Wachauerstube (Unterloiben)

Gerald Diemt, dem Patron des Hauses, ist zu danken. Er hat es tatsächlich geschafft, diesem Patina schwangeren Wirtshaus, das im früheren Leben eine Labstelle für Radtouristen war, nachhaltig neues Leben einzuhauchen. Er beließ das Urige und sorgte mit ein paar modernen Einsprengseln für die notwendige Frische. Ein wunderschönes, altes Gasthaus mit entzückendem Gastgarten, von dem aus sich die so herrlich über die buntest gekleideten RadfahrerInnen aus aller Welt lästern lässt - so man ein Haltungsthema hat ;-)

Drinnen knarzt der Boden, die Schank ist umwerfend schön und der große Speisesaal ist mit ausreichend Gespür renoviert worden. Die Speisekarte ist lokal orientiert, ohne dabei den Blick über die Landesgrenzen zu vergessen, das gilt auch für die Weinkarte. Dogmen sind etwas für Engstirnler.

Speisen der vergangener Monate:
Tellersulz vom Spanferkel mit krachend knusprigen Grammeln versehen, gebackenes Bries, Blunzentascherln mit Szegediner Kraut oder Kalbszunge mit Rahmfisolen. Manche Speisen bekommen einen international, jugendlichen Touch verpasst, so wie zum Beispiel das Beef Tatar Thai Style, das Limettenlachs-Teriyaki oder ein Butterfisch mit Wokgemüse. Veganer freuen sich über marinierte Eierschwammerln mit Vogerlsalat und Käferbohnen, Fischfreunde finden unter den Vorspeisen eine gebeizte Lachsforelle mit Marillen, Ziegenkäse und Radieschen. Zur knusprigen Pfannen-Blunzen wird Tegernseehof-Weinkraut serviert, die Kalbszunge mit Rahmfisolen. Und wer Wachau sagt, muss auch Marillenpalatschinken oder Marillenknödel sagen, beides natürlich auf der Karte vertreten. Aber auch das Backhendl hat in der Wachau große Tradition, das gibt es immer am Freitag. Am Samstag bekommt man dafür ein Wachauer Mostbratl mit Erdäpfelknödeln, am Sonntag gibt es dann das ofenfrische Schweinsbratl mit Sauerkraut und Knödel.

Speisen vom Oktober:
Dicke Scheiben einer Flusskrebsensulz, drei zart bis derbe Wildleberpralinen, Leberknödelsuppe aus dem Reindl gegossen, die Königin aller Paprikahenderl dieser und vergangener Welten (in der Pfanne serviert), Schweinswiener, Ochsenwangerl, ... es war eine Riesenfreude, hier zu essen und zu trinken. Es ist schlicht ein hochsinnliches Erlebnis, ohne große Überraschungen, aber voll tiefer Zufriedenheit.

Die Weinkarte ist hoch erfreulich: Die Wachau wird in allen Facetten präsentiert, es gibt ein breites Angeboten an Jahrgängen, Winzern und Klassifizierungen. Schön, dass es auch darüber hinaus Top-Wein gibt – so zum Beispiel den so geliebten Riesling Gaisberg 2010 vom Weingut Hirsch im Kamptal. Aber auch Freunde bundesdeutscher Weißweine werden hier verwöhnt, ich sage nur 2015 Goldbächel, Dr. Bürklin-Wolf, Pfalz. Internationaler wird es bei den Rotweinen, da ergänzen Gewächse aus dem Bordelais, der Bourgogne, ein Barbaresco, Barolo und ein Brunello die Roten aus dem Burgenland. Auch hier keine Dogmen, sondern einfach guter Geschmack.

Ein Wochenende in der Wachau ohne dieses so herrliche Gasthaus - undenkbar.

Gregor Fauma

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