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Aus dem Glashaus

15.03.08 @ 08:33

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Woche für Woche das gleiche Theater: Freitag ist! - her mit den Gastrokritiken von Presse und Standard. Naja, eh klar, schreiben schon wieder über dasselbe Lokal - und Krone und Kurier legen dann am Wochenende nach. Interessanter Weise, so meint mein "Widerspruch", überwiegt die Vorfreude dann doch immer den Realgenuss und man kommt gastrosophisch nicht auf seine Rechnung. Ein neues Lokal wird nicht wirklich zerrissen, ein altes nicht ausdrücklich gelobt, das eigene Lieblingslokal bleibt schon wieder unerwähnt.

"Gratis fressen und dann nix schreiben" rülpst mir ein anderer Widerspruch entgegen. Dass das nicht so ist, ist ihm komplett wurscht, es ginge schließlich nicht um Fakten. "Glauben, sie san was Bessres - ham an bessren Gaumen", legt er nach und meint dann noch, dass er in diese, Zitat "Oaschwind´n", sicherlich nicht hingehen wird. Wessen Pech?

Ich kenne jede Menge Widersprüche, aber in einem Punkt sind sie sich alle einig: Die Gastrokritiker seien eingebildet, Schnösel, ahnungslos und anmaßend. Seltsam, woher kommt das?

Für mich liegt die Antwort auf der Hand, es ist die Mutter aller österreichischer Eigenschaften, der Neid. Grün und gelb laufen meine Widersprüche an, wenn sie geifernd über die Gastrokritiker herziehen. Sie sollten ihre Lebern für Hochkalorisches schonen und nicht durch Neid zerstören.

Woher die Erregung?
Beim Nowak ist es klar, meint ein Widerspruch: Er schreibe über sich, er schreibe aus einer subjektiven Position und wäre früher regelmäßig "böse" gewesen. Dass auch ihn schon die Mildheit des Alters patiniert hat, fällt offensichtlich nicht auf. Darüber hinaus ist ein Foto von ihm bei jeder Kritik dabei, eitler Geck, auch hierfür gibt es sicherlich bei Lesern in aufrechten Beziehungen Punkteabzug. Sein Zynismus wird in der Regel nicht verstanden, er rutscht noch weiter ins Minus - und das schlimmste daran: Es ist ihm egal, so steht es deutlich zwischen seinen Zeilen.

Sein Verdienst aus meiner-, und Grund des Übels aus Sicht der Widersprüche: Er hat eine neue Form der Gastrokritik geschaffen, die weniger kritisiert, dafür mehr Geschichten über den Autor erzählt. Auf diesem Umweg kann dann der Leser die subtilen Andeutungen gut deuten - wenn er noch nicht das Weite gesucht hat und bei Corti gelandet ist. Ich kann auf jeden Fall regelmäßig gut schmunzeln, wie zum Beispiel bei seiner Kritik über das Wirtshaus zur schönen Aussicht, wo ihn die Augsburger mit Kochsalat und Erbsen an Schulskikurse oder Kinderheim unangenehm erinnert hatten.

Ein paar virtuelle no-Zeilen:
Ich war essen. Sie wissen schon. Zu wenig New York und so. Wer mir PR-Artikel schickt, hat keine Chance. Das Essen war wie ich schlecht gelaunt, armer Wirt. Meine Begleitung meinte nur, aber das ist wieder eine andere Geschichte, die Sie aber auch nicht lesen wollen. Aber auch.

Der Leser ist also nun beim Corti gelandet und traut seinen Augen nicht. Eine hektisch sprudelnde Adjektiv-Flut stürzt über einen wild klirrend herein, man taucht ein in samtig-mollige Saucen und irrwitzig knisternde Panaden würziger Formulierungswürste. Wären Cortis Kritiken verfilmt, sie liefen sonntags um 20:15 Uhr auf ORF 2. Falsch, meldet sich schon wieder ein Widerspruch zu Wort, Cortis "Rosengarten" würde schon um 20:00 Uhr beginnen, denn auch seine Kritiken erscheinen regelmäßig vor der Eröffnung des jeweiligen Lokals.

Dies stößt wiederum Nowak sauer auf und er notiert es maliziös in seiner Kolumne. Das Maliziöse scheint Corti fremd zu sein, er punktet bei mir mit seinem treu-dummen (Zitat Prof. Karl-Friedrich Börne) Enthusiasmus für Köche, Küchen und Rezepte.

Ein paar virtuelle sevco-Zeilen:
Lange vor allen war ich schon vor zwei Wochen im besten aller Wirtshäuser der Extraklasse. Der Betreiber, ein Schüler vom Lehrmeister seines Gurus, ich darf ihn Walter nennen und ließ ihn früher von mir abschreiben, also dieser Betreiber lässt sämige Suppen als Präludium einem göttlichen Amuse-Bouche aus schwebend leichter, wolkig-duftiger … [Gusch, sagt ein Widerspruch]

Unberührt über alledem schwebt Holzer. Er will nichts und erreicht damit das meiste. Als schreibendes Gastrolexikon trägt er zur Volksbildung bei und publiziert in allem, was nicht auf drei im Mist ist. Mein Widerspruch schweigt. Holzer kennt den entlegensten Käse, alle 257 Maronisorten und natürlich auch die Milch vom antarktischen Maulbeerrind (womit sonst würden die dort ihren Antarktosol machen?). Seine Texte wirken fair, mit weder zu viel noch zu wenig Distanz zum Wirten und geben dem Leser klare Antworten auf nicht gestellte Fragen. Sein größtes Talent sehe ich bei ihm in Internetforen, wo er leidenschaftlich mitstreiten kann (im Sinne von beherrschen) und sehr akzentuierte Positionen vertritt. Das Streitbare fehlt mir jedoch Samstag für Samstag, denn das scheint von Horo nicht gewünscht.

Ein paar virtuelle floho-Zeilen:
Der Schinken im Braunen Dromedar gehört mit zum Besten und zeigt einem einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer bislang selten gefundenen Wahrhaftigkeit des Geschmacks. Dazu serviert das überaus aufmerksame Personal Brot aus der besten Bäckerei des Landes, gemeint ist natürlich der "Scherzlgruber" in Lorsch im Weinviertel. Die zarten Birnennoten der gerösteten Leinsamen geben gemeinsam mit dem Sauerteig ein schlüssiges Geschmacksbild …

Die Woche geht zu Ende, 20:15 Uhr, am Einser kein Tatort aus Münster und am Zweier eine Pilcher-Verfilmung. Ich greife zur bunten Krone, lande bei Schnegdar, sehe schöne Fotos von kurzen Rezepten, dusche und gehe schlafen. "Schmeck's" kann ich auch am Montag noch lesen und zu meiner präferierten Form von Gastrokritik küren.

Gregor Fauma

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