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Cooking mit TomCool: Über die kulinarische Bedeutung von Vogelschiss
30.05.07 @ 20:35
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Es sollte eigentlich nicht die wichtigste Erinnerung an das 3-Jahres-Fest der Speisinger sein, doch ist es unvermeidlich, daran zu denken, wie man am „tiafen Tisch“ des Cafe Weidinger, gleich im Eckerl neben der Türe, in der steten Gefahr lebte, von einer Vogelbombe getroffen zu werden. Dies ist auch tatsächlich gleich mehreren Speisingern gelungen, die allerdings allesamt recht locker damit umzugehen wussten. Der Stimmung tat das keinen Abbruch.
Warum ich hier den Vogelschiss thematisiere, liegt daran, dass Vogelexkremente anderswo durchaus als kulinarisches Highlight gelten. Zwar handelt es sich hierbei weniger um den Auswurf an der Rückseite, sondern mehr um den Speichel von Mauerseglern, doch die Assoziation ist doch nachvollziehbar, wenn man schon einmal eine Mauer rund um ein Schwalbennest angeschaut hat.
300 Dollar legen Hongkong-Chinesen auf den Tisch, um in dessen Mitte eine Schale Vogelnestersuppe vorzufinden. Die Nester bestehen aus Tang, Zweiglein, Moos, Haaren und Federn, die mit dem Speichel von Vögeln und dem Laich kleiner Fische zusammengeklebt werden und bei der Ernte von Vogelkot bedeckt sind. Allerdings gilt nicht der Kot als Spezialität, sonst wären nicht gerade die noch relativ unverschmutzten Frühlingsnester mit einem Kilopreis von 2000 bis 3000 Dollar die teuersten.
Warum diese Suppe so teuer ist? Das bleibt ein typisch menschliches Geheimnis. Nichts deutet darauf hin, dass diese Suppe auch nur irgendeinen sinnvollen Nährwert oder herausragenden Geschmack hätte, und doch hält sich hartnäckig das Gerücht, sie wäre potenzsteigernd. Was beim Horn eines Nashorns oder dem Penis eines Tigers noch in Relation zur Potenz gesetzt werden kann - erinnert das Horn doch an einen erigierten Penis, und ist der Tiger ja bekannt für Stärke und Stehvermögen - lässt sich beim besten Willen nicht auf ein Vogelnest übertragen.
Ich behaupte, des Rätsels Lösung ist ganz einfach: das Aphrodisiakum geht einen Umweg über die Geldtasche, denn wer so viel Geld für nutz- und sinnloses Essen hinlegen kann, erweckt auch das Interesse jener jungen Maiden, die fähig sind für die Erektion zu sorgen. Vermutlich wäre das auch billiger gegangen, aber es ist doch irgendwie schöner zu glauben, dass die Liebe durch den Magen gegangen ist und nicht nur durch die Börse.
Thomas Strini aka TomCool
Vogelnestersuppe
100 g getrocknete Vogelnester
6 Schalen reichhaltige Hühnersuppe
1 große Hühnerbrustfilet ohne Haut und Knochen
1 Esslöffel trockener Sherry
2 Eiweiß
1 Teelöffel Salz
2 gehackte Frühlingszwiebeln
1 Esslöffel klein geschnittener Schinken
2 Esslöffel Maisstärke
2 Esslöffel Hühnersuppe
1. Vogelnester über Nacht in einer Schüssel mit kaltem Wasser einweichen. Am nächsten Tag alle herausragenden Teile wie Federn oder Zweige wegputzen und auf einem Teller arrangieren.
2. Das Hühnerfleisch faschieren oder fein hacken. Maisstärke mit 2 Esslöffel der Hühnersuppe zu einer dicken Paste verrühren und zur Seite stellen.
3. 1,5 Liter Hühnersuppe zum Kochen bringen, Vogelnester darin 30 Minuten simmernd ziehen lassen.
4. Das gehackte Hühnerfleisch mit dem Sherry, dem Schinken und dem leicht mit einer Gabel angeschlagenen Eiweiß verrühren.
5. Die Suppe wieder zum Kochen bringen und mit dem Hühnerfleisch fest verrühren.
6. In einer Suppenterrine anrichten und mit Frühlingszwiebel garnieren.
17 Kommentare | Kommentar abgeben
TomCool, 03.06.07 @ 09:39
Teil 1
Vor allem dem piccolo sei noch gesagt, dass dies ja nur Teil 1 der Story ist. Die WAHRE Bedeutung des Vogelschiss wird erst in TEil 2 herausgearbeitet. ;-)
Hab die Vorgabe von 600 Zeichen eh mehr als überstrapaziert. :-D
mazi, 01.06.07 @ 23:30
aphro und so
Also, ich sage frank und frei, dass ich mit aufgestelltem Nackenhaar über Vogelnester zum Essen lese - da mag ich lungen- oder zuckerkrank sein, DAS wird níemand meine Kehle runterzwingen! (Andererseits: mir graust's ja auch schon bei Froschschenkerl...)
Die Aphro-Food-Kette gefällt mir - 5622, das wird was!!
PICCOLO, 01.06.07 @ 15:26
Schmäh schon - schmähen nicht.
Auch Waldpilze muß man säubern. Nur ist es bei jenen Schwalben doch nicht so verdreckt wie bei ihren Vettern in unseren Stallungen. Sie sind so klein, daß das brütende Tier den Mist buchstäblich außerhalb des Nests abschießt. Unsere Schwalben sitzen dagegen völlig fett im Nest und benutzen es immer wieder. Hier behält es bloß die Eier. Der Nachwuchs wird auch geputzt damit im Nest keine bösartigen Keime wachsen. Also ein sehr sauberes Tierchen. Da diese Vögel Segler sind kommen sie praktisch kaum mit viel Parasiten zusammen.
Ich freue mich, dass es den Administratoren von Speising gelungen ist, Dich als Referent solcher Themen zu gewinnen. Das bringt die "abgehobene" Feinschmeckwelt wieder etwas in die Nähe der Wirklichkeit. Jede Originalstimme erhöht den Wert einer Diskussion. Auch hier behandelt man ja einen sich stets verwandelnden Gegenstand.
Im Gegensatz zu vielen anderen Leckerbissen, die von allerlei Gastrokomödianten verarbeitet und verzehrt werden, handelt es sich bei Vogelnestern nicht um fortgesetzte Probleme mit der artgerechten Haltung. Oder Verarbeitungsprobleme. Hier kann nichts dazugenommen werden und sie können auch nicht industriell gezüchtet, gemästet und verwurschtet werden. Durch den Genuss werden die Schwalben nie aussterben und es betrifft dabei hierzulande sicherlich nur die wirklichen Kenner. Weil wegen das Geschmacks oder dem aussehen braucht es das nicht. Der Grund ist im Wesentlichen die Heilanzeige.....
Für dieses Thema danken wir Dir, großer TOM COOL!
TomCool, 01.06.07 @ 11:19
Hoi, piccolo
Also, ich hab jetzt nochmal nachgelesen, einerseits in den mir vorliegenden Werken, die diese wichtigen Themen behandeln, andererseits auch im Internetz, dessen Suchfunktionen ich ganz gut beherrsche. Die von Dir geschmähten Punkte meines Artikels, (dessen Conclusio Du wenigstens nicht mit vernichtenden Worten bedacht hast), werden durchaus allgemein so gesehen. So steht sowohl im Rezept des großen Larousse, den Du sicher auch Dein Eigen nennst, als auch im dtv-Küchenlexikon, dass die Nester, so sie nicht von der teuersten Sorte, zuerst von Vogelkot befreit werden müssen.
Als Exkremente gelten alle vom Körper ausgeschiedenen Flüssigkeiten und festen Stoffe, die mit der Verdauung zu tun haben, und das tut der Speichel, auch wenn dies mittlerweile von vielen Essenden vergessen wird, die ihr Essen einfach schlucken, ohne es ausreichend eingespeichelt zu haben.
Der Geschmack der Vogelnester rührt übrigens vor allem von dem Seetang her, den die Mauersegler kurz vor dem Nestbau essen, und dessen Fermentation den Speichel würzt.
Dass Vogelnester nach traditioneller chinesischer Medizin kein Potenzmittel sind, erscheint mir nur logisch, da finden sich die wenigsten Ingredienzien, die angeblich für andauernde Erregung sorgen, die Geldbörse schon gar nicht. ;.)
Hach, mir gefällt die neue Aufgabe hier. Ich glaube, Piccolo, da werden wir noch viel Spaß haben. :-D
PICCOLO, 01.06.07 @ 10:58
@dfw
Lieber Freund, ich versichere Ihnen dass ich niemals etwas abschreibe. Ich habe nicht den Drang der Obergescheite zu sein. Auch schreibe ich das sonst nirgendwo, nur hier, weil ich diesen "virtuellen Hain" sehr schätze.
Ich habe mein Leben lang gelesen und ich interessiere mich seit vielen Jahren für die Wirkungsweisen der Nahrung, dazu gehören auch solche Sachen. Bevor ich es zum Besten gebe, schaue ich aber schon noch etwas genauer nach. Weil ich bin ja kein Doktor und brauche das auch nur oberflächlich zu wissen. Bei dem vorliegenden Fall, habe ich sogar eigene Erfahrung, durch einen Aufenthalt in der Nähe jener Kultur. Ich hatte das Glück gute chinesische Köche zu einen Zeitpunkt zu kennen, da jene Küche hier noch völliges Neuland war, für unsereins.
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