Wahnsinn Lyon
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Für Gourmets und Gourmands gibt es eine Stadt, die beide Bedürfnisse über Gebühr erfüllt, Lyon. als zweitgrößte Stadt und Unesco-Welterbe für die fantastischen Renaissance-Ensembles der Altstadt, nimmt Lyon am Globus der Fein- und Vielesser die Position der Hauptstadt ein.
Zwischen Rhone und Saone erstreckt sich eine Halbinsel voll wunderbarer Prachtbauten, entzückender Plätze und mit endlosen Kilometer an Fressmeilen. Westlich der Halbinsel, auf der anderen Seite der Saone, befindet sich die eigentliche Altstadt. Kopfsteinpflaster, entzückende Fassaden, Geschichte auf Schritt und Tritt und die berühmten Traboules. Das sind Wege durch die Stiegenhäuser und Hinterhöfe der Wohnviertel, die als Abschneider bzw. Verstecke vor Feinden dienten. Renaissance auf Schritt und Tritt, Filmkulisse, die sich als echt erweist. Lyon ist eine wunderschöne Stadt, für die drei Tage Kurzurlaub reichen.
Lyon ist auch die Heimatstadt von Paul Bocuse, seinem kulinarischem Zentrum und deren lockereren Spin-offs. Moderne Sternerestaurants gibt es in Lyon wie Sand am Meer, preislich ganz wo anders, als man es von Österreichs Spitzengastronomie kennt. Österreichs teuerste Restaurants entsprechen vom Preis her der französischen, gehobenen Restaurantküche.
In Lyon gibt es aber auch die Bouchons. Bouchons entsprechen am ehesten unseren Wirtshäusern, nur dass man in den Bouchons deutlich besser isst. Während in unseren Wirtshäusern das Trinken im Vordergrund steht, wird in Lyon in den Bouchons der lokalen Küche gefrönt. Alte Rezepte, lokale Gerichte, derbe Speisen – die Bouchons sind Anlaufstelle für Fäaken wir Gourmets gleichermaßen. Ein Bouchon, auf Deutsch der Korken, ist per Symbol gekennzeichnet und bietet seinen Gästen in gemütlichen Gaststuben auf karierten Tischtüchern Menüabfolgen, die wenig kosten und für Tage satt machen.
Klassische Gerichte Lyons sind Saladier lyonnais, ein Salat aus Schafsfüßen, Heringsfilets, Geflügelleber und hartgekochten Eiern, das glücklich machende Gratin dauphinois, gebratene Froschschenkel, Tripes à la lyonnaise (Rindermagen und ausgelöste Rinderfüße in Tomaten-Weißweinsauce), die omnipräsenten Quenelles, Rochen, Kaninchen mit Kastanien und die Andouillette. Schweinemagen und andere Innereien in Schweinedarm, gedünstet und mit Senfsauce serviert, ist geschmacklich wie kalorisch höchst sättigend und steht Pate für die Lyoner Küche. Eine Schweinerei, die man beim Tischnachbarn kosten sollte. In derselben Klasse spielen die Kalbsfüße mit Kalbskopf, gelatinös, leicht säuerlich und ausgesucht aromatisch. Es gibt aber auch Entenbrust in Honig und Rosmarin, Lammstelzen, Entenleber und Entrecote mit Pommes frites. Jakobsmuscheln, Bressehühner, Kaisergranate - alles wird liebevoll und kreativ zubereitet und dabei auf jeden Tand am Teller verzichtet. Straight.
Die Weinbaugebiete Beaujolais im Norden und Cotes du Rhone im Süden sorgen für ein breites, offenes Angebot - aber auch die einfachen Rosés erfreuen immer wieder. In den Bouchons herrscht stets ausgelassenes Völlern auf sehr hohem Niveau.
Die Delikatessen der Stadt und seiner Umgebung findet man konglomeriert in den Markthallen Paul Bocuse. In einem verdammt hässlichen Gebäudekomplex ist alles in den schönsten und appetitlichsten Vitrinen untergebracht, was Frankreich auszeichnet. Und man kann vieles gleich vor Ort verzehren. Austern, Seeigel und Garnelen werden zu Türmen serviert, dazu leicht würzige Weißweine in kleinen Karaffen und ein nachmittägliches Glücksgefühl stellt sich ein. Pasteten, Käse, Würste, Fleisch, Süßigkeiten, … alles ist so unglaublich ästhetisch präsentiert, ständig gibt es lange Bars und Stehtische, um Gekauftes auch gleich zu verzehren und man möchte diesen Ort des Überflusses nie wieder verlassen. Ein Pflichtbesuch.
Faszinierend auch die Fressmeilen der Stadt. Die Rue Mercière oder die Rue de Marronnieres bestehen ausschließlich aus Bistros, Pubs, Restaurants und Bouchons. Die Gastgärten gehen in einander über, das Angebot ist breit gestreut, und ab Mittag ist bis in die Nacht jeder Platz besetzt. Wer sich von dieser Atmosphäre nicht anstecken lässt, geht eventuell die vielen, kleinen Plätze der Stadt ab, stets von riesigen Platanen beschattet, und findet sich dort sein ruhiger gelegenes Bistro oder Restaurant.
Man könnte Jahre in Lyon verbringen und bräuchte nie in dasselbe Lokal zu gehen, und fad würde einem auch nicht werden. Vive la France, vive Lyon!
Gregor Fauma
empfohlen am 10.06.12 @ 21:30
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