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Tancredi (Wien)

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In den hohen Fenstern hängen unterhalb der mediterran anmutenden Holzjalousien genau in Blickhöhe an schlichten, zweireihigen Spagatschnüren, mit hölzernen Wäschekluppen festgemacht, Peter Neuraths Geschmacksverstärker als Lockvögel zum Schautrocknen: Rosmarinzweige, Thymian, Salbei, Lorbeer, Chilischoten und ein Bockshörndl. Derart unprätentiös einfallsreich wird der Vorbeischlendernde zum Blick in das angenehm weit gesteckte Speiselokal namens eines Gardasee-Tröpfchens verführt. Alles ist hier liebevoll und mit dezenter Kunstsinnigkeit gestaltet und arrangiert.
Abwechslungsreiche Durst- und Hungerkarten sind schnell gereicht, der Chef gern im Beistand und zu zwanglosem Zuspruch bereit, der Service freundlich und aufmerksam, das Ambiente schnörkellos, in der gesunden Mitte wie alle Zutaten.

Der viel gerühmte ofenwarme Rehleberkäse und die vom Chef persönlich in allen Schmalzdetails angepriesene „jiddische” Hühnerleber scheint uns als Einstieg heute gar zu nahrhaft, wir wählen einen klassischen Magenöffner: Die Frittatensuppe, einem beliebten, nicht unschweren und doch schwer unterschätzten Prüfstein, wird mit Gehalt, Gemüse, Gewürz und bravouröser Bissfestigkeit überzeugend bestanden.

Der Wels, diesmal am Rosmarinspieß zwischen kross gebratenen Speckscheiben und Zucchinistücken durchaus gut gereiht, dürfte nicht zufällig zu Peter Neuraths Produkt-Favoriten zählen. Der Clou an diesem Gericht – das nebstbei Jamie Olivers ähnlichen Vorschlag haushoch übertrifft - besteht aus dem unvergleichlich mild-aromatischen Saft einer gebratenen Zitronenhälfte, der statt irgendeiner Sauce eigenhändig über die Spieße gepresst wird.

Die im unschuldigen Kern rosige Lammkrone erscheint als krönendes Duett, je drei Rippchen verzahnen sich nach der guten Laune der Küche zum südländisch gesalbten Oberhaupt, handgestampftes Kartoffelpüree im Gefolge, in jungfräulichem Öl knusprig frittierte Zwiebelringe und auf den Punkt sautierte Lauchscheiben paradieren mit. Die dunkle Sauce könnte, was den ihr innewohnenden Knoblauchgehalt betrifft, aus dem inneren Balkan zitiert sein, doch das wirkt erst am nächsten Morgen nach und nur bei nähertretender Gesellschaft.

Den Nougat-Knödeln eilt ja ein legendärer Ruf voraus, der laut Chef bereits so legendär sein muss, das sie heute bereits aus sind. Wir sind recht schnell getröstet. Das Espresso- Bitterschokolade- und Weiße Mohnmousse besticht durch Formentreue – das karamellisierte Weichselragout ein kontrapunktisches Fruchtensemble – und bleibt es auch außerhalb jeden Kühlaggregats. Auch hier merkt man die Handarbeit – keine dünne Spritzschicht, sondern kunstsinnig platzierte und langlebige Löffelstiche bevölkern die Dessertkeramik. Wir runden unser rundum erfreuliches Mahl mit einer Vogelbeere von Reisetbauer aus dem heimatlichen Oberösterreich ab und können kaum aufhören, uns über den instensiven Marzipanduft zu wundern.

Die österreichische Weinkarte ist ganz nach unserem Geschmack, nicht überfordernd, sehr ausgewogen und mit gutem Preis-Leitungsverhältnis. Weswegen wir auch unbedingt zu den Flaschenweinen raten würden, die offenen und glasweise ausgeschenkten Tropfen waren zwar allesamt nicht schlecht, doch insgesamt und vergleichsweise den Preis vielleicht nicht ganz wert.

Ganz sicher gern kommen wir auch im Sommer wieder, wenn der hübsche und regensichere Gastgarten wieder geöffnet hat.

14 Kritiken | Kritik verfassen

walterkunz, 19.12.09 @ 20:39

Bei voller Karte würde es bei fünfzig Individualgästen mit zwei Leuten im Service wahrscheinlich Probleme geben, doch standen bei der Weihnachtsfeier nur drei Gerichte pro Kategorie zur Auswahl. Ich denke, durch diesen besonderen Umstand hat das Ganze gut funktioniert.

laurent, 19.12.09 @ 15:08

2 Personen im Service für über 50 Gäste_ diese Wunderwuzzis muss ich mir dann glatt einmal anschauen, die es zusammenbringen einen ausgezeichneten Service zu bieten

Russell, 19.12.09 @ 11:00

Weihnachtsfeier
Speziell in Hinblick auf die Kritik von Kritiker fühle ich mich veranlasst, hier einen Kontrapunkt zu setzen.
Wir hatten gestern unsere Weihnachtsfeier im Tancredi. 33 Personen. Auf der anderen Seite war eine andere Feier mit ungefähr 20 Personen.
Das Service war ausgezeichnet, obwohl nur zwei Personen als Bedienung sichtbar waren. Die Gerichte kamen für alle Gäste nahezu gleichzeitig auf den Tisch. Der Umgang ist besonders freundlich, mein Chef meinte, dass es das kinderfreundlichste Lokal ist, das er je gekannt hat. Seine sehr kleine Tochter scharwenzelt überall herum und kann schon eine Prüfung für das Servierpersonal sein. Soviel nur zum Service, dass durchaus zu einer Wohlfühlstimmung beitrug.
Über das Essen muss man nicht viel sagen. Zu Weihnachten gibt es ein gesetztes 4-Gängemenü mit jeweils drei Gerichten zur Auswahl. Ich hörte ausnahmslos nur begeisterte Rückmeldungen. Ich "testete" neben der gewählten Ente auch noch das Kalb (beides aus der Hauptspeisenauswahl) und Geschmack und Qualität waren unglaublich fein.
Aber das Essen wurde hier ja schon ausreichend gelobt, da brauche ich jetzt nicht in die Details zu gehen. Die Weinempfehlung betraf bei rot und weiss beides Weine, die ich schon von früher kannte. Hirsch (eine Heiligenstein-RIede) und Gsellmann alte Reben sind eine wunderbare Basis, wenn ein Abend von halb sieben bis halb vier Uhr früh dauert.
Für uns war es die erste Weihnachtsfeier dort, da unser Stammlokal seinen Besitzer gewechselt hatte.
Aber das könnte sich zu einer neuen Tradition entwickeln. Durch ein so gutes Essen kann auch die Stimmung einer Feier ganz schön verbessert werden.
Ein großes Dankeschön auch an den Küchenchef.

Kritiker, 05.12.09 @ 14:03

Die positiven Kritiken hier haben mich verführt, einmal im Tancredi vorbeizuschauen, entsprechend hoch waren meine Erwartungen. Leider wurden sie in keiner Hinsicht erfüllt: Das Ambiente (innen) ist kühl und einfallslos, der Service ist wirklich unbeschreiblich schlecht - das Servicepersonal verwechselt ständiges "Bitte der Herr", "Hier noch einen Teller für den Herrn", "Hat es geschmeckt, der Herr" mit aufmerksamen Service. Etwas mehr professionelle Zurückhaltung wäre - angesichts der gehobenen Preise - angebracht.
Isst man mit einer größeren Gruppe dort, scheint es schier unmöglich zu sein, alle Speisen gleichzeitig auf den Tisch zu bringen, obwohl nicht a la carte gegessen wird, sondern Menü. So wird das Essen gerne mal kalt, bis auch der Tischnachbar seinen Teller vor sich stehen hat.
Weitere Glanzpunkte neben dem überforderten Service war u.a. das Gummiringerl im Salat, das komplett verdreckte Weinglas und die lieblos angerichteten Speisen.
Positiv: Essen war nicht so schlecht, wie das Drumherum vermuten lässt.
Fazit: Bei einer Halbierung des Preisniveaus wäre das "Tancredi" durchaus sein Geld wert, bei über 70 Euro für ein 4-Gänge-Menü aber muss man sagen: "Nicht genügend"

gutesessen, 09.11.09 @ 18:18

herrliches essen zu einem ausgezeichneten preis-leistungsverhältniss
faire weinpreise
und ein immer perfekter flüssiger schokokuchen
es gibt sogar parkplätze in der umgebung
immer einen kleinen umweg wert

Seite 2 von 3     « zurück | weiter »alle anzeigen
Speising sagt

sehr gut

ø 2.33 Punkte (9x bewertet)

empfohlen von Elke am 03.02.04 @ 16:43

Adresse

Große Neugasse 5
1040 Wien
Telefon: 01.941 00 48
Fax: 01.941 00 48
Email: tancredi@chello.at

Ruhetag(e): Mo, So, Feiertags
Küchenzeiten: Di-Sa 11.30-14.30, 18-24; Betriebsferien: Ostern, 2 Wo. Sept.
Menüpreis: €€

Inhaber: Peter Neurath
Küchenchef: Peter Neurath

www.tancredi.at

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