Chateauvieux (CH, Peney-Dessus)

Hier der Auszug eines kurzen Reiseberichts, der mit einer ziemlichen Überraschung endete.

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Im Zuge einer Informationsreise zum CERN gaben nach dem ersten Tag die meisten von uns WO. Die angebotene Informationsmenge war riesig und dazu so interessant, dass man nicht anders als aufmerksam zuhören konnte.
Ich wollte aber noch etwas von Genf, vom Lac Leman, sehen und vor allem noch ein kleines Abendessen zu mir nehmen. Ein zweiter Teilnehmer de Reise fand sich mit gleicher Interessenslage vor und wir bestiegen mit einer kurzen aber zu ungenauen Restaurantangabe das Taxi. Innen stellten wir fest, dass wir auf gut Glück angewiesen waren. Der Taxifahrer fragte noch, ob wir "Five Star" oder weniger haben wollten.
Was kostet die Welt? Five Star. Und schon fuhren wir - nicht eigentlich an den Lac Leman sondern etwas außerhalb von Genf. "Very good restaurant, the best place here." Des Französischen waren wir beide nicht kundig genug, um weiter zu fragen. "Reservation necessary?" - "No, but I will wait to make sure that you get seated."

Die Fahrt dauerte etwas (38 CHF von Genf weg), dann kamen wir zu einem sehr netten Plätzchen auf einer Anhöhe. Sehr heimeliges Äußeres. Der Taxifahrer geht mit uns hinein. Zwei Personen sind kein Problem. Das Lokal ist zu drei Viertel voll.
Der Rest spielt sich wie gewohnt in derartigen Plätzen ab, wenn man davon absieht, dass sich gleich zwei Sommeliers mit großen Abzeichen herumtummeln. Wir bekommen die Speisekarte und überlegen kurz, ob wir Manns genug sind, zu dieser Konsumation zu stehen. €€€€ bzw. 210 CHF für das "billigste" Menu. Vorspeisen und Hauptspeisen bewegen sich durchschnittlich bei 90-100 CHF.

Die Weinkarte weist auch einen Mouton Rothschild um 21.000 € aus, es gibt aber auch durchaus brauchbare Auswahl unter 100 CHF. Dass zwischen 21000 und 82 CHF alle anderen Preislagen vertreten sind versteht sich. Als ich den Wein bestelle, werden wir gefragt, ob wir den Weinkeller sehen wollen. Ein voller Laufmeter mit Romanee Conti fällt mir unter anderem auf. Den 1985 Margeaux um läppische 550 CHF hätte ich ja fast bestellt, aber so viel Geld will ich dann ja doch nicht ausgeben. Da mein Begleiter keinen Rotwein trinken will, fiel die Entscheidung noch leichter.

Der Abend war perfekt. Zuerst zwei amuse geules, eine Dreiergruppe mit etwas vom Spargel, etwas vom Lachs in Schaumform und ein Rindsbonbon, sowie ein Muschelsüppchen weckten Appetit.
Danach kam die offizielle Menukarte dran:

LE MENU GOURMET

La grosse crevette snakée et œuf de poule poché,
fricassée de légumes, jus corsé à l’huile de sésame grillé

Le cabillaud « Skrei » au paprika doux,
compotée de bœuf en kadaïf,
carottes fânes braisées à la graine de coriandre et campari

La côte de cochon cul noir de Gascogne rôtie,
croustillant de boudin, cromesquis aux pieds de porc,
jus au poivre noir et baies de sureau

Les fromages frais et affinés

La raviole à l’ananas aux fruits de la passion
sorbet mangue à l’infusion de poivre

La pomme granny-smith confite au cidre,
streusel au beurre salé, tuile au sésame et glace caramel

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Nach dem "Le cabillaud « Skrei » " waren wir eigentlich schon recht satt. Erneut wurde Besteck aufgetan. Das Schwein hätte vielleicht auch eine Ente sein können, Super-Konsistenz und raffiniert abgeschmeckt.

Beim Käse hielten wir uns etwas zurück, obwohl es da eine fantastische Auswahl gab. Ich bestellte nur auf Sicht und war ganz entzückt, als dann immer eine halbminütige Litanei auf Französisch aufgesagt wurde, die ich selbstverständlich nicht verstanden habe.
Mit den Ravioli kamen dann schon die kleinen Desserts, die normalerweise nur zur Rechnung gebracht werden. Auch die Bedienung musste dann herzlich über uns lachen, als wir die Augen verdrehten, weil noch einmal für die Granny Smith aufgedeckt wude.

Geschmeckt hat es köstlich und das gesamte Ambiente war außerordentlich fein und die Bedienung mehr als freundlich. Aufteilung der Rechnung, Duplizierung der Rechnung auf zwei Bezahlende und zwei Kreditkartenabrechnungen war überhaupt kein Problem. Als wir zum bestellten Taxi wollten, hieß es: "Bitte noch etwas warten" und jemand eilte zum Nebengebäude.

Die Überaschung:
Kurz darauf kam der Koch heraus, der mir zu diesem Zeitpunkt absolut kein Begriff war. Es war Philippe Chevrier.

Zur weiteren Info kann ich nur auf einen Artikel aus dem Jahr 2002 verweisen, als er als Koch des Jahres mit 19 Punkten ausgezeichnet wurde:
www.ringier.ch/index.cfm?id=786&detail=true

Wenn ich jetzt belächelt werde, dass ich diesen Platz nicht sofort anhand seines Namen zuordnen kann, muss ich gestehen, dass ich mich im Ausland selten in solche Lokale wage. Das hat durchaus auch kommerzielle Gründe. Bei Obauers, Steiereck, Schindlhaus etc. habe ich keine Schwellenangst. Dort war mir nach erster Ansicht der Karte etwas mulmig zumute. Allerdings muss ich im Nachhinein feststellen, dass ich keinen CHF bereue. Preis/Leistung hat gestimmt und wenn man das Ambiente, das Service und die Stimmung dazu nimmt, ist der Platz absolut empfehlenswert.
Und das nächste Mal gönne ich mir das Menü um 290 CHF.


Bertrand Russell

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