Wachau: Geschichten vom anderen Ufer
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Die Wachau - strahlendes Kleinod mit Weltkulturerbe-Stempel, von einer einzigartigen Landschaft getragen, mit klimatischen und geologischen Bedingungen, die zu allerhöchsten Qualitäten führen. Doch die Wachau hat zwei Seiten, das vergisst man gerne angesichts der überragenden Präsenz der einen.
Am rechten Donauufer
Das Tal selbst, das den Namen Wachau trägt, mag ja am rechten Donauufer in Melk beginnen, der Wein aber, der kommt viel später, auch wenn er früher einmal bis hierher reichte. Erst öffnet sich bei Schönbühel das Tal, das gleichnamige Schloss thront auf einem Fels am Wasser; nicht weit davon entfernt ist der Gasthof Stumpfer (3392 Schönbühel 7, Tel. 0 27 52.85 10) mit seiner auf Fluss und Schloss Blick gebenden Terrasse eine wunderbare Einkehr. Die Küche verführt mit spritzigen Einfällen zum saisonalen Geschehen, lässt größte Sorgfalt bei der Produktwahl walten – die einzelnen Hersteller kann man auch auf der Karte nachlesen. Reichhaltig ist auch das Getränkeangebot von Biosäften bis zu Wachauer Weinen.
Nach Schönbühel drängen sich die Felsen wieder ans Flussufer, dahinter erhebt sich still und mystisch der Dunkelsteiner Wald; er ist die Fortsetzung der von der Donau durchschnittenen Böhmischen Masse. Mittendrin ragt die Burgruine Aggstein hoch über dem Tal aus dem Wald, der Sage nach eine schreckliche Raubritterburg, heute nach eingehender Revitalisierung ein touristisch ergiebiges Ausflugsziel. Gegenüber von Aggstein, bei Groisbach, sind schon die ersten Weingärten des linken Ufers zu sehen; auf dieser Seite aber beginnt das Weinbaugebiet Wachau, deutlich beschildert, beim romanischen Kirchlein von St. Johann im Mauerthale. Wo sich der Fels ans Wasser schiebt, teilen Engstellen das Ufer in einzelne Weinbauinseln, die sich klimatisch wie in ihrer Bodenbeschaffenheit unterscheiden.
Marillen und Wein
Bei St. Johann also beginnt die Weinbauzone um Arnsdorf. Hier ist es am kühlsten, die Weingärten sind auf einen schmalen Streifen vor allem oberhalb der Straße limitiert – da sind auch die Böden am mineralischsten. Maria Hick in Oberarndsdorf gehört zu jenen nach wie vor nicht vielen Winzern an diesem Ufer, die sich auch im allgemeinen Bewusstsein einen Namen gemacht haben. Arnsdorf, das ist aber auch vorrangig Marillenanbaugebiet; die Flächen vorne zur Donau hin sind fast ausschließlich mit Marillenbäumen bepflanzt, die sich so wunderbar der Spaliererziehung widersetzen und immer natürliche Bäume bleiben. Mit einer Marillenmeile als EU-Leader-Projekt wird deren Bedeutung für diesen Landstrich Rechnung getragen.
In den Kellerweingärten
Wieder ist es eine kleine Kirche, St. Lorenz, die den Beginn des nächsten Weinbau-Abschnittes anzeigt und gleichzeitig eine Wetterscheide markiert: in Rührsdorf und Rossatz ist es bereits deutlich wärmer. Wo sich die Donau erst nach Norden und dann wieder nach Süden schlingt, sind es tiefgründigere Lössböden mit einzelnen Urgesteinseinschlüssen, die als Inseln bis in oberste Bodenschichten reichen und den Lagencharakter hier bestimmen.
Der Bundesstraße wird zur Kellergasse: gut, dass der Verkehr hier um so viel weniger ist als drüben, das mögen auch die Radfahrer. Tische und Bänke stehen gleich neben der Straße vor den kleinen Kellerhäuschen oder oben auf der Wiese, neben den langsam austreibenden Weinstöcken, zwischen blühenden Obstbäumen. Die Heurigen: sie sind das Rückgrat dieses Ufers, liegen entlang der Straße in den Weingärten oder unten in den Dörfern. Manche haben einen guten Ruf ob ihres Weines, in Rührsdorf der Polz Erich oder der Frischengruber Heinrich. Meist aber gilt: der Wein ist billig, das Essen gut und reichlich. Gute Wirtshäuser und Gasthöfe sind eher spärlich gesät, das Rührsdorfer Winzerstüberl gleich neben der Au ist ein solch empfohlener Platz, an den Wochenenden sind die Tische oft drei Mal besetzt. Vergleichsweise um einiges raffinierter geht es zu bei Raimund Thiery, dem Wirt mit der noblen Sprache und dem liebenswert-skurrilen Wesen aus der bekannten Dürnsteiner Familie.
Die Sommerfrische
Rossatz, das war einmal wichtiger Sommerfrischeort der Wiener, man kam mit dem Schiff und blieb den Sommer über, da war das rechte Ufer noch das wichtigere und rühmlichere. Doch dann fiel die Entscheidung für die Bahntrasse zugunsten des anderen Ufers aus – und dies prägte die Entwicklung der Wachau. Rossatz ist eine Ortschaft voller historischer Gebäude, die von der Bedeutung früherer Jahrhunderte erzählen. In einem der Barockhäuser ist Heinz Sigl daheim, einer der bemerkenswerten jüngeren Winzer auf dieser Wachauseite; die neue Kellerei ist erst im Bau, bis zum Winter soll es soweit sein. Aus den schmalen Gassen von Rossatz erhascht man immer wieder einen Blick aufs gegenüberliegende Ufer, auf Dürnstein. So eindrucksvoll wie auf der Gartenterrasse des Heurigen VisaVis allerdings ist er nirgends.
Auf historischem Boden
Bei Hundsheim öffnet sich das Tal endgültig, man sieht die Kirchen von Stein und Krems gegenüber. Sanft steigen die Hänge hier an, schmiegen sich um Ebene und Ortschaften. Die Kessellage von Mautern begünstigt den Landbau, die Vegetationsperiode beginnt um zwei Wochen früher als in den donauaufwärts gelegenen Gebieten, das gilt für die Marillenblüte ebenso wie für den Wein. Mit seiner Vergangenheit als römisches Kastell Favianis hat der Weinbau hier uralte Tradition. Auf solch römischem Grund befindet sich auch der Silberbichlerhof von Familie Hutter, einer der führenden Betriebe hier.
Ein legendäres historisches Ensemble ist der Nikolaihof: über einem römischen Weinkeller erhebt sich das ausladende Gehöft, das vom Castell bis zum Bischofssitz bewegte Zeiten erlebt hat. Kulinarisch befindet man sich in Mautern freilich sowieso in höchsten Gefilden: das Landhaus Bacher überstrahlt eine weit über die Wachau hinausgehende Region. Eine ganz reizvolle Einkehr ist aber auch der Grüne Baum (3512 Mautern, Rathausplatz 2, Tel. 0 27 32.829 09): die vietnamesische Köchin versteht sich auf frisch-gemüsige Frühlingsrollen ebenso wie auf glacierte Lammleber in Majoransaftl – da passt auch asiatischer Duftreis dazu!
Im Weingebirge
Ein Aussicht gebender Spazierweg führt vorbei an einem der ältesten Weingärten, „Im Weingebirge“, der Überlieferung nach Gebetsort des Hl. Severin, dessen Wirken hier von großer Bedeutung war, quer durch die Terrassen hinüber nach Mauternbach und hinunter nach Hundsheim. Im Winzerhof Eder ist der junge Andreas Eder nunmehr allein verantwortlich für gleich zwei Weingüter, das eigene und das Probsteiweingut – letzteres war der ehemalige Passauer Lesehof gewesen und bis zur Übernahme durch den äußerst kompetenten jungen Winzer von der Stadt Krems geführt worden.
Viele überzeugende Weine, die angesichts der Qualität - und mit dem Zusatzfeature der äußerst gefälligen Preise! - keinerlei Vergleich scheuen müssen: nicht nur diese Erkenntnis wird mitgenommen von einer Erkundungsfahrt am rechten Wachauufer. Dass es in dieser vergleichsweise so friedlichen Landschaft auch darüber hinaus einiges zu entdecken gibt, ihr historisches Fundament, ihre aufbrechende Gegenwart und vor allem die sie formenden Menschen, verführt zur wiederholten Wiederkehr.
Angelika Deutsch
empfohlen am 09.09.07 @ 08:15
1) Hick (Oberarnsdorf): Maria Hick in Oberarndsdorf gehört zu jenen nach wie vor nicht vielen Winzern am... [mehr]
2) Thiery-Keller (Rossatz): Recht raffiniert geht es zu bei Raimund Thiery, dem Wirt mit der noblen Sprache... [mehr]
3) Sigl (Rossatz): Heinz Sigl ist in einem der barocken Rossatzer Häuser daheim und ist einer der... [mehr]
4) Vis-à-Vis (Rossatz): In der Weinkelleridylle entlang des rechten Donauufers fällt ein Gebäude... [mehr]
5) Hutter (Mautern): Der Silberbichlerhof von Familie Hutter, einer der führenden Betriebe am rechten... [mehr]
6) Nikolaihof (Mautern): Der Nikolaihof ist legendäres historisches Ensemble: über einem römischen... [mehr]
7) Eder (Mautern): Im Winzerhof Eder ist der junge Andreas Eder allein verantwortlich für gleich... [mehr]
8) Bacher (Mautern): Um den Nachwuchs muss man sich keine Sorgen machen in diesem Haus: Wenn die... [mehr]
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