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Das Weindreieck an der March

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Der sich vom Westen aus nähernde Mensch vermutet gerne, dass der Wein von Wien aus links hinauf weiß und rechts hinunter rot sei – darüber hinaus aber nichts mehr wäre, kein Österreich mehr und schon gar kein Wein. Umso verblüffter wird er sein, wenn er entdeckt, dass weder Welt noch Weinberge hinter Wien ein Ende finden, im Gegenteil, nach der scheinbaren Endlosigkeit des Marchfeldes mit Gemüsefeldern, Starkstromleitungen und in immer gleichen Gewerbegebieten endenden Straßendörfern plötzlich sanfte Erhebungen mit akkuraten Rebzeilen von ganz anderen Aktivitäten berichten. Gleichzeitig tauchen aber auch die Baumkronen der Marchauen auf, der Horizont geht plötzlich nicht mehr gegen unendlich, sondern stößt an die Kleinen Karpaten: hier gab es tatsächlich vor nicht allzulanger Zeit ein Ende, und heute noch liegt eine verwaiste Abgeschiedenheit über der Gegend.

Rochuskapelle
Rochusberg
Mannersdorfer Riede

Wein und Gärten

Man muss ihn sich schon erarbeiten, dieses südöstlichsten Zipfel des Weinviertels, er kommt einem nicht selbstverständlich entgegen. Vielmehr sind es die architektonisch wenig erbaulichen Türme der Lagerhäuser, der „Interventionsgetreidelager“ der EU, wie sie heute so griffig heißen, die als erster Blickfang den namensgebenden Ort der Großgemeinde Angern zieren. Ein wenig verwaschen wird in dieser organisationspolitischen Maßnahme das Profil jener Dörfer, die darin auch zusammengefasst sind: Mannersdorf, Ollersdorf und Stillfried wachsen bereits aus der Ebene heraus, schmiegen sich an und in die Weinhügel und suchen ihre Identität zunehmend im Wein. Das ist gar nicht so einfach, denn während im übrigen Weinviertel der Veltliner als Leitrebsorte gilt, so haben hier neben dem „Grünen“, wie er kurzerhand genannt wird, sowohl Welsch- als auch Rheinriesling ihren markanten Stellenwert, dazu kommen der Gewürztraminer und recht viel versprechende Versuche im Rotweinbereich.

Auch klimatisch unterscheidet sich der Landstrich nahe der March entscheidend vom übrigen Weinviertel. In einem Halbkessel gelegen, im Norden und Westen durch einen Eichenwaldgürtel von den Nordwinden geschützt, im Osten von der March begrenzt und ihrer Nebelfeuchte bestimmt, öffnen sich die Lagen weit gegen Süden. Daraus ergibt sich eine Ausprägung der Weine, die jener des Carnuntum oder gar des Nordburgenlandes weit mehr ähnelt als der des Weinviertels. Heiße Sommer lassen die Trauben intensiver reifen, die pannonischen Winde sorgen für eine gute Durchlüftung der Laubwände. Die Säuregrade liegen immer etwas niedriger, dafür aber diejenigen der Reife höher; statt vordergründiger Fruchtigkeit und Frische sind die Weine voller und runder und auch in schwächeren Jahrgängen von Extraktreichtum gekennzeichnet und verfügen sie über beträchtliches Alterungspotential. Die durch die Marchnähe regelmäßig in die Weingärten einfallenden Herbstnebel sorgen für eine schöne Ausbildung von Botrytis und lassen so auch köstliche Prädikatsweine aus Welschriesling, Riesling und vor allem Gewürztraminer entstehen. Einen nicht unwesentlichen Anteil am Sortiment dieser kleinen Region haben die Rotweine; auch bei diesen zählt weniger die üppige Frucht als vielmehr eine eindrucksvolle Struktur zu den Stärken; elegante Cuvées mit internationalen Rebsorten sind keine Seltenheit.

Der Reichtum an Rebsorten ist historisch bedingt: immer schon gab es gemischte Weingärten, in denen auch Neuburger oder der als gute Speisetraube eher bekannte Graue Portugieser wuchsen. Es war aber Lenz Moser, den familiäre Beziehungen in diese abgelegene Gegend brachten, wo er mit Vorträgen zur Umstellung auf die Hochkultur direkt in die Entwicklung des lokalen Weinbaus eingegriffen hatte und neuen Qualitätsrebsorten das Wort redete. So wurden Rheinriesling und Gewürztraminer ab den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts hier heimisch und gelangen mittlerweile zu eindrucksvollen Qualitäten; das explizite „Rheinriesling“ in Sprache wie auf Etiketten erklärt sich aus der seit jeher gebräuchlichen Kurzbezeichnung „Riesla“ für den Welschriesling (er neigt gerne zum Ausrieseln), weshalb eine genaue Unterscheidung vonnöten war.

Die Böden sind von einer kräftigen Löss-Lehmschicht bestimmt, Richtung Ollersdorf sorgen sandigere Lagen für eine feine Mineralität in den Weinen. Das hervorragende Wasserhaltevermögen der Böden ist im allgemein trockenen Klima, aber besonders in Extremjahren ein Segen. Dennoch wurden einige Weingärten auf dem Kapellenfeld mit einer Tröpfchenbewässerung ausgestattet; der Reifeunterschied der Trauben in Zeiten von möglichem Trockenstress ist sicht- und schmeckbar.

Wein wird hier vornehmlich im Nebenerwerb gemacht oder ist Teil einer gemischten Landwirtschaft neben Rüben und Getreide; so sind auch die Rebflächen keine durchgängigen, sondern immer wieder unterbrochen von Äckern und Feldern. Und bei einem Spaziergang über den Anhöhen von Ollersdorf gelangt man auch zu einer jener kleinen Ölsonden, die erst in Richtung Prottes vielzahliger werden.

Aus dem touristischen Blickwinkel

Weithin sichtbar thront die jüngst renovierte Rochuskapelle über der Landschaft, auch des nachts in weiches Licht getaucht. Als eines der seltenen Beispiele italienischer Renaissance nördlich der Alpen gilt sie als Wahrzeichen der Region, war 1638 als Pestkapelle errichtet worden. Der Ausblick von dieser Anhöhe reicht rundum und weit: über die Marchauen hinüber in die Slowakei bis zu den Erhebungen der Karpaten, Richtung Süden quer über das Marchfeld bis zum Hainburger Braunsberg, und bei guter Fernsicht wird gar der Schneeberg sichtbar. Gleich nebenan erstreckt sich der Mannersdorfer Kellerberg, in seiner Anlage keineswegs vergleichbar mit den sonstigen Kellergassen. In sieben übereinander angeordneten Reihen liegen die 127 Weinkeller verteilt, die dazwischen wachsenden Akazienbäume verströmen zur Blütezeit, die immer zwei Wochen vor der Weinblüte liegt, großzügig ihren honigsüßen Duft und machen diesen Platz zu einem ganz besonders idyllischen –für Tagesausflüge wie Weinfeste. Einige der Weinkeller sind, zu Monarchiezeiten etwa im Besitz von Slowaken gewesen, heute herrenlos und äußerst preiswert zu erwerben: der Weinbauverein des Ortes ist an einer Bewahrung und Pflege des Kellerberges sehr interessiert. Schauweingarten, Weinlehrpfad und eine ensprechende Fläche für Veranstaltungen sind in Planung.

In nördlicher Richtung ragt hinter den wieder leicht abfallenden Weingärten die Stillfrieder Wehrkirche hervor, auf einer Anhöhe über der Ortschaft und in Reichweite der Kellergasse erbaut. Die Ortschaft selbst liegt am Fuße der Hänge in Richtung March und ist vor allem als Zentrum für die Ur- und Frühgeschichtsforschung bedeutsam; ein eigenes Museum beherbergt die wertvollen Funde. Auf dem Plateau gleich hinter der Kirche erstreckt sich eine Ringwallanlage, deren Entstehungszeit 3000 Jahre zurückliegt. Und neueste Traubenkernfunde, die ebenfalls in die Bronzezeit datiert wurden und damit die ältesten Österreichs sind, zeigen, dass die Vitis Vinifera schon lang vor den Römern hier heimisch war. Als Weinbauort geht es hier ruhiger zu als in Mannersdorf oder Ollersdorf, markante Namen fehlen (noch).

Eine geruhsame Fortbewegungsart, die auch den Blick auf die zahlreichen Details der Landschaft wie Marterln oder Riedenbezeichnungen ermöglicht, ist jene per Rad. Der Traminerradweg führt, vom Donauradweg kommend, direkt nach Ollersdorf und umschließt ebenso Mannersdorf und Stillfried; auf dem neu errichteten Marchdamm, der nach dem großen Hochwasser von 2006 nun für nachhaltigen Schutz sorgen soll, ist ein weiterer Radweg im Entstehen. Ebenso hier vorbei führen die March-Panorama-Route und der Fernradweg Kamp-Thaya-March; auf diesem gelangt man bis nach Schloss Hof, dem markantesten touristischen Zentrum der weiträumigeren Region.

Das von Prinz Eugen erbaute und später von den Habsburgern erweiterte Schloss erstrahlt nunmehr in alter Pracht, die barocken Gärten konnten originalgetreu wieder hergestellt werden, der Besucher hat auf dem gesamten Schlossareal ungehinderten Zutritt. Auf dem Geländer der Meierei sind traditionelles Kunsthandwerk, Landwirtschaft und Tierhaltung in das Alltagsleben mit einbezogen, da ergibt sich schon einiges an Attraktionen für die ganze Familie, und auch die von Prinz Eugen großzügig angelegten Kellerräume sind nunmehr begehbar. Kleines Kuriosum: der Prinz hatte sich von seinem Schlafzimmer aus einen Abgang direkt in den Keller bauen lassen – wohl um im Pyjama direkt zu seinen Weinen zu gelangen! Auch die Wildküche, die freilich nicht die Dimensionen jener von Schloss Niederweiden hat, wird derzeit restauriert und sollte mit Saisonbeginn benützbar sein.

Im Shop des Schlosses sind nicht nur die Produkte der hauseigenen Schnapsbrennerei zu erstehen, sondern auch ein feines Sortiment an Weinviertler Weinen sowie regionale Produkte wie der Biospargel von Gut Markhof nahe Marchegg.

Aber auch die Marchauen gehören zur touristischen Attraktion der Region; Natur- und Kulturführungen, Bird Watching und Kanutouren bieten ausreichend Vertiefungsmöglichkeiten in eine einzigartige Landschaft.

Wege zu den Winzern

Die schläfrige Geruhsamkeit der Landschaft aber täuscht: vor allem in Mannersdorf tut sich einiges in Sachen Wein, die generell gute Grundqualität hier wird wohl auch durch die 100%ige Handlese, zu der sich alle Winzer verpflichtet haben, bestimmt. Das Preis-Leistungsverhältnis ist in allen Fällen jedenfalls sehr beeindruckend. Sigi Minkowitsch vom Weingut Josef Minkowitsch ist als Obmann des Weinbauvereins energisch um die Positionierung seiner Gemeinde bemüht, für ihn liegt die Stärke des Gebietes in der Tatsache, dass hier Weine außerhalb von Trends entstehen. Auch wenn er selbst in die frischere, fruchtbetontere Richtung geht, haben auch seine Weine den regionstypisch ausgeprägten Schmelz und hohen Extrakt. Herbert Lobner, der das Lobner-Familienweingut weiterführt, setzt auf sehr entgegenkommende, in Aromatik wie Intensität sehr verführerische Weine; sein Vollmondwein, ein Chardonnay, der erstmals aus einer Laune heraus entstanden ist, zählt nun zum fixen Sortiment, und der Anteil an Rotweinen beträgt bereits 40%.

Angelika Deutsch, VINARIA

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Speising sagt

hervorragend

empfohlen am 24.06.07 @ 16:30

Stationen

1) Kriegl (Mannersdorf an der March): Es war 1995, da wurde mir bei einer Verkostung ein Neuburger gereicht (es war... [mehr]

2) Roland Minkowitsch (Mannersdorf an der March): eigentlich der march-hero schlechthin. die sorten- und erntebeschränkung ist... [mehr]

3) Gerhard Lobner (Mannersdorf an der March): Der Welschriesling, dem neben dem Veltliner in Mannersdorf ein hoher Stellenwert... [mehr]

4) Veit (Ollersdorf): Günter Veit ist ein recht bodenständig wirkender Mann, der mit großer... [mehr]

5) Bioweingut Zillinger (Velm-Götzendorf): Das Weingut Zillinger liegt im südlichen Weinviertel und wurde 1673 gegründet.... [mehr]

6) Herbert Zillinger (Ebenthal): Produzent von feinen Weinen regionaltypischer Sorten, versucht möglichst viel... [mehr]

7) Hofladen (Angern): Nicht nur Weine, sondern auch andere Produkte der Region, vor allem von jenen... [mehr]

8) Schlosshof (Schlosshof): Südöstlich von Marchegg lädt Schlosshof zur Besichtigung. Kunsthistoriker sind... [mehr]

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