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Tivoli (I - Cortina)

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Sonntag, 14. Januar 2007 - nach einem Intermezzo beim Balon-Festival Toblach bot es sich an, zum Mittagessen in der Umgebung einzukehren.

12:30, das Außenthermometer der Tourismus-Info in Cortina d'Ampezzo zeigt unglaubliche 19°C. Ich zweige ab auf die SR48 Richtung Falzarego-Pass, ca. 1,5 km später - mit schönem Blick auf den Ort - finde ich mich am Parkplatz des Restaurants Tivoli wieder. Großes Restaurant-Schild - doch wo ist der Eingang? Erst auf den 2. Blick offenbart sich mir die richtige Tür. Aus dem Wintergarten blickend lächeln mich schon 4 munter speisende Gäste an (wie sich herausstellt die einzigen Mitesser an diesem Mittag) - wenn das keine guten Vorzeichen sind.

Das Restaurant ist im "alpinen" Stil gehalten, elegant aber nicht gediegen - der Wohlfühlfaktor stimmt. Die Tische sind nicht zu gross - dementsprechend hält sich die Tischdeko auch in Grenzen (was ganz und gar nicht störend ist). Eingedeckt finde ich einen einzigen Vorspeisenlöffel vor - feines Silber - sowie Gläser aus den Häusern Spiegelau und Zaffarano.

Speise und Weinkarte werden gereicht, dazu unaufgefordert ein Schuck Spumante zum "Benvenuto".

Als erstes in der Karte: Speiseempfehlungen zu weißem Trüffel (aus der Region Marken) Weiters das Tagesmenü, zu 3 (€ 64,--) bzw. 6 (€ 85,--) Gängen. Weiters eine feine Auswahl and kalten u. warmen Vorpspeisen, Fisch und Fleisch - für Desserts, Käse gibts eine extra Karte.

Meine Wahl fällt auf das Tagesmenü in 6 Gängen. Die Weinkarte ist der Reputation des Hauses entsprechend üppig, überzeugt vor allem durch eine tolle Variation an Gütern (neben den Blue Chips wie Château Pétrus) und Jahrgängen - die Preise sind fair kalkuliert - bisweilen finden sich sogar absolute Preis/Leistungs Hits (zB Silvaner 04 v. Franz Haas für 20,-- / 0,75 l), auch Österreich, Slowenien u.a. sind vertreten (1991 GrüVe vom Nikolaihof für EUR 90,-- - wenn das keine fairer Preis ist).

Lt. Karte ist das Gedeck mit 4,-- dotiert, Menüessern wird's aber nicht verrechnet. Inkludiert eine Variation div. Brote (leider weißlastig), ein Amuse sowie tolle Friandis/Petit fours).

Der Gruß aus der Küche offenbart eines der Mottos:
"klotzen, nicht kleckern!" - Ein Gericht en miniature aus der Trüffelabteilung: Marronicreme mit gebratener Gänsestopfleber und weißem Trüffel (nicht zu knapp), da bleibt einem doch glatt das "Ladl" offen. Feinst abgestimmt entpuppt sich dieses Gericht als eines der Highlights des Menüs!

1. Gang: (ein Bild für Götter)
Tartare di astice con finocchi marinati e maionese di patate
Hummertartar unter einer marmorierten Haube aus roher Zucchini, dazu marinierter Fenchelsalat und Kartoffelmayonese: +++ große Klasse!

2. Gang:
Insalata tiepida di tonno con salsa alla soia
Lauwarmer Thunfischsalat mit Soiasauce und Chicoree.
Hier störte mich am meißten, dass der Thunfisch auf allen Ecken und Enden angeröstet wurde - verstehe zwar, dass die Röstaromen Teil des Gerichts sind - jedoch auf Kosten des Thunfisch mit seinem feinen Aroma. Die Soiasauce balancierte gut die (erstaunlicherweise sowieso geringe) Bitterkeit des Chicoree aus. +

3. Gang:
Vellutata di zucca con cape sante, olio e semi di zucca
Österreich lässt grüßen Kürbiscréme mit Kürbiskernöl und gerösteten Kürbiskernen, dazu gebratene Scheiben von Jakobsmuschel (überflüssig) ++

4. Gang:
Passatelli al parmigiano con salsa al foie gras e tartufo bianco
Nach der deftigen Suppe natürlich schon happig, ein weiteres Gericht aus der Trüffelkarte. Wie soll man's beschreiben: eine Arte "Spätzle aus Parmesanteig" mit Gänsestopflebersauce (kräftig) und (reichlich) Trüffel... Der frische, weiße Trüffel verliert leider klar gegen die kräfigen Aromen von Parmesan und Gänsestopfleber - gut Gemeint und "zu viel des Guten"... dieses Gericht muss in der Konzeption überdacht werden (+)

Intermezzo:
Ob diesem Paukenschlag bat ich vor dem Haupt um ein Sorbet - gereicht wurde mir eins von Minze im schnuckeligen Glastässchen. Das Aroma an sich war ja wunderbar herausgearbeitet - leider hat man's doch etwas mit der Süße übertrieben (der Italienische Geschmack halt...) ++

5. Gang:
Filetto di cervo con riduzione allo zenzero
Es lebe die novelle cuisine - die Portionsgröße war für mich genau richtig. À point gegartes Hirschfilet mit einer halben, tournierten Mini-Karotte, 1/4 Stk. Broccoli, 1 Bohne sowie etwas Artischockenherz. Das Fleisch drappiert auf etwas weiterem sautierten Artischockenboden - alles handwerklich 1a, das eigendlich spannende an diesem Gericht jedoch die "Reduktion von Ingwer" als Aromaträger / Sauce. Ich hatte vorher zumindest einen Anflug von Skepsis - der Dosis wegen. Nachträglich ist festzuhalten - der Ingwer hätte durchaus intensiver sein düfen. Für eine Reduktion war dann doch nur noch ein "Aroma-Lüftlein" übrig - der Ansatz ist schon gut. ++(+)

Da mit dem Auto unterwegs und schon den Spumante intus, bat ich zu einem Glas "rot" zum Hirsch. Die Sommelière empfahl anfangs einen 2003er Morellino di Scansano - welcher mir keine Freude bereiten konnte... Die Dame blieb der Rebsorte treu und offerierte danach einen 1998er Sangiovese aus dem Bolgheri... aaaa - an diesem Tag absolut meine Welt. (5 min vorher dotierte im Übrigen auch der Nebentisch den 1. vorgeschlagenen Wein - einen trentiner Syrah nicht (O-Ton ital. Gast: "komisches Zeugs machen diese Trentiner da"), man merkte der Weinfachfrau im weiteren Verlauf eine gewissen Enttäuschung an). Serviert wurde mir das ganze im üppigen Burgunder-Grand-Cru Glas (Riedel lässt Grüßen - ob die eine Lizenz an Zaffarano gegeben haben, bzw. das gemeinsam entwickelt haben??), der Wein ging mit der Zeit leider im (zu großen) Glas unter...

Pre-Dessert:
Crema di limone con spuma di lamponi
Wieder das Tässchen, diesmal mit Zitronencreme und Himbeerschaum, fein - jedoch alles um den beschriebenen Tick zu süß +

6. Gang: (wieder eine Augenweide)
Semifreddo alla vaniglia "Tahiti" con cuore al frutto della passione
Das wunderbar aufgebaute Halbgefrohrene strotzte im Kontrast zum schwarzen Teller nur so vor gelber Farbe (wie viele Eigelb da wohl reingewandert sind ), dekoriert mit Hippe und Beerenobst (ich muss die ägyptischen Erdbeeren & Co. nun wirklich nicht haben) sowie 2erlei Saucen. Leider hielt das Dessert nicht so wirklich die Erwartungen. An Vanille wurde eher gespart - selbst meine "Einbildung" half da nur bedingt weiter. Die Passionsfruchtcreme im Inneren - auf einem Bisquitteig-Boden - konnte sich mangels präziser Aromen nicht klar von der Parfait-Hülle abtrennen, im Mund überzeugten die Komponenten weder einzeln noch gemischt. +

Zum Abschluss nebst einem leckeren Caffè tolle Pralinen und 2erlei Cremen:
1 x Mascarpone, 1 x Kirsche mit Edel-Bitterschokolade (Le Calandre lässt grüßen!) +++

Auf der Rechnung schlug sich der Wein mit EUR 10,-- zu buche, da auch großzügig eingeschenkt absolut ok; 2 Flaschen 0,75 l Wasser für 4,-- sind eine Wohltat in der Sternegastronomie. Total: EUR 102,--

Signore Prest - der Küchenchef - kam des öfteren - leider hatte er ja nicht viel zu tun - am Tisch vorbei um sich nach dem Wohlbefinden zu erkundigen, ein wirklich sehr sympatischer Mann. Er nahm sich auch Zeit für ein Gespräch, bat mich um offenes Ansprechen der Küchenleistung. Er nahm meine persönlichen Eindrücke dankbar auf.

FAZIT:
Ein Haus für Traditionalisten! Wer kein Risiko eingehen mag, ist hier bestens aufgehoben. Klassische Haut Cuisine, ordentlich umgesetzt.

Ich würde urteilen: Der Chef ist ein wenig gefangener der Cortina-Klientel ("Pelzmantel-Fraktion"). Er zeigt kreative Ansätze - wie mit dem Ingwer - will / darf sich jedoch nicht allzusehr aus dem Fenster lehnen, weil sicherlich das Risiko besteht, dass die alt eingesessene Kundschaft dies nicht honoriert.

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Speising sagt

sehr gut

empfohlen von cis am 14.01.07 @ 21:53

Adresse

Via Lacedel 34
32000 Cortina d´Ampezzo
Italien
Telefon: +39.0436.86 64 00

Ruhetag(e): Mo
Menüpreis: €€€

Küchenchef: Graziano Prest
Kreditkarten: Visa, Mastercard, American Express, Diners Club

www.ristorantetivoli.it

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