil das Geschirr immer überall herumliegt. Da fahren die Gäste mit vollen Koffern heim.

5622, 04.06.07 @ 22:21

@epicuria
interessanter einwurf, vor allem das beispiel "steirereck" illustriert den teufelskreis, der von dieser unverfrorenheit in gang gesetzt wird sehr gut.

ich stelle fest: herr reitbauer kennt seine reservier-rüpel inzwischen so gut, dass er einfach überbucht, anstatt sie zurechtzuweisen. wahrscheinlich aus angst, er könnte stammkunden verlieren. damit riskiert er natürlich wegen der wartezeit auch unzufriedene gäste. ganz zu schweigen davon, dass eventuell anonyme tester unter den überbuchten sein könnten, und sich schon aufs abwatschen in der nächsten ausgabe der gourmet-bibel freuen.

"blindreservierungen" scheinen übrigens derzeit ein beliebter volkssport zu sein. das jüngste beispiel aus salzburg: jemand bestellte unter dem namen des "ikarus"-kochs roland trettl am gleichen abend in mehreren toprestaurants tische für jeweils zehn personen. die haben sich zunächst alle sehr gefreut. aber leider musste trettl an diesem abend selbst in der küche stehen.
mit der kreditkartenregel wären diese juxreservierer schnell abgestellt.

die betroffenen köche wussten in dem betreffenden fall natürlich auch schon wieder, aus welcher ecke der "blindreservierer" kommen muss: wieder "irgendein eifersüchtiger kollege".

da kann ich einen meinen lieblingsköche in salzburg gut verstehen, der vor mehr als zehn jahren seine zwei hauben dankend zurückgab. er hat mir gesagt, zwei hauben kann heute jeder idiot erkochen. aber dafür hat er dann auch in der gaststube überproportional viele idioten sitzen, die ihm als möchtegern-gourmets das leben vergällen. wer heute bei ihm reserviert, der kommt sicher (immer wieder) ob mit oder ohne reservierung...

ps: stimmt sonjaaa, wenn ich öfter über khg schreib, krieg ich sicher noch mein idealgewicht ;-))

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