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Antica Trattoria Da Giusi (I - Malborghetto)
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Mit dem Kanaltal beginnt für mich der Urlaub. Es ist jedesmal ein spannender wie entspannender Moment, in das dunkle, meist wolkenverhangene Tal einzufahren und stets mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit zu durchmessen. Endlich Italien. Und noch jedes Mal habe ich geschworen, einmal abzubiegen, stehenzubleiben und die Trattoria da Giusi in Malborghetto aufzusuchen.
Das Da Giusi ist quasi die erste brauchbare Hütte Italiens jenseits der Grenze. Das wissen auch die Villacher und missbrauchen das Lokal als Pizzeria.
Die Ortschaft, Malborghetto, ist winzig und das den Wirten beherbergende Gebäude gibt es schon seit über 500 Jahren. Das kann man von innen her nur noch bedingt erahnen, wurde es leider im vorigen Jahrhundert ein wenig kaputtrenoviert.
Es waren Giuseppina Alsido und Alfredo Domenig, die das Lokal 1986 übernommen und in eine Vorzukunft geführt hatten. Beharrlich kochten sie die Küche der armen Leute, eine Küche, die auf alte, wenig verfeinerte Grundzutaten zurückgreift. Sie konzentrierten sich auf regionale Rezepte und engten damit einerseit ihre Möglichkeiten in der Gestaltung ein, aber öffneten sich dadurch andererseits einen Zugang, alte Aromen in die Neuzeit zu holen. Damals! Sie kochten in der Vorzukunft und sahen zu, wie schön langsam Slow Food, terra mater und die durch medial breit gestreuten Rufe nach Rückbesinnung auf eine neue Regionalität um sie herum wie Nachzügler versuchten, aufzuholen. Sie waren längst angekommen.
Das erkannten auch recht bald die Medien und das Da Giusi wurde intensiv gefeatured und als Speerspitze einer neuen Restaurantelite gefeiert.
Davon merkt man nichts, wenn man vorfährt und das Lokal betritt. Nichts Ungewöhnliches fällt einem auf, nichts deutet auf das Spezielle, Besondere hin. Eher das Gegenteil schien mir der Fall.
Die Kellnerin wollte uns gleich in den schick renovierten Speisesaal führen, da wir aber die einzigen Gäste am Nachmittag waren und ich ein Schankraumhocker bin, verweigerten wir und setzten uns zur Bar, quasi an den Stammtisch. Gute Entscheidung, so war es möglich, ein wenig vom Dorfleben und Tratsch mitzubekommen und mit dem Patron zu plaudern.
Die Speisekarte ist dick. Es gibt Weltkriegmenüs, Napoleon-Menüs, Adeligen-Menüs usw. usf. ... es ist anfangs gar nicht leicht, sich zu orientieren oder gar zu erkennen, wo man die für das Da Giusi typischen Gerichte findet. Wir fanden sich nach einer Weile und orderten:
Ein Antipasto misto, bestehend aus Schinkenspeck, Bauchspeck, Sasaka (Lardo-Verhackertes) und Schwarzbrot mit fermentiertem Ricotta (7.50).
Nicht bestellt aber typisch für die Küche: Gerstensuppe mit Fisolen, oder auch mit Sasaka abgeschmalzene Mehlnocken.
Rindsgulasch mit Polenta: fantastisch mürbes Rindsfleisch, intensiver Paprikageschmack und fast 5 mm Fettspiegel. Die Polenta dazu massiv, urtümlich (10.50).
Wildschweingulasch mit Polenta: ähnlich dem Rindsgulasch, aber deutlich pikanter, herrührend von frischen, recht scharfen Paprikaschoten.
Sensationell: Ein Gericht von der historischen Napoleon-Karte, nämlich Gnocchetti della Fortezza. Diese Gnocchi werden aus geräuchertem Ricotta und Forelle gestochen, sind mehlig dicht und schwer. Überzogen sind sie mit Heidelbeeren in einer Art Heidelbeerobers. Und nach kurzem Wundern über die Kombi Fisch-Heidelbeere entsteht eine Gier, die schweigend genießend Gnoccho für Gnoccho vom Teller verschwinden lässt. Ganz ganz großes Geschmackskino! Nachgefragt, ob das ein historisches Rezept sei, antwortete der Wirt, dass es ihre Erfindung ist. Sie haben es halt ausprobiert und für gut befunden (6.50).
Die Tortelli dell´Arciduca, mit Hirschragout gefüllte Nudeltaschen zu 6.50 waren ebenso von anderer Art als erwartet. Der Nudelteig, grün vom Spinat, war fest und kernig - von seidiger Geschmeidigkeit weit entfernt, dafür war die Fülle deutlich feiner, irgendwie nobler, als ich es von Hirschfülle erwartet habe. Die kommt in der Regel recht derb daher.
Es liegt am Mehl, das im Da Giusi verwendet wird. Alte Getreidesorten, biologisch angebaut, und von Hand gemahlen - das lässt Gnocchi und Pasta deutlich dichter und gehaltvoller werden, hochkompakte Energielieferanten für Menschen, die zu ihrer Zeit hart arbeiten mussten und als Ernährung wichtiger war als Kulinarik.
Ein paar Worte zum Brot, das beim Coperto dabei ist. Drei Sorten, hell-mittel-dunkel, und das Mittlere hat für mich den Vogel abgeschossen. Ein Traum von Brot, knusprige, dünne Rinde und süchtig machende Schmolle .... getreidig, hefig, rauchig, leicht sauer ... ich hätte nicht mehr zum Essen gebraucht als dieses Brot mit ein wenig Butter (das ist natürlich gelogen, liest sich aber gut). Sie backen das Brot selbst, haben quasi im Lokal eine Pizzeria, wo abends die Villacher ihre Pizzen bestellen und wo vormittags das Brot gebacken wird.
Für das Da Giusi werde ich noch öfters im Kanaltal abbiegen, das war schon imponierend.
Gregor Fauma
empfohlen am 31.08.12 @ 14:36
Via Bamberga, 19
33010 Malborghetto Valbruna
Italien
Telefon: +39.0428.60014
Ruhetag(e): Mo, Di
Küchenzeiten: Mi-So 9-14 und 17-22 Uhr
Menüpreis:
Inhaber: Alsido Giuseppina
Besonderheiten: Betriebsurlaub die letzten zwei Juni- und die erste Juliwoche.
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