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Stilett und Schwert
Zwei Betrachtungen zu einem Event
22.05.08 @ 14:48
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Territorien des Weines – göttliche Territorien: diese Gleichung steckt im Wortspiel, das sich der Zusammenschluss dreier regionaler Vereinigungen aus traditionellen Weinanbaugebieten Italiens recht prätentiös zum Namen erwählt hat.
Das Ziel des Consorzio Vini Veneti D.O.C., des Consorzio per la Tutela dell’Asti und des wohl gewichtigsten der drei, des Consorzio Vino Chianti Classico D.O.C.G. ist es, eine schlagkräftige Gruppierung zu sein, um vor allem auf den neuen Märkten der Welt wie Russland, Naher Osten, Indien und beiderlei Amerika bestehen zu können. Ein wesentlicher Bereich der gemeinsamen Arbeit liegt aber auch in der Forschungs- und Optimierungstätigkeit. Da geht es einmal um die Arbeit mit dem Rebbestand, um die Kenntniserweiterung über autochthone Rebsorten, die ja in allen drei D.O.Cs zu einem bestimmenden Prozentsatz Bestandteil der Weine sind. Und es geht um die Modernisierung des Weinanbaus wie die Optimierung der Vinifizierung, eine Innovation der Produktionsbereiche also, um das, was an Qualitäten in den einzelnen Regionen noch schlummert, hervorzuholen und dieses Potential zu nützen.
Die Synergie-Effekte sollen bei Beteiligungen an internationalen Fachmessen ebenso wie auf eigenen Verkostungsevents wirksam werden wie etwa vergangene Woche im Wiener Palais Coburg, wo nicht nur zahlreiche Weine aus allen drei Anbaugebieten zur Verkostung bereit standen, sondern dann auch im Rahmen eines vorzüglichen Petz-Menüs auf ihre speisenbegleitende Tauglichkeit hin überprüft werden konnten.
Angesichts der dargebotenen Weine scheint eine intensive Qualitätsarbeit als Gruppenanspruch wohl gerechtfertigt, auch im Hinblick auf Verständnissuche für weniger präsente Weintypen aus der Asti D.O.C.G und dem Veneto. Asti Spumante und Moscato d’Asti schwirren in den Köpfen und im Gaumengedächtnis vieler noch immer als süßer Sprudel der Sechziger herum, hier die aktuelle Gültigkeit dieses hocharomatischen, moussierenden Weines in modernen Weinzusammenhängen zu erklären, bedarf es mehr als der Kombination zu Gillardeau-Austern, eine für die meisten Anwesenden fragwürdige Kombination. Und ob aus Garganega (die Betonung bitte nicht österreichisch auf dem néga, sondern auf gargà) jemals ein Wein von großer Eleganz werden kann, sei dahingestellt; die besten Soave classici kommen jedenfalls besser ohne Holzeinsatz zur Geltung. Freilich, der zum köstlichen Lachsforellenfilet im Räucherpilzfond servierte Lison Pramaggiore Pinot Grigio D.O.C. mit seiner leicht mineralischen Birnenfrucht gab sich schon als feine Alternative zu gewohnten Tischweinen.
Die Bandbreite der Chianti Classici von betont traditionell bis hin zu explizit modern ist ja den Weinkennern viel eher geläufig als die Vielfalt der Roten aus dem Veneto: eine Riserva 2004 Colli Euganei aus Merlot und Cabernet etwa (so ist da das Autochthone?) oder ein durchaus interessanter Tocai Rosso (ein alter Grenache-Klon aus den Colli Berici) neben vertrauteren Ripasso und Amarone.
Mit Marco Pallanti, dem Eigentümer von Castello di Ama und Präsidenten des Chianti-Cosorzio, hat die Gruppe jedenfalls einen prominenten Co-Präsentator; die Unterstützung des Landwirtschaftsministeriums wird diesem Projekt sicher auch zum gewünschten Erfolg verhelfen. Also Augen auf bei Gallo Nero, beim Heiligen Ritter aus dem Asti und dem Löwen aus dem Veneto.
www.territoridivini.com
Angelika Deutsch
Amici degli Territori diVini - auch die Form ist bereits Botschaft!
So wurden für die Präsentation der zahlreichen Weine die hohe und die lange Kasematte des Palais Coburg gewählt, beschallt wurden die Räumlichkeiten mit Hintergrundbarock und auf einer großen Projektionsfläche wurden Kurzvideos zu den Anbaugebieten und Regionen gezeigt, die bereits Ende der Achzigerjahre mit "vermottet" tituliert worden wären. Die Symbolik der Winzervereinigungen hat die Ästhetik österreichischer Weinetiketten aus den Siebzigerjahren und die gesamte Anmutung wird nach wie vor auf "nobel", "adelig" und "darüberstehend" getrimmt.
Buongiorno Italia.
Schlafen die denn immer noch? Wie kann es sein, dass hier ein Vermögen in eine Weinmarketingaktion gesteckt wird, und das Ergebnis ist derart verstaubt, vermottet und altvatrisch, dass man sich nur so wundert? Die Anwesenden machten mir alle den Eindruck, doch deutlich zu jung für diesen Gestus zu sein, auch wird bei uns Wein ganz anders konnotiert - wir haben die Aufklärung offensichtlich schon hinter uns.
Die hohlen Phrasen der Regionsvertreter zu den Weinen beim Degustationsmenü unterstrichen den Stillstand im Marketing bzw. die Lustlosigkeit, der Moderne im Chianti, Veneto und Asti die Türen zu öffnen. Schade, denn Potential alleine ist zu wenig.
www.palais-coburg.com/html/events_rooms_kase_hohe.html
Gregor Fauma
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