Senhor Vinho (Wien)

„Unser Koch heißt Sandro, und er kann Wunder wirken”, sagt dessen Jünger Nelson Fadista dos Santos. Doch Nelson ist nicht nur der Jünger des Kochs, sondern auch sein Chef. Lange genug hat der studierte Marketing-Experte nach einer göttlichen Küchen-Erscheinung gesucht und in sie in Gestalt von Sandro Balogh gefunden, der die lusitanische Küche im kleinen Finger hat. Gemeinsam mit Bruder Daniel führt Nelson Wiens ersten Portugiesen, und zwar auf erfreulich authentische Weise.

Das beginnt schon damit, dass „Senhor Vinho” (wie alle guten Lokale in Lissabon auch) nicht in der City, sondern in einem leicht verrufenen Viertel in einem leicht abgewetzten Lokal liegt, das die Brüder jedoch gemütlich und sauber revitalisiert haben. Statt einer Speisekarte gibt es eine tragbare Schiefertafel, die Nelson für alle Gäste so akribisch kommentiert, dass es schon eine Weile dauern kann, bis man selber drankommt. Auf diese Weise hält der Patron dem Koch allerdings auf wundersame Weise den Rücken frei. Denn während er parliert, hat dieser Zeit, die Gerichte mit der nötigen Sorgsamkeit zuzubereiten.

Das muss er auch, denn der Charme der portugiesischen Küche liegt weder in ihrer Raffinesse noch in ihrer Leichtigkeit, sondern in der gekonnten Kombination von Bauern- und Seefahrergerichten mit exotischen Aromen wie Koriander und Piri-Piri. Bei Schweinefleisch mit Muscheln läuft Jesus daher ebenso zu Höchstform auf wie bei Stockfisch oder geschichtetem Erdäpfelpüree mit Thunfischschnitzen. Wundersam wird einem auch angesichts der köstlichen Desserts zumute, bei denen leider die berühmten Ovos moles (süße Eier) — noch — fehlen. Ebenfalls wünschen würde man sich hier, zumindest hin und wieder, ein Milchferkel, dessen Kruste beim Reinbeißen nirgendwo so melodisch klirrt wie zwischen Lissabon und Porto.

Apropos Porto: Für die Weine sorgt die Vinothek Gawein Bruckner, deren zahlreiche autochthone Tropfen man zum „Vinhotheks”-Preis auch zum Nachverkosten mit nach Hause nehmen kann. Als Motto haben Nelson und Daniel für ihr neues Restaurant ein Zitat von Montesquieu gewählt: „Das gute Essen ist einer der vier Zwecke des Daseins. Welches die drei anderen sind, habe ich noch nicht ergründet.” Dabei könnte Monsieur Montesquieu nach einem Besuch des „Senhor Vinho” leicht geholfen werden: Das zweite wäre der Wein, das dritte der Fado, den die Familie dos Santos auf Verlangen gerne anstimmt — und was danach kommt, lässt sich mit dem portugiesischen Wort „Sentimento” wohl am besten umschreiben.

Christoph Wagner

9 Kritiken | Kritik verfassen

tresi, 15.03.13 @ 10:00

neuer Koch
Mit Sandro Balogh als neuen Koch hat Nelson einen genialen Partner gefunden. Wir sind schon sehr gespannt und freuen uns!

tresi, 23.08.12 @ 11:43

Nachdem wir das Glück haben und ums Eck wohnen sind wir seit Jahren hier Stammgast und waren schon mit vielen Freunden hier, die auch alle begeistert waren.
Das Service ist herzerfrischend, immer freundlich und auch die Eltern von Daniel und Nelson zeigen was Gastfreundschaft auf portugiesisch heißt!
Das Essen ist sehr gut, die Weinauswahl bietet immer wieder Neuigkeiten und der Gastgarten hat als einzigen Nachteil zeitweise Gelseninvasionen.

Wir sind sehr froh und freuen uns immer wieder auf Besuche bei unseren portugiesischen Freunden!

sonjaaa, 10.05.08 @ 18:44

Deftig
Gestern haben wir s ueberhaupt zum ersten Mal in s Senhor Vinho geschafft. Zwar hatten wir etwas Pech, denn in der Kueche explodierte etwa 10 Minuten vor unserem Eintreffen eine Flasche Olivenoel und mussten deswegen ungewoehnlich lange Wartezeiten in Kauf nehmen, aber dennoch war das Essen ziemlich gut.

Speziell die Goldbrasse aus dem Ofen war von sehr guter Qualitaet und herzhafter Bissfestigkeit. Es war einfach mediteran deftig - geschmackvoll und nicht unbedingt leichte Kueche. Gut!

Auch das Ambiente ist ziemlich gut - es macht irgendwie Spass, im Senhor Vinho zu sein. Alles wirkt abgerundet, athmosphaerisch und nett.

Brillat, 11.03.08 @ 10:46

Vergesst Lissabon!
Im Senhor Vinho hat einfach alles gestimmt. Das begann mit der Tonband-Reservierung und dem wirklich freundlichen Rückruf, das ging dann weiter mit dem gemütlichen Tisch und der kompetenten Präsentation der Speisen auf der bereits mehrfach erwähnten Tafel. Selten, dass jeder am Tisch über seine Auswahl begeistert ist, hier war es so. Frappierend auch, wie wenig es bedarf um erstklassig zu speisen. Die Kombination von Chorizo mit grünen Bohnen könnte man ob der Einfachheit übersehen, man würde aber ein unglaubliches Geschmackserlebnis versäumen. Die Dorade wurde im Ofen gebacken und sah nicht nur gut am Teller aus sondern schmeckte auch vorzüglich. Leider kann ich kein Portugiesisch sonst könnte ich noch dieses Gericht mit Meeresfrüchten benennen das in einer Art Kupferschale mit aufgeklemmtem Kupferdeckel serviert wird und sich speziell für 2 Personen eignet. Der Reis befindet sich dabei am Boden und die suppige Sauce mit den Meerestieren obendrauf. Köstlich vom Geschmack wie auch von der Qualität der verwendeten Zutaten.

Die Weinkarte ist umfangreich und sehr freundlich kalkuliert. Wegen der Fischlastigkeit unserer Gerichte und weil auf der handgeschriebenen Empfehlungskarte vermerkt tranken wir Vinho verde, der so leicht und fruchtig war, dass wir flugs 3 Flascherl leerten.

Lissabon ist eine schöne Stadt, gegessen haben wir dort leider nie so gut wie hier.

piripiri74, 05.11.06 @ 20:35

Gratulation den beiden brüdern dos santos zu diesem Lokal. sehr authentisch und vor allem gemütlich. man fühlt sich wohl und genießt gute küche und schöne portugiesische weine!! toll!!!