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Genusstage Galtür - Genussvoll unter Druck
27.07.07 @ 18:41
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Die zweiten Genusstage Galtür hatten ein gewichtiges Thema, wichtige Teilnehmer und ließen vor allem den Genuss an sich wichtig sein.
Wie, fragt man sich unwillkürlich, kommt ein gastrosophisch orientiertes Philosophicum (denn das ist die auch weiterhin zu verfolgende Idee) ausgerechnet nach Galtür? „Jo wemma hoid so sitzen und uns langweilig is, dann kumman so Ideen“, so oder ähnlich formulierte Willi Resetarits, und weil er halt einen Bergfreund da hat und einen Kochfreund anderswo, kam eins zum anderen und die „hochkarätigen Freunde von Weltruf innerhalb Österreichs, da kumman die Seitenblicke“ auch noch dazu, ein Konzept ward auch gefunden, und so waren heuer wirklich viele von Weltruf da (die "Seitenblicke" übrigens auch).
Wolfram Siebeck sprach weise über „Genuss unter Druck“, die anschließende Diskussion, die vor allem auch unter dem Eindruck von Erwin Wagenhofers „We feed the world“ stand, machte schon etwas mehr Druck, auch auf die in diesem Forum zwangsläufig etwas untergehenden Genuss“päpste“ Siebeck selbst und Christoph Wagner, was daran lag, dass hier unterschiedliche Ausgangspunkte nebeneinander standen, die in so kurzer Zeit nicht miteinander verwoben werden konnten; eine politische Stellungnahme zu den absurden Strukturen einer Lebensmittelindustrie und die philosophisch verankerte Betrachtung nicht nur zum Wesen des Genusses, sondern auch zu seinen Bedingungen und Konsequenzen bedürften, um zu befriedigenden Ergebnissen nicht im Sinn von Tatsachen, aber von Erfahrungserfülltheit zu kommen, wohl auch idealerer Diskussionsbedingungen. Ein Gutteil dessen jedoch, was angedacht worden war, wurde ja schon in unserem wunderbaren Speising-Weblog diskutiert und wird es auch weiterhin.
Der pure Genuss dann, der wurde auf Almhöhen und in Dorflage ausreichend zelebriert. Die Blaufränkisch-Dorflagen (um hier gleich anzuschließen) hatte Roland Velich in Form von einigen Magnums Moric mitgebracht, südsteirischem Boden konnte man in Sepp Musters Weinen nachspüren, und Alois Lageder begleitete mit seinen Weinen den Abend der Willi Resetarits Genussrevue. Mit nicht unbeträchtlichem Show-Effekt gab Jörg Wörther seine Klachlsuppe mit Schnecken und die saiblingsgefüllten Cones aus, ein unglaublich feinfühliger Eduard Hitzberger sorgte mit pochiertem Lachs auf Gartengurkengelee und „Schweinischen Kalbereien“ mit Quendel auf Rollgerstelsalat für sehr subtile Aha-Erlebnisse.
Das aber war erst das „Amuse“ment! Denn der lokale gastronomische Held Hermann Huber zeigte mit einem aus neun Miniaturen bestehenden Menü, dass auch am Talschluss verstanden wird, was Genuss, Qualität und Ortsbezogenheit sein können. Besonders hervorzuheben: Gamsfilet am Rosmarinspieß, Eierschwammerl mit Brennnesselknödel, geschmorter Tafelspitz vom Tiroler Milchkalb auf Ahorn-Specksauce mit Steinpilzgröstl, Sauermilchmousse mit Almrosengelee. Absolute Höhepunkte waren das Supperl vom Galtürer Bergheu mit geräucherten Schweinswangerl und das Eis vom Galtürer Almkäse mit Stanzer Zwetschken. Apropos Stanzer Zwetschken: die kommen sowohl in Christoph Kösslers Schnäpsen als auch in Hansjörg Haags Schokolade „Tiroler Edle“ vor, das Sortiment beider konnte ausreichend verkostet werden.
Große Show dann auch auf der Alm: „Kochen auf einer Flamme“ oder „Cuisine Unplugged“ brachte Jörg Wörther, Eduard Hitzberger und Hans Haas zusammen; der rauchende, buchenholzgefütterte Eisenherd vor der Bergkulisse kam zwar erst im Finish zum Einsatz, dafür blieb darauf alles schön lang warm. Auszogne Nudeln aus Kamuthmehl mit einer Kürbiskraut-Krenfülle (Wörther), Gerstlsuppe – wird nur mit der offenbar ausschließlich in der Schweiz erhältlichen No.3 so sämig (Hitzberger) – und geschmorte Kalbswangerl auf Kartoffel-Eierschwammerlragout (Haas) sollten beweisen, dass man unter einfachen Bedingungen und mit einfachen Zutaten nicht nur Gutes, sondern fast Großes erreichen kann. Nicht nur dem Ehepaar Siebeck hat’s sehr gemundet.
Für anschließende geistige Erbauung sorgte Speising-BM Christoph Wagner mit einer Lesung aus dem hier schon teilveröffentlichten Krimi „Gefüllte Siebenschläfer“; es ist schon unglaublich, welch geballte Ansammlung an Weinen und Spezialitäten und anderen erlesenen Dingen, die er aus der großen Vorratskammer seines Lebens schöpft, bereits innerhalb weniger Seiten Platz finden! Das Publikum zeigte sich sehr entzückt.
Fürs nächste Jahr hat das brainstorming schon begonnen, und ich kann den speisingern nur ans Herz legen, sich ins hinterste Paznaun zu begeben: die Landschaft allein wär’s schon wert!
Angelika Deutsch
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