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Steira Wirt (Trautmannsdorf)
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Mittlerweiler ist Richard Rauch ein Darling, ein Star der Branche, und sein "Wirtshaus" seine Bühne. Mit Recht. Er fährt die große Show (wiewohl man auch die kleine buchen kann, so richtig Wirtshaus halt): Gedeck, viele Grüße, dann die neun Gänge Menü, dann noch das berüchtigte "Minzblättchen" hinterher.
Die Atmosphäre ist locker, die Beleuchtung funselig, mir war das Licht den ganzen Abend über unangenehm. Möglicherweise eine Abwehrwaffe gegen ambitionierte Foodies, die ihre Gänge unbedingt fotografieren wollen. Entweder hell oder Kerzenschimmer, e basta ;-)
ANKUNFT 18 Uhr
Gedeck
Braune Butter, Blütensalz / sensationeller Johann-Schinken / Brot (natürlich hausgemacht)
18:20 Uhr / Grüße, jeweils Zitate der typischen Gerichter der Umgebung
- Ein Kürbismousse mit Verjus, Melone und getrockneten Kürbistrebern: unfassbar gut.
- Ein Karottenbaiser mit Muschelfleisch, Yuzucreme und dem Pilz Buchenrasling
- Eine Bohnencreme mit Speck und Grammeln knusprigst als Krokant darüber, nebst geröstetem Roggenbrot
- Bluttommerl mit Grammeln, Zwiebeln und Sauerrahm: ein schwebend leichter, fluffiger Bisquit, blutgetränkt und sensationell aromentief - möglicherweise das Highlight des Abends.
- Ein Cous-cous mit Brokkoli, einer Avocadocreme, darüber Topinamburschaum und noch ein wenig Romanesco.
19:30 Uhr / Rote Rübe im Salzteig mit Roten Rübenschaum, dazugelöffelter Kalbskopfvinaigrette und geeisten Himbeeren. Dazu Dazulöfferln als Stilmittel kommt noch öfters. Für mich ein Mega-Erlebnis. Nicht das Dazulöfferln (why that?), sondern die Kombination von tiefgekühlten Himbeerbeeren mit den erdigen Aromen der Rübe. Eisigfruchtige Frische kicks erdigen Rübenass - so geht Rock'n Roll am Gaumen.
20 Uhr / Amurkarpfen mit Kürbis, Miso-Zitronenschaum, geröstetem Oktopus und dazugelöffeltem Zitronenverbenenfond. Oktopus und die Welt ist gut, so auch hier. Die Zitronenverbene und der Karpf gehen eine hübsche Liaison ein, das war gut.
20:20 Uhr / Wurzelfisch, ein Saiblingsfilet mit Kalbszunge, Semmelkren, Wurzelgemüse und dazugelöffeltem Räucherforellenfond. Hatte nach dem Rüben-Himbeer-Wahnsinn keine Chance aufzufallen.
20:50 Uhr / Gänseleber im Mohnkrokant, dazu Kohlsprosse und Wacholder-Gewürzkuchen. Nicht ich, aber LaGattin redet seither von nichts anderem. Und sie hat damit recht.
21:20 Uhr / Lammbackerl mit Mole, Rotkrautsalat, schwarzen Ribiseln und Wintereierschwammerln. Sehr zart, sehr knackig, schön säuerlich ... da war Kirmes am Gaumen - sehr fein.
21:50 Uhr / Lammrücken mit Bohnen, Mandelölschaum, Leinsamen und Rosmarinfond. Einzigartige Qualität beim Fleisch, sorgsamst gegart und mit spannender Knusperness der nussigen Leinsamen ... top as can be.
22:20 Uhr / Affinierte Käse von Bernhard Gruber, Chutney, Früchtebrot, Schüttelbrot
23:15 Uhr / Gestockte, aufgebrochene Tannenwipfelcreme mit Elsbeeren, Sandorn, Hagebutten, Haferflocken.
23:45 Uhr / Kleine Naschereien: S; Kürbis-Macarons; Vanille-Pannacotta; Lychee-Granité; Gurke; Weißer Kokosschaum; Brandteigkrapferl; Zitronen-Vanillecreme, Kokos
00 Uhr / Dessert von Zotter-Schokolade, Birne und Tabak. Sportgummi aus Quitte und Rotem Weingartenpfirsich-Ingwer
01:15 Uhr / Abschied
A few more words:
Sieben Stunden, fast einen Arbeitstag lang, durchgehender Genuss. Daher kann ich zu den Desserts und dem Käse auch nichts mehr schreiben. Es war zuviel.
Was mir nicht so gefiel: Die sehr breiten Tische und die daraus resultierende Distanz zu den Freunden. Das Licht, das sich wie eine zähes Fluidum um alles im Raum legt. Die Näpfe: Ich esse lieber von Tellern; den Trend zum Napf, wenn auch aus Porzellan, kann ich nicht nachvollziehen. Die steirische Dauerbeschallung.
Was mir gefiel: Bei diesem Dauerfeuer an sehr komplexen, Bestandteil intensiven Gerichten blieben doch einige sehr in Erinnerung. Die Rüben mit den gefrorenen Himbeeren, das Bluttommerl, das Kürbismousse mit Melone. Das Spiel mit Texturen, mit schönen Kontrapunkten.
Und wie so oft nehme ich mir vor, beim nächsten Gourmet-Restaurant nicht das 9-gängige Degustationsmenü zu ordern, sondern mich mit 5-6 Gängen zufrieden zu geben. Ich verkrafte dieses Genusstremolo nicht. Und die Wirtshauskarte mit all ihren Innereien, die muss ich einmal von Nord nach Süd durcharbeiten, unbedingt!
Gregor Fauma
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Der Meister schrieb 2008:
In der Top-Gastronomie ist schon seit einigen Jahren ein Trend zurück zu köstlichen Schweinereien zu bemerken. Vor allem Zutaten wie Schweinskopf, Backerl, Zunge, Haxerl, Blunzen oder Spanferkel scheinen die Kreativität der Meisterköche besonders zu beflügeln. Der Grund dafür ist, dass immer mehr bewusste Landwirte und Züchter sich von der Massenware distanzieren und auf Qualität, artgerechte Haltung und stressfreie Schlachtung setzen.
Einer von ihnen ist der Trautmannsdorfer Koch Richard "Ricci" Rauch, der gemeinsam mit seinem metzgernden Vater 600 "Johann"-Schweine naturnah auf 80 ha Waldboden hält. "Das sind 140 Quadratmeter pro Schwein", lächelt der junge Südoststeirer. "Wer von uns hat schon soviel Wohnraum zur Verfügung?"
In Fachkreisen gilt Richie Rauch längst als "Schweinepriester". Erst unlängst wurde er von Slow Food Italia eingeladen, im Mantueser "Teatro del Gusto" eine Riesensauerei anzurichten. Rauchs Repertoire ist freilich auch eindrucksvoll und reicht von Bluttommerl mit saurer Suppe über lauwarmes Züngerl mit Roten Rüben und Hax'n mit Käferbohnen bis zu Gesurtem Backerl mit Topinamburgersteln oder Grammelnusseneis mit Mangogelee und Passionsfrucht. "Die Italiener waren begeistert", erinnert sich Riccis Schwester und "Steirawirtin" Sonja Rauch. "Übrigens auch die Italienerinnen: Louis-Vuitton-Täschchen und Saubackerln sind dort längst kein Gegensatz mehr."
Was die Zubereitung der Schweinereien betrifft, ist Rauch, der unter anderem bei den Brüdern Obauer und Christian Petz in die Schule gegangen ist, Traditionalist und Avantgardist zugleich. Um sein Bratl weich und zart, aber gleichzeitig cross und knusprig zu kriegen, kombiniert er beide Stile: Er vakuumiert das Schweinsbrüstl und gart es in Folie 12 Stunden bei 80° C im Rohr. Dann legt er das Fleisch mit der (erst jetzt eingeschnittenen) Schwarte nach unten in eine mit reichlich Fett gefüllte Teflonpfanne und brät es dort solange, bis die Schwarte so richtig kracht.
Christoph Wagner
+
ø 3.14 Punkte (7x bewertet)
empfohlen am 25.08.04 @ 20:00
8343 Trautmannsdorf 6
Telefon: 0 31 59.41 06
Ruhetag(e): Mi
Küchenzeiten: 12-14.30, 18-21.30 Uhr
Menüpreis:
Inhaber: Sonja Rauch
Küchenchef: Richard Rauch
Kreditkarten: Visa, Mastercard
Besonderheiten: hauseigene Fleischerei und Biolandwirtschaft
Im Slow Food Führer 2012
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