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Winzerporträt: Josef Lentsch
23.02.07 @ 19:14
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Das Gasthaus zur Dankbarkeit in Podersdorf ist ob seiner raffinierten Küche mit stark verwurzeltem Regionalbezug landesweit ein Begriff. Dass aber Wirt Josef Lentsch auch hervorragende Weine keltert, die wunderbar mit seinem Speisenangebot harmonieren, wissen nur jene, die sich bei der Weinbegleitung vertrauensvoll von Oberkellner Josef Schwarzbauer führen lassen. Der nämlich kredenzt mit fachkundigen Kommentaren die köstlichen Hausweine.
Das Gasthaus sorgt vor allem am Wochenende für eine Menge Arbeit, lässt aber unter der Woche genug Spielraum für die Passion von Josef Lentsch, den Weinbau. Der Burgenländer bewirtschaftet selbst zwar nur 1,5 Hektar Rebfläche hat aber 5 Hektar unter Vertrag und zahlt nicht nach Erntemenge, sondern nach Fläche, was für die Weinbauern die rigorose Ertragsreduktion einfacher macht. Besonderen Wert legt er auf die Burgundersorten Pinot gris und Pinot noir, die schon von Zisterziensermönchen im 13. Jahrhundert in der Region kultiviert wurden. Dass das Gasthaus ursprünglich der Wirtschaftshof der Zisterzienser war, ist noch eine zusätzliche Herausforderung.
Für die Burgundersorten sind die Lagen von Podersdorf Richtung Frauenkirchen besonders gut, Seewinkel-Schotter meist mit dünner Humusauflage und weniger vom See beeinflusst. Diese Lagen werden oft auch als "Haideboden" bezeichnet. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Prädikatsweine, vor allen Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen. Die wichtigste Sorte dabei ist der Welschriesling, der vor allem bei den "Seelagen" die besten Ergebnisse bringt.
Pinot gris, Pinot noir und die Süßweine sind nicht auf schnelles trinken ausgelegt. Es sind keine Weine die sich "anbiedern" sondern mehr Zuwendung brauchen, aber dafür auch länger Freude bereiten. Der Grauburgunder soll die üppige Lebensfreude der Menschen der Region widerspiegeln: gehaltvoll, aromatisch, geradlinig, viel Stoff und Schmalz. Der Pinot noir ziert sich in der Jugend wie eine Prima Donna, aber wenn er Zeit zur Reife hat, belohnt er einen mit eleganter Frucht nach Hagebutte und Preiselbeer, immer mit einem Hauch Frische und nobler Zurückhaltung, die Appetit auf mehr macht, und wo auch die zarten Zwischentöne zu hören sind.
Bei den Süßweinen versucht Lentsch die Üppigkeit zu forcieren, nicht umbedingt von der Süße her, sondern mehr von der Stoffigkeit. Reiche Frucht von Trockenobst und etwas Exotik, knackig, saftig und viel Tiefgang, so soll der optimale Prädikatswein beschaffen sein.
Josef Lentsch durchlief mit einer Koch- und Kellnerlehre die klassische Gastronomie-Ausbildung. Den Weinbau hat er von seinem Vater gelernt und dann Fortbildungskurse in Klosterneuburg besucht. Den Feinschliff holte er sich als "Kiebitz" bei den oft ausdauernden Verkostungen und Besprechungern der Seewinkler Top-Winzer in seinem Gasthaus. Praktisch wird er von seinem langjährigen Mitarbeiter Jenö unterstützt und mental wird er von Herrn Kurt Ostbahn mit Lebensweisheiten von Günter Brödl betreut.
Ab dem Jahrgang 2006 wird fast alles mit Schraubverschluss abgefüllt, sogar die Prädikatsweine. "Wir bemühen uns ein Jahr lang im Weingarten und ein Jahr lang im Keller, und dann soll an einem kleinen Stück Baumrinde der Genuss scheitern?" Der Großteil der Weine wird "ab Hof" im Gasthaus verkauft. Der Rest wird über den Fachhandel in Österreich und ein kleiner Teil auch im Ausland vertrieben. Vor allem die Süßweine sind in Italien, der Schweiz, in Deutschland und in England gefragt.
Der Podersdorfer ist stolz auf die hervorragende Qualität der Seewinkler Produkte und freut sich über den Status als Nationalpark und Weltkulturerbe. Diese Naturverbundenheit "schreit" auch regelrecht nach biologischer Landwirtschaft. Durch den großen Anteil an zugekauften Trauben ist das zwar nicht durchgängig möglich, aber seine Lieferanten wirtschaften ebenfalls im Einklang mit der Natur, wollen sich aber für besonders schwierige Wetterverhältnissen ein "Hintertürl" offen lassen. Apropos Wetter: Lentsch wettert gegen genormte Bioprodukte von Superpflanzen, die unter Glas in einem eigenen Kosmos heranwachsen. "Captain Kirk läßt grüßen. Nein Danke!"
Josef Lentsch verwöhnt aber nicht nur andere mit kulinarischen Freuden, sondern weiß auch selbst zu genießen. Mit der Familie kehrt er gerne im Presshaus in Illmitz oder in der Mole West in Neusiedl ein und erfreut sich an einem Tiglat von den Brüdern Velich oder einem Grünen Veltliner Lamm vom Willi Bründlmayer. Alleine mit seiner Frau Heidi geht er gerne in die Blaue Gans nach Weiden oder er besucht Dimitri im L'Altro Vino, der schöne Barolos und Barbarescos ausschenkt. Und ganz alleine geht Lentsch gerne zum Podersdorfer Seewirt, setzt sich auf die Terrasse, raucht eine Zigarre, erfreut sich am Sonnenuntergang und meditiert bei einem barriqueausgebauten Traminer.
Bernhard Degen
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