Orpheus (Wien)
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Griechische Küche und Feinschmeckerei harmonieren meist nicht recht miteinander. Vielleicht ist es der harzgeschwängerte C-Schicht-Haugoût, der gestandene Gourmets angesichts der Hellas-Küche die Nase rümpfen lässt, vielleicht ist es auch die Erinnerung an Legionen von kohlrabenschwarzen Grillfischen, die Griechenland bislang die Aufnahme unter Kulinarnationen wie Italien, Frankreich oder Spanien verwehrt hat. Lediglich Eckart Witzigmann brach erst unlängst eine Lanze für die Kreta-Diät, die mir freilich nach wie vor dubios bleibt: Mein letzter Kreta-Urlaub kostete mich jedenfalls in zwei Wochen vier Kilo plus und erwies sich als einziger Diätfehler. —
Aus Kreta stammt allerdings auch Lefteris Dermitzakis, dessen „Orpheus” es in den letzten Jahren ziemlich überzeugend gelang, zu Wiens Nummer eins in Sachen griechischer Küche aufzusteigen. Das ist vielleicht mangels ernsthafter Konkurrenz nicht weiter schwer, dennoch hat sich dieser Orpheus als trefflicher Barde seiner Botschaft bewährt, die da lautet: „Eine Küche ist immer so gut wie die Qualität ihrer Grundprodukte.” So gesehen sind die „orphischen Mysterien” in der Spiegelgasse auch gar nicht so mysteriös, sondern wurzeln in hauchzarten Calamari aus Patagonien, Oktopus und Sepia aus tunesischen und Rotbarben aus marokkanischen Gewässern sowie steirischem Bio-Lamm und Waldvierter Bioschwein.
Weniger mysteriös als vielmehr recht kreativ geht es auch in der Küche zu, die neben den üblichen griechischen Klassikern auch inspirierte Gerichte wie Paidakia-Lammkoteletts mit Minzöl und Polenta-Basilikumschnitte, Branzino in der Kürbiskruste oder Pitakia-Teigtaschen mit Wild- und Gemüsefüllung serviert. Auch der Mythos, dass griechischer Wein mehr mit Udo Jürgens als mit Parker jun. zu tun hat, wird unter tätiger Mithilfe des früheren Wagner-Bacher-Sommeliers und jetzigen Weinhändlers Hubert Fohringer überzeugend widerlegt, der zwischen Peloponnes und Santorin etliche recht beachtliche Kreszenzen aufgetan hat.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass die Lokalität des „Orpheus” in der Wiener Gastronomiegeschichte ein durchaus mythischer Platz ist. Hier eröffnete 1926 Alador Pataky sein „Ungarisches Weinhaus”, das bis in die 70er Jahre als „Wiens bester Ungar” galt, und dessen ebenhölzerne Logen und schmiedeeiserne Lüster dem „Orpheus” seinen durch eine im Designerstil gehaltene Bar äußerst anregend kontrastierten architektonischen Charme verleihen. Eines stimmt an der „orphischen Philosophie” des Hauses indessen nicht: Die griechische Orphik ist nämlich davon überzeugt, dass die unsterbliche Seele des Menschen nur durch Askese vom Körper erlöst werden kann. Und asketisch ist dieser „Orpheus” nun wirklich nicht.
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empfohlen am 31.01.04 @ 15:24
Spiegelgasse 10
1010 Wien
Telefon: 01.512 38 88
Fax: 01.512 38 88
Email: office@restaurant-orpheus.at
Küchenzeiten: Täglich 12-22.45 Uhr
Menüpreis:
Inhaber: Lefteris Dermitzakis
Kreditkarten: Visa, Mastercard, Diners Club
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