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Mach's noch mal, Jamie!
20.01.07 @ 09:43
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Jamie Oliver kocht und schreibt nicht besser als andere auch. Was macht ihn dennoch zum Star der Bestsellerlisten?
Als James Trevor Oliver am 27. Mai 1975 in einem kleinen Kaff in Essex im Sternzeichen des Zwillings geboren wurde, sprach, außer der Nacktheit aller Babies, wenig dafür, dass er einmal als "Naked Chef" — so hieß seine 1998 erstmals ausgestrahlte TV-Sendung — in die Kochgeschichte eingehen sollte. Nackt hat sich der schöne Jamie, durchaus zum Leidwesen seiner zahlreichen Leserinnen, auch nie gezeigt. Nackt sind lediglich die Zutaten, mit denen er kocht und die Jamie auf das wirklich Wesentliche beschränkt wissen will. Das will Witzigmann zwar auch, aber dem fehlte eben der griffige Slogan dazu, und daher ist der 32jährige Jamie Oliver heute wesentlich populärer als alle Küchengötter von Ducasse bis Robuchon zusammen .
Dabei hat Jamies Bio wenig Glanzvolles. Er half seinem Vater zunächst in der elterlichen Pub-Küche in Essex und lernte im College kochen. Er arbeitete als Model und jobbte im Londoner River Café, wo er auch entdeckt und zum Beweis dafür für wurde, wie eine perfekt geschmierte Medienmaschinerie auch ein absolutes Kunstprodukt zu realem Leben erwecken kann. Erst durch seine TV-Show wurde Jamie wirklich zum Koch und — obwohl als Legastheniker fürs Schreiben auch nicht gerade prädestiniert — zum Bestsellerautor.
Kulinarische Reality-Soap. Ein Restaurant, wie es normalerweise am Beginn der Karriere von TV-Köchen steht, erwarb Jamie Oliver erst, als ihn als Koch schon jeder kannte. Dafür widmete er es auch einem guten Zweck — nämlich der Ausbildung arbeitsloser Jugendlicher aus benachteiligten sozialen Milieus. Böse Zungen unterstellen, dass Jamie mit seinem sozialem Engagement nur vertuschen möchte, dass man im Londoner "Fifteen" nicht gerade formidabel speist.
Tatsächlich ist eines der großen Geheimnisse von Jamies Karriere, dass er sich als erster Spitzenkoch nicht "nach oben gekocht" hat, sondern von Profis gecastet und gecoached wurde. Er ist einerseits der ideale "Hübsche-Junge-aus-der-Nachbarschaft" und andererseits der absolute Gegenentwurf zum "Man-nehme-Fernsehkoch" altschulmeisterlichen Stils.
Jamie ist "einer von uns", sprich: aus der Generation X, mit deren, möglichst multiethnischen Vertretern er sich auch ständig umgibt. Stets herrscht Gewusel und Gelächter in seiner Küche, und auch Ehefrau Jool sowie die beiden Töchter Poppy Honey und Daisy Boo sind mit von der Partie bei Jamies kulinarischer Reality-Soap. Deren wichtigste Botschaft lautet: Nichts ist leichter als Kochen. Macht keine Arbeit, aber einen Heidenspaß, und über Abfall und Abwasch reden wir erst nach der Sendung.
Ein Sinn fürs Grobe. Schon das Marktfahren mit Mofa und Rollerblades ist ein Teil des Koch-Erlebnisses. Jamies Rezepte sind schlicht, schlüssig und basieren auf einfachsten Tricks ("Huhn wird knuspriger, wenn man vor dem Braten Butter unter die Haut schiebt"). Jamie, der leidenschaftliche Hobby-Drummer, hat auch einen sympathischen Sinn fürs Grobe, das er allerdings nicht brutal, sondern mit Charme rüberbringt. Provencegemüse knallt er, statt es zu schmoren, einfach mit viel Olivenöl aufs Backblech. Außerdem liebt Jamie das Zermörsern und braucht auch kein Salatbesteck, sondern walkt die Blätter mit beiden Händen solange durch, bis er sich am Schluss nur noch selbst abtropfen lassen muss.
Nur unlängst, da hätte Jamie sich beinahe die Finger verbrannt, als er, um seine Political Correctness unter Beweis zu stellen, vor laufenden Kameras ein Lamm nach jüdisch-islamischem Ritus schächtete und damit Englands Tierschützer gegen sich aufbrachte.
Doch auch sie werden Lovely Jamie wieder verzeihen. Hat er doch in seinem jüngsten Werk auch wieder jede Menge fleischlose Kost anzubieten — womit er einmal mehr voll im Trend liegt.
Christoph Wagner
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