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Labstelle (Wien)
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Das Lokal schick und schön, der Gastgarten ein schmaler Schlauch, mit Tischen und Sesseln aus Metall, die zur Hälfte mit Armlehnen. Die andere Hälfte hat halt Pech und sitzt weniger komfortabel. Die Tische sind mit Stoffservietten, Besteck und Weingläsern bereits eingedeckt. Die Sache mit dem Besteck und den Weingläsern halte ich aus Hygienegründen, speziell in öffentlich zugänglichen Innenhöfen, für problematisch. Bin aber nicht heikel, wollte es nur anmerken.
19:45 Uhr, es dämmert schon, im Innenhof ist es recht dunkel. Am ersten Tisch können wir daher die Karte kaum lesen, können aber den Tisch wechseln, wo das Licht eines Schaufensters ein wenig hilft. Trotzdem deutlich zu dunkel, da könnten sie sich das schöne Anrichten der Speisen sparen.
Die ServicemitarbeiterInnen, wir erlebten an dem Abend ca. 4 verschiedene, waren sehr freundlich, offen - mussten aber für die meisten Fragen in die Küche selbst nachfragen gehen.
Ich informiere die Kellnerin über meine Allergene (Sellerie, Erdnüsse, Steinobst, Topfen ...), sie gibt mir Sicherheit: "... da dürfte nichts davon drin sein ...". Ich sehne mich nach der Auszeichnungspflicht in den Speisekarten und habe Angst vor der österreichischen Variante mit informierten KellnerInnen ("da miassat i nochfrogn ...").
Nach gut dreißig Minuten kommen ein Glas weißer Schmier (Butter-Topfen-Zwiebelaufstrich) und ein paar Scheiben Brots (3 Euro!), welches als selbstgebacken ausgewiesen wird. Ich empfehle eine kühlere, langsamerere Teigführung und mehr Schwaden beim Einschießen. Dann würde man das auch schmecken. Die Schmier mit Topfen kann ich wegen dem Topfen nicht essen.
Zwei bestellen das viergängige Überraschungsmenü, zwei essen a la carte.
Die Menü-Esser, ich bin dabei, fangen nach fast einer dreiviertel Stunde Anwesenheit mit einem Gruß aus der Küche an, ein winziges Grammelknöderl mit ein bisserl Krautsalat. Nett, gut. Der mittlerweile immense Hunger macht ein intensives, bewusstes Schmecken fast unmöglich.
Das Wadschinkengulasch des Kinds ist top, sämiger Saft, perfekte Butternockerln, das Fleisch vom Wadschunken mir persönlich zu gut geputzt - bin aber diesbezüglich wahrscheinlich ein Minderheitenprogramm.
Nach fast einer Stunden kommen die Vorspeisen.
Im Keramiknapf Verschiedene Gurken mit hausgeräucherter Lachsforelle und Sauerrahm (11.8): sehr gut, erfrischend, die Stückchen des geräucherten Fischs (schmeckte eher gebeizt als geräuchert) schön fettig. Dazu würde in graues Sauereteigbrot wahrscheinlich besser passen als die angebotenen, superflauschigen Baguettescheiben. Lachsforellen sind Forellen, die länger leben dürfen, dadurch länger gemästet werden können (vorallem mit färbenden Inhaltsstoffen), damit das Forellenfleisch die Farbe von Lachs annimmt. Eigentlich keine erste Fischwahl.
Kalb und Marchfelder Artischocke mit Salzzitrone und grüner Mayonnaise (13.5) war schön angerichtet, die Esserin gab sich zufrieden.
Im Rahmen des Überraschungsmenüs wurde mit einer Brettljause begonnen, die unkommentiert eingestellt wurde. Als erster Gang ein wenig überraschend, Brot musste dazubestellt werden, die halbe gelbe Paprika/Chili-Schote ist mir noch in Erinnerung, die hatte ein fantastisches Aroma. Brettljause als Starter, vielleicht setzt sich das durch.
Bis zur Gemüsekaltschale mit Gemüse (5.2) (in einer kleinen Glasflasche serviert, sehr gut abgeschmeckt), vergingen weitere Ewigkeiten. Die a la carte-Esserinnen wurden nicht gefragt, ob sie eventuell ihre Hauptgänge schon früher haben wollten. So mussten sie weiter warten. Brettljause wie kaltes Gemüsepüree rechtfertigen diese Wartezeiten sicher nicht. Nach fast zwei Stunden, es war knapp 22 Uhr, kamen die Hauptgänge.
A la carte: Bauern-Pita mit Spanferkel, Coleslaw, fermentierten Gurken und Paradeismarmelade (17.5): Saugut. Ein wunderbar fettiger Bauch mit glasartig splitternder Kruste, der Coleslaw sehr cremig, die Pita als Unterlage originell.
Zucchini-Blüte, knusprig, Ratatouille & cremige Perlgraupen (13.4): Im dunkelsten Eck des Tisches war kaum zu erkennen, was man da aß, es gab keine Beschwerden, es war ok.
Im Rahmen des Menüs wurde Rib Eye-Steak angekündigt, mit Karottenpüree, Steinpilzen und Blattspinat. Das Püree (wurde mit den Worten "Karotten-Sellerie-Püree" serviert, der Kellner musste ein Extrarunde in die Küche drehenwar eine sagenhaft seidige, buttrige Karottencreme, eh ohne Sellerie, der Blattspinat war tatsächlich ein Blatt Spinat, schön aufgelegt und sehr, sehr aromatisch. Toll das, auch die knackigen Steinpilze dazu. Beim Fleisch kannte ich mich nicht aus. Der Querschnitt, das Aroma und die Konsistenz ließen eher auf Schweinsfiletscheiben schließen, von Rind war da nichts zu beißen und zu schmecken. Auf Nachfragen entpuppten sich die Teile als erst ausgelöstes Rib Eye-Steak vom Kalb, dessen kollagenen Teile entfernt wurden (das Auge! mir fehlte das Auge!!) , das wieder zusammengefügt und sous vide gegart wurde, um es dann doch noch qua Hitze anzumaillardisieren. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Wenn ich Kalbsfleisch an Stelle von Rindfleisch serviert bekomme, würde ich gerne beim Bestellen darüber informiert werden. Hätte ich mageres, zugeputztes Fleisch essen wollen, hätte ich mir nicht ein Rib Eye-Steak bestellt, dessen aromatisches Highlight der kollagener Kern ist. Das Gericht war wirklich gut, alles am Punkt, aromatisch dicht, sehr sättigend was die Aromen betrifft.
Weil vier von fünf Desserts für mich allergen nicht zuträglich waren, hatte ich gebeten, im Rahmen des Menüs die als Abschluss zu bekommen. Was ich bekommen habe, weiß ich nicht mehr, aber es war eine halbierte Minifeige am Teller, frei von Geschmack, und ein riesige Halbkugel, ich tippe auf Weisses Schokoladenparfait, dazu ein Stangerl Schokokrokant. Schade, ich hatte mich auf das Karamelleis gefreut.
Fazit
Schön und schick. Die besten verfügbaren Lieferanten. Sehr freundliches Service, das besser geschult werden sollte. Die Küche eigentlich sehr gut, aber ohne twist. Wir waren uns einig, dass alles eh gut bis sehr gut geschmeckt hat, aber im Rahmen der Wartezeiten, der Dunkelheit und des Preises waren wir uns auch einig, dass das nicht der erwartete, erhoffte Abend war. Ich wünsche mir, dass andere das anders erleben - und hier darüber berichten.
Gregor Fauma
empfohlen am 09.09.14 @ 10:04
Lugeck 6
1010 Wien
Telefon: 01 236 21 22
Ruhetag(e): So, Feiertags
Küchenzeiten: Mo-Sa 12-14.30 und 18-23-30 Uhr
Menüpreis:
Inhaber: Hahn & Reichel Gastronomiebetriebs GmbH
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